|
Parteien
können "als Produkt eines gesellschaftlichen Modernisierungsprozesses"
betrachtet werden. (vgl.
Ladner 2004,
S.19)
Im Verlauf der deutschen Geschichte
(→Verfassungsgeschichte)
haben die Parteien in verschiedenen
politischen Systemen bestimmte Aufgaben und Funktionen gehabt, die sich
deutlich voneinander unterscheiden.
Deutsches Kaiserreich
1871 - 1918 |
Weimarer
Republik
1919 - 1933 |
National-
sozialismus
1933 - 1945 |
DDR
1949 - 1989 |
BRD
1949-90/1990ff. |
begrenzte Mitwirkungsrechte |
Regierungs-verantwortung der
Parteien in einer
parlamentarischen
Republik |
nach Verbot bzw.
erzwungener Selbstauflösung aller sonstigen Parteien, nur noch NSDAP
- diktatorischer Einparteien-Staat |
"führende“ Rolle
der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) in einer
sozialistischen Diktatur; sonstige Block-
Parteien im Dienste der SED-Diktatur |
Regierungs-verantwortung der Parteien in einer parlamentarischen
Republik |
Parteien nahezu völlig abhängig von
der Regierungspolitik |
Parteien bestimmen die
Regierungspolitik |
NSDAP als Instrument der NS-Diktatur,
aber ohne direkten Einfluss auf die Machtzentrale (Führerprinzip) |
SED bzw. ihre führenden Organe wie
Politbüro, Zentralkomitee (ZK) bestimmen die Regierungspolitik |
Parteien bestimmen die Regierungspolitik |
Fürstensouveränität
u. beschränkte
Volkssouveränität
(Scheinkonstitu
tionalismus) |
Parteien Träger von
delegierter Volkssouveränität
(Repräsentatives Element) |
Diktatur der NS-Eliten |
Diktatur des Proletariats bzw. der
SED |
Parteien Träger von delegierter
Volkssouveränität
(Repräsentativsystem) ;
"Parteiendemokratie“ |
|
extrakonstitutioneller Status; Parteienverbot nicht vorgesehen |
|
Zulassung von "Blockparteien“ nach
Gutdünken der SED |
Parteien als Verfassungs-institutionen; Mitwirkungsgarantie; Parteienverbot möglich |
Die →Weimarer Reichsverfassung (WRV)
von 1919 maß den Parteien keine Bedeutung bei und ließ sie
dementsprechend unerwähnt. Dies entsprach wohl auch der allgemeinen
Skepsis, die man den Parteien schon seit dem →Deutschen
Kaiserreich (1871-1918) entgegenbrachte. Der extrakonstitutionelle
Status der Parteien in der Weimarer Republik ist indessen wohl einer der
bedeutendsten Konstruktionsfehler der Verfassung gewesen. Im
Zusammenwirken mit anderen →Belastungsfaktoren
hat er sicherlich zum Scheitern der →Weimarer
Republik (1919-1933) beigetragen. So ist auch zum Teil zu erklären,
dass Hitlers wütende Angriffe auf den Reichstag als "Schwatzbude" so gut
ankamen. "Die Nationalsozialisten artikulierten damit in aggressiver
Zuspitzung auch eine tief sitzende Reserve des bürgerlichen und
konservativen Spektrums gegenüber den Niedrigkeiten des Parteienstreits.
Die relative Lautlosigkeit, mit der die deutsche Gesellschaft die
Ausschaltung der Parteien jenseits der NSDAP schon wenige Monate nach
Hitlers →Machtergreifung hinnahm, zeigt vielleicht am deutlichsten, wie
verbreitet dieses Denken war." (Kleinert
2007, S.4) (→Monopolisierung
der Macht - Überblick) Die
Stellung der Parteien im Grundgesetz (GG) der Bundesrepublik Deutschland
ist dagegen grundlegend anders. "Die Väter und Mütter des GG wollten die
Demokratie stabilisieren, indem sie die Parteien aufwerteten und ihnen
zugleich relativ strenge Auflagen machten." (Kleinert
2007, S.5) Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
03.08.2016
|
|