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Auch wenn das Links-rechts-Schema zur Analyse, Beschreibung und
Darstellung des Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland
sehr verbreitet ist, ist es eben oft nur eine eindimensionale Sicht
auf den →politischen
Raum, in dem sich die Parteienkonkurrenz abspielt. Selbst die
wissenschaftliche Analyse gerät dabei leicht an ihre Grenzen, denn
was dabei herauskommt, hängt nichtzuletzt davon ab, "ob man sich bei der
Positionierung auf Wähler, Parteiprogramme, Parteieliten oder Mitglieder
als Datenbasis abstützt." (Ladner
2004, S.149)
Links-rechts-Polarität in eindimensionaler Betrachtung
Nicht selten begegnet man gerade bei der Verwendung des
Links-rechts-Ansatzes Analysen, die sich nur eindimensional auf eine
einzige
Politikdimension gründen.
In visueller Übersetzung der Daten handelt es sich meist um Darstellungen, mit denen die Parteien entlang einer
horizontalen Linie, die eine Zahlenskala aufweisen sollte,
verortet werden.
Diese Skala kann, je nach Untersuchung, einen unterschiedlichen Umfang haben und dementsprechend
verschiedene Zahlenwerte aufweisen. Bei einer Skala von 1 bis 11, mit 5 als der Mitte,
lässt sich also eine
Partei zwischen den beiden Polen links und rechts positionieren. Dabei
ist es natürlich etwas anderes, ob diese Werte wissenschaftlich
berechnet werden, oder einfach eine Meinungsumfrage im Politikunterricht
einer Klasse skaliert wird.
Dass die Links-rechts-Unterscheidung des politischen Raumes
allerdings nicht nur eindimensional ausfallen muss, sondern auch
in einem zweidimensionalen Modell möglich ist, zeigt das →zweidimensionale
Konfliktlinienmodell des heutigen Parteiensystems, mit dem sich
das heutige Parteiensystem der Bundesrepublik wohl am besten darstellen
lässt.
Die Grundlage des eindimensionalen Links-rechts-Schemas
Grundlage für die Einschätzung der Parteien im
eindimensionalen Schema ist dabei oft die klassische →sozialökonomische
Konfliktlinie (Sozialstaatskonflikt: sozialstaatliche Regulierungen vs.
Marktfreiheit (Wirtschaftsliberalismus), ehemals: Kapital vs. Arbeit).
Dabei geht es heute um Fragen wie Verteilungsgerechtigkeit, soziale
Teilhabe, ökonomische Ungleichheit, etc.
Allerdings wird bei der Einschätzung der Parteien auch oft die Konfliktdimension »Autoritarismus
vs. »Libertarismus
mitgedacht, ohne dass diese weitere Bewertungsgrundlage gesondert in der
eindimensionalen Darstellung zum Ausdruck kommt. Aller Unterschiede zum
Trotz berühren sich libertäre
und vor allem
neoliberale Einstellungen in etlichen Punkten.
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Dabei kann man
unter Autoritarismus Einstellungen
und politisches Handeln verstehen, das auf eine autoritäre Staatsform
zielt, die nicht auf einer bestimmten Ideologie basiert und, wenn
überhaupt, nur einen sehr begrenzten Pluralismus zulässt.
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Libertarismus, nicht gleichzusetzen mit
dem Begriff des »Liberalismus,
steht dagegen als begrifflicher Gegensatz (Antonym) in seiner stärksten
Ausprägung für eine Einstellung, wonach jedes Individuum das Recht hat
zu tun, was es will, solange es mit seinem Tun die Freiheit und das
Recht anderer, das Gleiche zu tun, nicht verletzt. Im extremsten Fall
lehnen Libertäre, die es in etlichen Varianten gibt, das Eingreifen des
Staates in die Gesellschaft außer bei der Sicherstellung von
Grundrechten ab. Sie sind der Ansicht, dass eine Gesellschaft, die nach
den Gesetzen der Marktfreiheit organisiert ist und dem freien Spiel der
Kräfte die Wirtschafts- und Sozialpolitik überlässt, Wohlstand für
alle schafft und erteilt allen staatsinterventionistisch regulierenden Systemen
eine Absage.
Ein eindimensionales Links-rechts-Schema vereinfacht stark
Natürlich vereinfacht eine eindimensionale Darstellung extrem stark und
wird der Komplexität der Beziehungen der Parteien zueinander und der
Einordnung ihrer Positionen de facto nur wenig gerecht. (vgl. Hesse/Ellwein
2012, S.311)
Gegen das eindimensionale Rechts-links-Schema sprechen u. a. die
folgenden Punkte:
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Es gibt keine eindeutige
Definition dessen, was als politisch rechts und was als politisch
links angesehen werden kann.
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Die jeweiligen Dimensionen bzw.
Konfliktlinien, an denen sich linke und rechte Positionen
herauskristallisieren können, sind nicht klar.
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Rechte und
linke Orientierungen lassen sich am ehesten am äußersten Rand des
Parteiensystems genauer fixieren. Der Übergangsbereich kann kaum erfasst
werden.
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Die Konfliktlinien,
die das Parteiensystem durchziehen, bilden ein mehrdimensionales
System. Das führt in der Folge dazu, dass sich die
Links-rechts-Positionierung der Parteien entlang unterschiedlicher
Konfliktlinien eben auch unterschiedlich gestaltet.
Insgesamt gesehen
verengt das Schema also "die politische Perspektive und wird den
Parteien mitsamt ihrer inneren Vielfalt kaum gerecht." (Hesse/Ellwein
2012, S.311)
Trotzdem: Die Links-rechts-Topographie des Parteiensystems wird dessen
ungeachtet aber wohl weiterhin populär bleiben und stellt für viele
Menschen eine wichtige Möglichkeit dar, eine erste Einschätzung der
Parteien vorzunehmen, die Möglichkeiten zur Auseinandersetzung mit
widerstreitenden Meinungen ermöglicht. Insofern haben solche einfachen
Ordnungssysteme auch ihren Platz im Politikunterricht an den Schulen.
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
16.08.2016
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