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Die
Lebenserwartung ist einer der Faktoren, die einen großen Einfluss auf
den Der
demografischen Wandel
als Teil des
Strukturwandels in
Deutschland haben. Die steigende Lebenserwartung der Menschen, die Zeit
also die ein Mann oder eine Frau im Durchschnitt lebt, führt zunächst
einmal dazu, dass der Anteil der älteren Menschen an der
Gesamtbevölkerung wächst.
Lebenserwartung und individuelle Lebensdauer sind indessen nicht so
einfach unter einen Hut zu bringen. Denn: "Auch wenn die Frage der
menschlichen Lebensdauer jeden einzelnen ganz individuell betrifft, so
kann sie doch formal nur für größere Personengesamtheiten beantwortet
werden. Welches Alter ein bestimmtes Individuum erreicht, steht
selbstverständlich erst an dessen Todestag fest. Schließlich nützt es
keinem, der heute im Alter von 32 Jahren stirbt, dass die aktuelle
Lebenswartung bei Geburt doch bei deutlich über 75 Jahren liegt. Ebenso
muss ein Mann an seinem 76. Geburtstag noch lange nicht mit seinem
unmittelbar bevorstehenden Ableben rechnen, weil die aktuelle
Lebenserwartung bei Geburt in Deutschland etwa 76 Jahre beträgt. Doch
nicht einmal für die deutsche Bevölkerung als Gesamtheit hat diese Zahl
eine konkrete Bedeutung." (Marc Luy,
http://www.lebenserwartung.info/index-Dateien/bedle.htm, 19.12.2015)
In
der griechisch-römischen Antike war die Lebenserwartung, die ein
Neugeborenes besaß, sehr gering. Man kann wohl davon ausgehen, auch wenn
das angesichts der schwierigen Quellenlage mit letzter Gewissheit nicht
gesagt werden kann und dazu regional sicher sehr unterschiedlich war,
dass die Lebenserwartung von Neugeborenen deutlich unter 30 Jahren lag,
zum Teil sicher nur wenig mehr als 20 Jahre betrug. (vgl.
Krause 2003,
S.24) Wenn ein Mensch das 15 Lebensalter erreicht hatte - die
Kindersterblichkeit im ersten Lebensjahr lag bei etwa 25-30%! - (vgl.
ebd.,
S.33), konnte er, rein statistisch gesehen, noch mit bis zu 30 weiteren
Lebensjahren rechnen. (vgl.
ebd.) Bis
weit ins Mittealter hinein änderte sich an solchen Zahlen wohl relativ
wenig. Im 17. Jahrhundert hatte ein neugeborenes Kind, vor allem wegen der
immens hohen Kindersterblichkeit, gerade mal die (statistische) Aussicht
auf 25 bis 30 Lebensjahre, wenn nicht Kriege, Missernten, Naturkatastrophen und
Seuchen seinem Leben schon vorher ein Ende setzten. (vgl.
Bolte/Kappe/Schmid 1980, S, 45ff., vgl.
Sieder/Langthaler 2010, S.76)
Erst allmählich begann die
Lebenswartung wegen des medizinischen Fortschritts und einer besseren
Ernährungslage zu steigen, aber noch 1875 war die Lebenserwartung von
Männern bei der Geburt nur ungefähr 35 Jahre, bei Frauen betrug sie bei
Geburt 38 Jahre. (vgl.
Hradil 2012)
Besonders schnell sieg die Lebenserwartung in Westeuropa nach dem Ersten
Weltkrieg. "Investitionen in allgemeine Hygiene, neue
Trinkwasserleitungen und öffentliche Kanalisation sowie Müllbeseitigung
unterbrachen Infektionskreisläufe. Massenimpfungen (Pocken seit der
Wende zum 19. Jahrhundert, Tuberkulose ab dem 20. Jahrhundert) und spät
erst verbesserte Wohnstandards trugen zur Senkung der Sterblichkeit
bei." (Sieder/Langthaler
2010, ebd.)
Zum
Vergleich: Im obigen Schaubild des Gesamtverbandes der Deutschen
Versicherungsgesellschaft wird die Lebenserwartung von einjährigen
Kindern dargestellt. Damit wird die noch immer hohe Kindersterblichkeit
bei der Geburt aus der Lebenserwartung statistisch herausgerechnet. Aus
diesem Grund ergibt sich ein deutlich höherer Wert bei der
Lebenserwartung. Zugleich zeigt der Vergleich aber auch, dass die
statistische Größe Lebenserwartung nur sehr bedingt etwas über die
tatsächliche individuelle Lebenszeit aussagt, die jemandem zu einem
bestimmten Zeitpunkt seines Lebens bis zu seinem Tode bleibt.
Während die Lebenserwartung in Deutschland als einem der am stärksten
entwickelten Regionen der Welt bei einem Kind, das im Jahr 2015 geboren
wurde, bei 79,1 Jahren liegt (weltweiter Durchschnitt 71,7 Jahre),
erreichen Menschen in den am meisten unterentwickelten Staaten im
Durchschnitt nur 65,5 Jahre, ehe sie sterben, (UN:
World Population Prospects: The 2015 Revision, Volume II: Demographic
Profiles, S.3-6) Wer im afrikanischen Swasiland 2015 geboren wird
hat nur die Aussicht auf 48,7 Lebensjahre.
Die Lebenserwartung ist eine statische Messgröße zur Erforschung
bestimmter Entwicklungstendenzen. Die Prognosen, die Wissenschaftler auf
der Grundlage von solchen Berechnungen stellen, sind natürlich nur
Annahmen, die etliche Faktoren außen vor lassen, die die
Bevölkerungsentwicklung nachhaltig beeinflussen können. So weiß man
natürlich heute nicht, welche Kriege, Seuchen und Naturkatastrophen in
die Lebenszeit der Menschen fallen werden, die gerade jetzt, hier und
heute, geboren werden.
Im Übrigen hängt das Alter, das ein Mensch erreicht, von einer Vielzahl
von Faktoren ab. Von der Lebenserwartung einer bestimmten sozialen
Gruppe kann man auch Rückschlüsse auf deren Lebensumstände ziehen. Eine
höhere Lebenserwartung verweist nämlich auch auf einen höheren
Lebensstandard mit besserer medizinischer Versorgung, guten hygienischen
Bedingungen, Zugang zu sauberem Trinkwasser und einer guten
Ernährungslage. Aber auch in Ländern, in denen die Lebensbedingungen
stimmen, beeinflussen "Zivilisationskrankheiten" und andere Gefährdungen
der Gesundheit die Lebenserwartung der Menschen. Dazu zählen vor allem:
Rauchen, Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes (Zuckerkrankheit) und ein
allgemeiner Bewegungsmangel.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
14.01.2016
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