Bei der Arbeit mit
Texten gehören Arbeitsaufträge, die zur
kritischen Auseinandersetzung mit
einem vorliegenden Text auffordern, zu den am meisten verbreiteten
Arbeitsaufträgen im Bereich der
schulischen Schreibformen.
Mit gutem Grund. Der Arbeitsauftrag ergibt sich quasi aus dem Verstehen eines Textes und
soll die eigene Urteilsbildung über einen Text oder ein darin
dargestelltes Problem oder Sachverhalt ermöglichen.
So verbreitet sie auch ist, so gehört eine fundierte
kritische Auseinandersetzung mit Texten aber auch oft zu den Aufgaben, die
Schülerinnen und Schülern mehr abverlangen, als sie leisten können.
So gehen manche Textinhalte, ganz frei von Wertung gesagt, einfach
über den Horizont heutiger Schülerinnen und Schüler hinaus.
Sie verfügen oft nicht über das allgemeine
Weltwissen
oder auch das Spezialwissen, das eine kritische Auseinandersetzung
verlangt.
Die Texte und Themen, mit denen sie sich kritisch
auseinandersetzen sollen, wirken
oft wie eine Art Selbstbespiegelung einer auf Teilhabe am
gesellschaftlichen Diskurs pochenden Lehrerschaft und und deren Streben
nach politischer Korrektheit (political correctness).
Der Reiz, der von
solchen Texten für eine kritische Auseinandersetzung eines Jugendlichen
mit bestimmten Themen ausgeht, dürfte eher gering sein. Häufig geht der
Texthorizont bzw. der Horizont des Verfassers solcher Texte, wie auch der
Lehrer, die ihn zur Bearbeitung vorlegen, so weit auseinander, dass sich
ein durchschnittlicher Jugendlicher nur mit der Äußerung schlichter
Allgemeinplätze aus seiner realen oder medialen Alltagswelt gegen solche
argumentative Übermächte "wehren" kann.
So ist die die Befähigung eines Schülers zur kritischen Auseinandersetzung
mit einem Text natürlich nur zum sehr geringen Teil eine Frage der
Arbeitstechnik. Und doch muss deutlich werden, welche Erwartungen mit
einem derartigen Arbeitsauftrag gestellt sind.
Gängig ist ein solcher
Arbeitsauftrag bei der
Texterörterung oder auch beim
kommentierenden Leserbrief. Aber auch bei
anderen
schulischen Schreibformen kann durchaus - dann allerdings mit einem nicht so
stark gewichteten Anteil - eine kritische Stellungnahme zum Text
abverlangt werden.
So ist es durchaus üblich, dass zu einer einfachen, referierenden
Inhaltsangabe auch eine kurze Stellungnahme zum Text gefordert wird,
mit der man ansatzweise zeigen soll, wie man die im Text
dargestellten Positionen beurteilt. Ein entsprechender Arbeitsauftrag dazu
könnte wie folgt lauten: Verfassen Sie eine Inhaltsangabe zum Text und
nehmen sie im Anschluss dazu (in knappen Worten) Stellung.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
10.01.2024