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Die Konfliktlinien wirkten nach Meinung der beiden norwegischen Forscher
Lipset und Rokkan (1967) vielen europäischen Ländern bis in die 1960er Jahre nach. (Lipset/Rokkan
1967, S.50) (Frozen Party System). Zugleich nahmen sie,
angesichts heutiger Entwicklungen wohl irriger Weise an, dass diese Konfliktlinien dauerhaft fortbestehen
würden.
Deutschland machte dabei neben wenigen anderen Ländern (Frankreich,
Italien, Spanien) eine Ausnahme. In Deutschland sei ein stabiles
Parteiensystem, so
Lipset und Rokkan (1967, S.51-53) erst nach der Gründung der CDU/CSU
als bürgerliche Sammlungsbewegung entstanden. Bis 1933 sei das
bürgerliche rechte Lager schlicht zu schwach gewesen, um bestimmte
Wählergruppen dauerhaft hinter sich zu scharen. (vgl.
Detterbeck
2011, S.40) Eigentlich machte sogar "erst der Verlust des
protestantischen Ostens" nach 1945 "das Erstarken der konservativen
CDU/CSU" möglich, "welche bis zum Debakel von 1966 noch keine
Mitgliederorganisation herauszubilden vermochte." (Ladner
2004, S.57)
Dass Deutschland zu den Ausnahmen gehört, für die die Stabilitätsthese nach
Ansicht von
Lipset und Rokkan (1967) nicht gilt, und durch die
nationalsozialistische Diktatur (1933-45) durch musste, hängt damit
zusammen, dass es ihm nicht gelang, seine "sozialen Spannungen,
kulturellen Unterschiede und internationalen Belastungen mithilfe eines
gewaltlosen Parteienwettbewerbs zu entschärfen". (ebd.
S.59, dort Bezug auf
Reif 1984,
S,144) Die Konsolidierung des Parteiensystems in Deutschland nach 1945
war dabei auch von Elementen des bis dahin wirkenden Strukturwandels
(ökonomisch und sozio-kulturell geprägt, der für viele sich früher
stabilisierende Parteiensysteme in Europa noch keine Rolle spielte.
Außerdem kamen als Einflussfaktoren auf die Entwicklung des
Parteiensystems in Deutschland noch institutionelle Faktoren hinzu, wie
z. B. die starke Stellung des Bundeskanzlers und die
Fünf-Prozent-Klausel, die neuen Parteien eine Hürde in den Weg stellte.
(vgl. ebd.)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
16.08.2016
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