In der
Weimarer Republik entwickelte sich unter den besonderen
Konfliktlagen und sozialen Spannungen (→cleavages)
einerseits und wegen der Einführung des
→reinen
Verhältniswahlrechts in der →Weimarer Verfassung
andererseits ein sehr zersplittertes →Parteiensystem,
das zu einem sehr wichtigen
Belastungsfaktor wurde und der Entwicklung
einer stabilen Demokratie nach dem Ersten Weltkrieg entgegenstand.
In einem einfachen und eindimensionalen Links-rechts-Schema, das die
ideologische Distanz der Parteien zueinander und den Grad Polarisierung
des Parteiensystems nicht wiedergibt, lässt sich das Parteiensystem der
wichtiger Parteien in der Weimarer Republik wie folgt darstellen:
Dabei stehen die Parteien am äußeren rechten bzw. linken
Rand des Parteienspektrums in einem äußerst gegensätzlichen, polaren
Gegensatz zueinander. Ihre Zielvorstellungen im Bereich von allgemeiner
Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gehen am weitesten auseinander
(ideologische Distanz).
So verfolgt die
KPD als
Partei auf der äußersten Linken das Ziel der Abschaffung des
Kapitalismus und die Errichtung eines sozialistischen Gesellschaftssystems
(Diktatur des Proletariats). Die
NSDAP
auf der äußersten Rechten zielt unter anderem auf die Schaffung eines
gleichgeschalteten autoritären Staates, der jede Opposition unterdrückt.
Auch wenn beide Parteien eine Diktatur anstreben, bestehen doch ganz
erhebliche Unterschiede zwischen einer "roten" (KPD) und
"braunen" (NSDAP) Diktatur.
Das dargestellte Parteienspektrum der Weimarer Republik
ist in dieser Form zwischen 1916 und 1920 ausgeprägt worden, wobei die
Entstehungsgeschichte der einzelnen Parteien bzw. ihrer Vorläufer z. T.
weit ins Kaiserreich zurückreicht.
Die Akteure in den Parteien verspielten wegen ihrer mangelnden Kompromissfähigkeit,
die sich u. a. darin äußerte, dass Regierungskoalitionen "schon bei
relativ geringfügigen Anlässen" (Herbert
2014, S.220) verlassen wurden, immer mehr die Bereitschaft und Fähigkeit zur
Koalitionsbildung und beförderten damit den Aufstieg der
NSDAP, die dem
Vielparteiensystem
der Weimarer Republik mit der Errichtung der Diktatur im Jahr
1933 ein Ende setzte.
Einer pragmatischeren Ausrichtung des politischen Handelns der
Parteien standen dabei vor allem zwei wichtige Punkte entgegen:
- Die meisten Parteien waren entlang von sozialen
Konfliktlinien entstanden, die die Gesellschaft durchzogen und in
voneinander mehr oder weniger klar abgegrenzte Interessengruppen mit
vergleichsweise festgefügten sozialen Milieus trennten (→cleavages)
Dementsprechend waren die Parteien an bestimmte "festgefügte sozial
und kulturell definierte Gruppen gebunden, deren Interessen man
zuvörderst im Auge hatte - der
Sozialdemokraten an die Facharbeiterschaft, der
DNVP
an das protestantisch-agrarisch-konservative Milieu, des
Zentrums
an den katholischen Bevölkerungsteil, der
DVP
an die Schwerindustrie." (Herbert
2014, S.220)
(→Parteien
in der Weimarer Republik)
- Die starke weltanschauliche Bindung der Parteien, die sich
daraus ergab, hatte aber auch damit zu tun, dass sie in der Zeit des
Deutschen Kaiserreichs jahrzehntelang völlig abhängig von der
Regierung waren und nur ganz begrenzte Mitwirkungsrechte besaßen.
(vgl. ebd.)
Weiterführende Links aus
dem teachSam-Arbeitsbereich Geschichte: Parteien in der Weimarer
Republik
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
03.08.2016
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