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Faktorenanalytischer Ansatz

Primäre mentale Fähigkeiten

Louis Leon Thurstone (1938)


 

Schon der amerikanische Ingenieur und Psychologe »Louis Leon Thurstone (1887-1955) kritisierte seit Mitte der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts den Ansatz der Zwei-Faktoren-Theorie Spearmans und vertrat wie C. Burt, T. L. Kelley und H. Hotelling eine multiple Faktorentheorie. (vgl. Hofstätter 1957, S.175)
Seine Versuche mit Testpersonen ergaben, dass es seiner Ansicht nach eine begrenzte Anzahl von Begabungsfaktoren gibt, die sich aber nicht zu einer einzigen generellen Fähigkeit zusammenfassen lassen. So unterscheidet er sieben Primärfaktoren intelligenter Leistungen (primary mental abilities).

Die sieben "primären mentalen Fähigkeiten" sind nach Thurstone:

  • Beherrschung von Sprache (verbal comprehension)
    Hier geht es um die Fähigkeit, Wörter und Wortbedeutungen zu kennen und angemessen anzuwenden;
    Typische Testaufgaben: Bildung verbaler Analogien, Rechtschreibung, richtige Aneinanderreihung vertauschter Wörter, Wortverständnis

  • Flüssige verbale Ausdrucksfähigkeit (word fluency)
    Angesprochen wird hier die Fähigkeit, die schnelle, assoziative und vergleichsweise vom Inhalt unabhängige Produktion von Wörtern zu verstehen, die nur ganz bestimmten Strukturen und Symbolzusammenhängen entsprechen;
    Typische Testaufgaben: Reime oder Wörter, die mit einem bestimmten Buchstaben anfangen, oder Wörter, die nur aus einer bestimmten Anzahl von Buchstaben bestehen

  • Fähigkeit zum Rechnen (Umgang mit Zahlen; number)
    Hier dreht es sich um das möglichst schnelle und präzise Lösen einfacher Rechenoperationen, bei denen es mehr um die Rechenfertigkeit als um die Rechenfähigkeit geht;
    Typische Testaufgaben: Grundrechnungsarten wie Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division

  • Räumliches Vorstellungsvermögen (space)
    Mit diesem Faktor werden Fähigkeiten zur räumlichen Vorstellung und bei der räumlichen Orientierung sowie die Fähigkeit zum Erkennen von Objekten unter verschiedenen Perspektiven angesprochen;
    Typische Testaufgaben: Vergleichen von Würfeln oder sonstigen geometrischen Gebilden unter verschiedenen Perspektiven, Verfolgen mechanischer Bewegungen

  • Auffassungsgeschwindigkeit (Auffassungsgabe und Geschwindigkeit der Wahrnehmung; perceptual speed)
    Hierbei geht es um die Fähigkeit, möglichst schnell Details zu erkennen, die in ein irrelevantes Material eingebettet sind, sowie das Vergleichen oder Identifizieren visueller Konfigurationen;
    Typische Testaufgaben: Erkennen von Unterschieden und Gemeinsamkeiten/Gleichheiten; Anstreichen bestimmter Symbole

  • Gedächtnis (memory)
    Gemeint ist hier die Fähigkeit, sich mit Hilfe des Kurzeitgedächtnisses bestimmte paarweise gelernte Assoziationen zu merken;
    Typische Testaufgaben: Behalten von Zahl-, Wort-, Bild-, Figur- oder Wort-Bild-Paaren

  • Schlussfolgerndes Denken (induktiv, deduktiv; reasoning oder induction)
    Hier zählt die Fähigkeit zum schlussfolgerndern Denken, zum Erkennen und Anwenden von bestimmten Regelhaftigkeiten in der Abfolge von Symbolen, Zahlen oder Wörtern.

(vgl. auch: Werner Stangl, Klassische Modellvorstellungen der Intelligenz, 07.10.07)

Aber auch bei den Versuchen Thurstones stellte sich im Nachhinein heraus, dass Testpersonen, die in dem einen Bereich sehr gute Ergebnisse erzielten, dies tendenziell auch in anderen Bereichen aufwiesen, so dass es auch seine multiple Faktoren-Theorie der Intelligenz noch Hinweise auf die Existenz eines g-Faktors gaben. (vgl. Myers 2005, S.461)
So lässt sich wohl mit Myers (2005, S. 461) bis heute sagen: "Zur Intelligenz gehören verschiedene Einzelfähigkeiten, die jedoch häufig genug im selben Menschen in Kombination auftreten und damit einen gewissen generellen Intelligenzfaktor erkennen lassen."

Gert Egle, zuletzt bearbeitet: 29.09.2013

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