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Der »Konservatismus
steht als politische Strömung seit seiner Entstehung im 18. Jahrhundert
für politische und geistige Bewegungen, denen es vor allem um die
Bewahrung oder Wiederherstellung bewährter politischer Lösungen und
gesellschaftlicher Strukturen und Ordnungen geht. Auch wenn diese
Alltagsvorstellung von Konservatismus, der Vielfalt der
Erscheinungsformen und Grundideen der geistigen und politischen Strömung
kaum gerecht wird, sind darin doch auch wesentliche Aspekte zu seinem
Verständnis enthalten. Fächert man das Ganze weiter auf, so stößt man
dabei z. B. auf die Vorstellung, dass der Staat eine organische Einheit
ist. Seine Aufgabe besteht dann darin, den Schutz von
Kirche, Familie und Eigentum zu sichern und sich gegen gesellschaftliche
Prozesse und Gegenentwürfe zu stellen, die auf eine strukturelle
Veränderung der Gesellschaft hinzielen.
Auch über seine lange historische Existenz hinweg betrachtet, "bestimmt
sich seine Einheit und innere Mitte" (Fritzsche
1995, S.474) am besten mit dem, was er bestimmten Vorstellungen
entgegenstellt: "gegen Kritik das Bestehende als das Wahre, gegen
zweifelnde Vernunft Glauben, gegen den Fortschrittsgedanken die
Behauptung vom ewigen Kreislauf der Geschichte, gegen die Forderung nach
Selbstbestimmung die These von der bösen Anlage und der
Herrschaftsbedürftigkeit des Menschen" (ebd.)
In einem Denken, das Ehe und Familie "als Grundmuster und Vorbild
gesellschaftlicher Ordnung" (ebd.,
S.475) versteht, ist auch Raum für anti-emanzipatorische Einstellungen
im Geschlechterverhältnis, wenngleich sich auf der Basis des sozialen
Wandels auch bei konservativen Parteien wie der
CSU
in Deutschland das Frauenbild in den letzten
Jahrzehnten gewandelt hat. Statt Frauen auf sozial auf ihre Rollen als
Ehefrau und Mutter festzulegen, ist so auch im konservativen Lager eine
moderneres Rollenbild eingezogen, für das Gleichberechtigung der
Geschlechter die Grundlage darstellt. (vgl.
Sebaldt 2013,
S. 227) Aber: "Multikulti" ist dem Konservatismus
wesensfremd.
In der Bundesrepublik
Deutschland verstehen sich heute (2016) die
Christlich Demokratische Union
Deutschlands (CDU)
CDU und ihre Schwesterpartei
Christlich Soziale Union in
Bayern
CSU
(CSU)
als wertkonservative
Volksparteien.
Zugleich betont die CDU aber in ihrem »Grundsatzprogramm
- Freiheit und Sicherheit (2007) auch, dass sie
christlich-sozial, liberal und wertkonservativ zugleich sei.
Das Volksparteikonzept führt auch dazu, dass unterschiedliche gesellschaftliche
Interessen innerhalb der Partei miteinander ausgeglichen werden müssen.
"Das Konservative" sagt Fritzsche
(1995, S.477), "erscheint dadurch, ohne seine Substanz zu verändern,
in gewisser Weise übermalt und verwischt."
Die beiden
christdemokratischen Parteien - mitunter
wird dafür auch ein eigener Typ gebildet (vgl.
von Beyme 1984,
2000, S.81) - treten für die soziale Marktwirtschaft ein und vertreten dabei den
Standpunkt, dass Verteilungskonflikte primär von den Sozialpartnern
(Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften) gelöst werden müssen.
(→Programmatisches
Profil und Parteiziele der CDU)
Die Selbstverortung der CDU als christlich-sozial, liberal und
wertkonservativ zugleich hat sich in der Partei unter Führung ihrer
Parteivorsitzenden
»Angela Merkel (geb. 1954, Bundesvorsitzende seit 2000) sehr zum
Missmut vieler Parteianhänger weiter- und von ehemals konservativen
Grundpositionen wegentwickelt. So hat sich die CDU unter ihrer Führung
"einerseits wirtschaftspolitisch »sozialdemokratisiert« und der von
Merkel zu Beginn selbst noch favorisierten liberalen Reformagenda
abgeschworen. Andererseits ist sie kulturell immer mehr in die Mitte
gerückt, indem hergebrachte Positionen in der Familien- und
Gesellschaftspolitik reihum aufgegeben wurden - von der Anerkennung der
gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften über die Einführung der
gesetzlichen Frauenquote in Unternehmen bis hin zur Öffnung für ein
moderndes Einwanderungsrecht liegt die Partei heute ganz auf der Linie
des Zeitgeistes." (Decker
2015, S.111)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
24.08.2016
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