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Szenenschema
• Szenenüberblick 4. Akt
• Text: Vierter Akt
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Gesamttext
/Recherche/Leseversion)
Vierter
Akt
Vierte
Szene
Im Garten.
[4.4.1] Amalia.
AMALIA. Du weinst, Amalia? - und
das sprach er mit einer Stimme! mit einer Stimme - mir wars, als ob die Natur
sich verjüngte - die genossenen Lenze der Liebe dämmerten auf mit der Stimme!
Die Nachtigall schlug wie damals - die Blumen hauchten wie damals - und ich lag
wonneberauscht an seinem Hals - Ha falsches, treuloses Herz! Wie du deinen
Meineid beschönigen willst! Nein, nein, weg aus meiner Seele, du Frevelbild! -
ich hab meinen Eid nicht gebrochen, du Einziger! Weg aus meiner Seele, ihr
verräterischen gottlosen Wünsche! im Herzen, wo Karl herrscht, darf kein
Erdensohn nisten. - Aber warum, meine Seele, so immer, so wider Willen nach
diesem Fremdling? Hängt er sich nicht so hart an das Bild meines Einzigen? Ist
er nicht der ewige Begleiter meines Einzigen? Du weinst, Amalia? - Ha ich will
ihn fliehen! - fliehen! - Nimmermehr sehen soll mein Aug diesen Fremdling!
[4.4.2] (Räuber Moor öffnet die Gartentüre.)
AMALIA (fährt zusammen). Horch!
horch! Rauschte die Türe nicht? (Sie wird Karln gewahr und springt auf.) Er -
wohin? - was? - da hat michs angewurzelt, dass ich nicht fliehen kann - Verlass
mich nicht, Gott im Himmel! - Nein, du sollst mir meinen Karl nicht entreißen!
Meine Seele hat nicht Raum für zwei Gottheiten, und ich bin ein sterbliches
Mädchen! (Sie nimmt Karls Bild heraus.) Du, mein Karl, sei mein Genius wider
diesen Fremdling, den Liebestörer! dich, dich ansehen unverwandt, - und weg alle
gottlosen Blicke nach diesem. (Sie sitzt stumm - das Auge starr auf das Bild
geheftet.)
MOOR. Sie da, gnädiges Fräulein?
- und traurig? - und eine Träne auf diesem Gemälde? (Amalia gibt ihm keine
Antwort.) - Und wer ist der Glückliche, um den sich das Aug eines Engels
versilbert? darf auch ich diesen Verherrlichten - (Er will das Gemälde
betrachten.)
AMALIA. Nein, ja, nein!
MOOR (zurückfahrend). Ha! - und
verdient er diese Vergötterung? verdient er? -
AMALIA. Wenn Sie ihn gekannt
hätten!
MOOR. Ich würd ihn beneidet
haben.
AMALIA. Angebetet, wollen Sie
sagen.
MOOR. Ha!
AMALIA. Oh, Sie hätten ihn so
lieb gehabt - es war so viel, so viel in seinem Angesicht - in seinen Augen - im
Ton seiner Stimme, das Ihnen so gleich kommt - das ich so liebe -
MOOR (sieht zur Erde).
AMALIA. Hier, wo Sie stehen,
stand er tausendmal - und neben ihm die, die neben ihm Himmel und Erde vergaß -
hier durchirrte sein Aug die um ihn prangende Gegend - sie schien den großen
belohnenden Blick zu empfinden und sich unter dem Wohlgefallen ihres
Meisterbildes zu verschönern - hier hielt er mit himmlischer Musik die Hörer der
Lüfte gefangen - hier an diesem Busch pflückte er Rosen, und pflückte die Rosen
für mich - hier, hier lag er an meinem Halse, brannte sein Mund auf dem meinen,
und die Blumen starben gern unter der Liebenden Fußtritt -
MOOR. Er ist nicht mehr?
AMALIA. Er segelt auf ungestümen
Meeren - Amalias Liebe segelt mit ihm - er wandelt durch ungebahnte sandigte
Wüsten - Amalias Liebe macht den brennenden Sand unter ihm grünen und die wilden
Gesträuche blühen - der Mittag sengt sein entblößtes Haupt, nordischer Schnee
schrumpft seine Sohlen zusammen, stürmischer Hagel regnet um seine Schläfe, und
Amalias Liebe wiegt ihn in Stürmen ein - Meere und Berge und Horizonte zwischen
den Liebenden - aber die Seelen versetzen sich aus dem staubigten Kerker und
treffen sich im Paradiese der Liebe - Sie scheinen traurig, Herr Graf?
MOOR. Die Worte der Liebe machen
auch meine Liebe lebendig.
AMALIA (blass). Was? Sie lieben
eine andre? - Weh mir, was hab ich gesagt?
MOOR. Sie glaubte mich tot, und
blieb treu dem Totgeglaubten - sie hörte wieder, ich lebe, und opferte mir die
Krone einer Heiligen auf. Sie weiß mich in Wüsten irren und im Elend
herumschwärmen, und ihre Liebe fliegt durch Wüsten und Elend mir nach. Auch
heißt sie Amalia, wie Sie, gnädiges Fräulein.
AMALIA. Wie beneid ich Ihre
Amalia!
MOOR. Oh, sie ist ein
unglückliches Mädchen; ihre Liebe ist für einen, der verloren ist, und wird -
ewig niemals belohnt.
AMALIA. Nein, sie wird im Himmel
belohnt. Sagt man nicht, es gebe eine bessere Welt, wo die Traurigen sich freuen
und die Liebenden sich wieder erkennen?
MOOR. Ja, eine Welt, wo die
Schleier hinwegfallen und die Liebe sich schrecklich wieder findet - Ewigkeit
heißt ihr Name - meine Amalia ist ein unglückliches Mädchen.
AMALIA. Unglücklich, und Sie
lieben?
MOOR. Unglücklich, weil sie mich
liebt! Wie, wenn ich ein Totschläger wäre? wie, mein Fräulein, wenn Ihr
Geliebter Ihnen für jeden Kuss einen Mord aufzählen könnte? Wehe meiner Amalia!
sie ist ein unglückliches Mädchen.
AMALIA (froh aufhüpfend). Ha! wie
bin ich ein glückliches Mädchen! Mein Einziger ist Nachtstrahl der Gottheit, und
die Gottheit ist Huld und Erbarmen! Nicht eine Fliege konnt er leiden sehen -
Seine Seele ist so fern von einem blutigen Gedanken, als fern der Mittag von der
Mitternacht ist.
MOOR (kehrt sich schnell ab in
ein Gebüsch, blickt starr in die Gegend).
AMALIA (singt und spielt auf der
Laute).
Willst mich, Hektor, ewig mir entreißen,
Wo des Äaciden mordend Eisen
Dem Patroklus schrecklich Opfer
bringt?
Wer wird künftig deinen Kleinen
lehren
Speere werfen und die Götter
ehren,
Wenn hinunter dich der Xanthus
schlingt?
MOOR (nimmt die Laute
stillschweigend und spielt).
Teures Weib, geh, hol die Todeslanze! -
Lass - mich fort - zum wilden
Kriegestanze -
(Er wirft die Laute weg und flieht davon.)
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
14.11.2023