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Der Charakter von Josef K. in
Franz Kafkas Roman "Der
Prozess" lassen sich mit folgender Strukturskizze
verdeutlichen: Hans H.
Hiebel (2008, S.458) betont, dass Josef K. eine "widersprüchliche,
gespaltene Figur" sei, "in der bewusst Geäußertes und Unterdrücktes bzw.
unwillentlich Verratenes einander widersprechen." Daraus entstehe die
"Doppelung von bewusstem und unbewusstem Diskurs", die ständige
"Überlagerung von Bewusstem-Denotativem und Unbewusstem-Konnotativen".
Dieses entspringt, so Hiebel, einem spezifischen poetologischen Verfahren,
das sich als "traumanaloges Dichten" bezeichnen lässt, "als ein nach der
Logik des Traumes verfahrendes Komponieren": "Wie im Traum werden (private
wie öffentliche) Ereignisse in Metaphern übersetzt, werden solche Metaphern
miteinander verschaltet oder verdichtet, wenn ihnen Analoges zu Grunde
liegt, werden metonymische Verschiebungen und Entstellungen zum Zweck der
Chiffrierung vorgenommen, werden räumliche und zeitliche Ordnungen
umgestellt oder aufgehoben. Dieses primär assoziative Verfahren - Freud hat
es in der »Traumdeutung« gültig festgehalten, prägt Kafkas suchendes,
tastendes Schreiben." (ebd., S. 457)
"Zu Recht spricht Alt von der Inszenierung eines »Schuldgefühls« und
nicht von »Schuld«. So [...] sehr auch Josef K. Zeichen eines
Schuldigwerdens an sich trägt, so deutlich ist auch das >Schuldlose< dieser
Schuld Josef K.s, die Geringfügigkeit der Schuld, die im Proceß (wie
im Urteil oder im
Schlag ans Hoftor) exzessiv geahndet und abgestraft wird. Diese
Disproportion bestimmt alle Schuld-Erzählungen Kafkas. Es wäre grundfalsch,
in moralistischer Weise die minimalen Schuld-Indizien mit dem - vor allem im
Proceß - sich zeigenden Schuldgefühl zu identifizieren; dieses ist
eine in der Kindheit erzeugte Schuldangst, ein Relikt des ödipalen
Geschehens, der culpablisierenden Einschreibung des Überich. Das (in
moralischer Hinsicht) unbegründete Schuldgefühl ist strikt von begründeter
Schuld zu scheiden." (Hiebel 2008, S.458f.)
"Nichts als Angst verbirgt sich hinter den Fehlleistungen, Symptomen,
Verleugnungen und sonstigen Abwehrformen. [...] Sie ist es, die hinter
K.s »Komödie« erscheint, sie deckt im Grunde der Proceß auf. Diese Angst ist
identisch mit dem unbewussten Schuldgefühl." (Hiebel 2008, S.462) |
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