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Manifest der Vertrauensleute der sozialdemokratischen Opposition (7. Januar 1917)

Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

 
GESCHICHTE
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Genossen!
Die Internationale fordert gemäß den Kongressbeschlüssen von Stuttgart, Kopenhagen und Basel die sozialistischen Parteien auf, bei dem Ausbruch eines Krieges für dessen schnelle Beendigung einzutreten.
Dementsprechend hat die Opposition in der deutschen Sozialdemokratie sich stets der Parole des Durchhaltens bis zum Siege widersetzt und stets von der Regierung verlangt, dass sie ihre Friedensbereitschaft bekennt. Die Opposition hat ihre Friedenspropaganda nicht erst mit dem Moment begonnen, wo eine solche von der Regierung gutgeheißen wurde.
Was die Opposition fordert, war nicht die Bereitschaft zum Frieden um jeden Preis, aber auch nicht die bloße Bereitschaft zu einem Frieden an sich ohne jede nähere Angabe seiner Bedingungen. Was sie fordert, war die Bereitschaft zu einem Frieden, in dem es weder Sieger noch Besiegte gibt, zu einem Frieden der Verständigung ohne Vergewaltigung.
Die Opposition innerhalb der deutschen Sozialdemokratie betrachtet die Friedensbereitschaft, die der Reichskanzler am 12. Dezember v. J. kundgab, als Symptom aufkeimenden Friedenswunsches in den regierenden Kreisen. Sie kann aber die Art der Ankündigung dieser Bereitschaft nicht als taugliches Mittel zur Erreichung des Friedenszieles anerkennen.
Der Reichskanzler proklamierte das Deutsche Reich als Sieger im Weltkriege. Und doch erschwert das Pochen auf erfochtene Siege den Friedensschluss ebenso sehr, wie die Ankündigung kommender Siege. Ferner unterließ der Reichskanzler jede genaue Darlegung der Kriegsziele. Keine der beiden Mächtegruppierungen hat bisher Kriegsziele erkennen lassen, die der anderen Seite das Eingehen auf Verhandlungen erleichtern. Diese verhängnisvolle Unterlassung ist eine Folge der Macht, welche die Kriegsparteien in den herrschenden Klassen noch besitzen. Deren Einfluss muss gebrochen werden, ehe wir zum Frieden kommen können. Das ist nicht zu erreichen durch diplomatische Transaktionen hinter den Kulissen, sondern nur durch die Einwirkung der Volksmassen auf ihre Regierungen. Nur aus diesem politischen Kampf, nicht aus dem Burgfrieden, kann die wirkliche Friedensbereitschaft hervorgehen. Sie erheischt die Aufhebung des Kriegszustandes, erheischt die Freiheit der Presse und Versammlungen.
Aber auch nur als internationaler Kampf ist das Ringen um den Frieden zu gewinnen. Es darf nicht einseitig bleiben. Mehr als je bedürfen wir in der neuen Situation, die durch das Friedensangebot des Reichskanzlers und die Intervention Wilsons geschaffen worden ist, des internationalen Zusammenhanges der Parteien des proletarischen Sozialismus, der berufenen Vorkämpfer des Friedens. […]
Wir halten dafür, dass in allen kriegführenden Ländern für die sozialistischen Parteien die Zeit gekommen ist, von ihren Regierungen eindringlich die genaue Mitteilung der Ziele zu fordern, für die sie den Krieg führen; zu fordern, dass diese Ziele derart sind, dass sie für keines der betreffenden Völker eine Demütigung oder eine Schädigung ihrer Existenzbedingungen bedeuten, dass die Sozialisten überall den Kampf gegen alle Parteien aufnehmen, die den Krieg über diese Ziele hinaus fortsetzen wollen.
Als demokratische und internationale Partei steht die Sozialdemokratie auf dem Boden des Selbstbestimmungsrechts der Völker. Aber die Opposition innerhalb der deutschen Sozialdemokratie hat zu keiner der bürgerlichen Regierungen genügendes Vertrauen, um einer von ihnen die Mission der Befreiung der Nationalitäten durch den Krieg zuzuerkennen. Diese Aufgabe allseitig zu lösen, kann nur das Werk des siegreichen Proletariats sein.
Doch stehen wir der Freiheit und Selbstbestimmung der Nationen in der bürgerlichen Gesellschaft keineswegs gleichgültig gegenüber. Wir müssen uns entschieden dagegen wehren, dass der Zustand, wie er vor dem Kriege bestand, durch diesen noch verschlechtert wird. Wir lehnen jede Gebietsveränderung ab, die nicht die Zustimmung der betroffenen Bevölkerung hat. Was die Internationale vor allem gemäß den Beschlüssen ihrer Kongresse zu fordern hat, sind internationale Abkommen über die Entscheidung aller Konflikte zwischen den Staaten durch Schiedsgerichte und über eine allseitige Einschränkung der Kriegsrüstungen.
Im Wettrüsten liegt eine der stärksten Wurzeln des jetzigen Krieges. Sie auszurotten, ist die erste Vorbedingung dafür, künftigen Kriegen vorzubeugen. Hier ist die Möglichkeit vorhanden, über den Status quo vor dem Kriege hinauszugehen, einen Fortschritt zu erzielen für alle, ohne Benachteiligung irgendeines der kriegführenden Teile. Hier wird in besserer Form an materiellen Vorteilen das gegeben, was man vergeblich durch Kriegsentschädigungen zu erreichen sucht: jede Milliarde im Jahre, die durch eine Verminderung der Rüstungskosten erspart wird, entspricht der Verzinsung einer Kriegsentschädigung von 20 Milliarden.
Mit dem Abkommen über Abrüstung und Schiedsgerichte wird auch das Maximum an materiellen Garantien gegen künftige Überfälle gegeben, das in der kapitalistischen Gesellschaft durch bestimmte Friedensbedingungen überhaupt erreichbar ist.
Den sichersten Schutzwall des Friedens bildet freilich nur ein politisch machtvolles, geistig selbständiges Proletariat, bildet dessen intensivste Teilnahme an der äußeren Politik, die im vollsten Lichte der Öffentlichkeit zu führen ist.
Macht und Selbständigkeit des Proletariats, Offenheit und Klarheit in der Politik, Einheit im Innern, internationale Solidarität nach außen bringen den Frieden, sichern den Frieden.

(aus: Michaelis/Schraepler, Ursachen und Folgen, Bd. 1,  S.300-302)

*Die Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft war ein Zusammenschluss oppositioneller SPD-Abgeordneter, die sich frühzeitig gegen die Burgfriedenspolitik der Mehrheitspartei aussprechen. Sie bildet den Keim der 1918 gegründeten Unabhängigen Sozialistischen Partei Deutschlands (USPD).

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 22.09.2023

  
   Arbeitsanregungen:
  1. Arbeiten Sie die Kritik der Vertrauensleute am Friedensangebot der deutschen Regierung heraus.

  2. Zeigen Sie, welche friedenspolitische Konzeption die Vertrauensleute verfolgen.

  3. Erläutern Sie, worin sich diese Vorstellungen vom politischen Kurs der Gesamtpartei (SPD) unterscheiden.

  4. Worauf zielt die Aussage: "Aber die Opposition innerhalb der deutschen Sozialdemokratie hat zu keiner der bürgerlichen Regierungen genügendes Vertrauen, um einer von ihnen die Mission der Befreiung der Nationalitäten durch den Krieg zuzuerkennen. Diese Aufgabe allseitig zu lösen, kann nur das Werk des siegreichen Proletariats sein."

 
 

 
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