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Pressegesetz - Karlsbader Beschlüsse (20.09.1819)

 Vom Wiener Kongress bis zur Revolution 1815-1848/49

 
GESCHICHTE
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Pressegesetz - Karlsbader Beschlüsse (20.09.1819)
»Provisorische Bestimmungen hinsichtlich der Freiheit der Presse«

§. 1. Solange als der gegenwärtige Beschluss in Kraft bleiben wird, dürfen Schriften, die in der Form täglicher Blätter oder heftweise erscheinen, desgleichen solche, die nicht über 20 Bogen im Druck stark sind, in keinem deutschen Bundesstaate ohne Vorwissen und vorgängige Genehmhaltung der Landesbehörden zum Druck befördert werden. Schriften, die nicht in eine der hier namhaft gemachten Klassen gehören, werden fernerhin nach den in den einzelnen Bundesstaaten erlassenen oder noch zu erlassenden Gesetzen behandelt. Wenn dergleichen Schriften aber irgend einem Bundesstaate Anlass zur Klage geben, so soll diese Klage im Namen der Regierung, an welche sie gerichtet ist, nach den in den einzelnen Bundesstaaten bestehenden Formen, gegen die Verfasser oder Verleger der dadurch betroffenen Schrift erledigt werden.

§. 2. Die zur Aufrechthaltung dieses Beschlusses erforderlichen Mittel und Vorkehrungen bleiben der nähern Bestimmung der Regierungen anheim gestellt; sie müssen jedoch von der Art sein, dass dadurch dem Sinn und Zweck der Hauptbestimmung des § 1 vollständig Genüge geleistet werde.

§. 3. Da der gegenwärtige Beschluss durch die unter den obwaltenden Umständen von den Bundes-Regierungen anerkannte Notwendigkeit vorbeugender Maßregeln gegen den Missbrauch der Presse veranlasst worden ist, so können die auf gerichtliche Verfolgung und Bestrafung der im Wege des Drucks bereits verwirklichten Missbräuche und Vergehungen abzweckenden Gesetze, in so weit sie auf die im 1. § bezeichneten Klassen von Druckschriften anwendbar sein sollen, so lange dieser Beschluss in Kraft bleibt, in keinem Bundesstaate als zureichend betrachtet werden.

§. 4. Jeder Bundesstaat ist für die unter seiner Oberaufsicht erscheinenden, mithin für sämtliche unter der Hauptbestimmung des § 1 begriffenen Druckschriften, in so fern dadurch die Würde oder Sicherheit anderer Bundesstaaten verletzt, die Verfassung oder Verwaltung derselben angegriffen wird, nicht nur den unmittelbaren Beleidigten, sondern auch der Gestammtheit des Bundes verantwortlich.

§. 5. Damit aber diese, in dem Wesen des deutschen Bundes-Vereins gegründete, von dessen Fortdauer unzertrennliche, wechselseitige Verantwortlichkeit nicht zu unnützen Störungen des zwischen den Bundesstaaten obwaltenden freundschaftlichen Verhältnisses Anlass geben möge, so übernehmen sämtliche Mitglieder des deutschen Bundes die feierliche Verpflichtung gegen einander, bei der Aufsicht über die in ihren Ländern erscheinenden Zeitungen, Zeit- und Flugschriften mit wachsamen Ernste zu verfahren, und diese Aufsicht dergestalt handhaben zu lassen, dass dadurch gegenseitigen Klagen und unangenehmen Erörterungen auf jede Weise möglichst vorgebeugt werde.

§. 6. Damit jedoch auch die durch gegenwärtigen Beschluss beabsichtigte allgemeine und wechselseitige Gewährleistung der moralischen und politischen Unverletzlichkeit der Gestammtheit und aller Mitglieder des Bundes nicht auf einzelnen Punkten gefährdet werden könne, so soll in dem Fall, wo die Regierung eines Bundesstaates sich durch die in einem andern Bundesstaate erscheinenden Druckschriften verletzt glaubte, und durch freundschaftliche Rücksprache oder diplomatische Korrespondenz zu einer vollständigen Befriedigung und Abhülfe nicht gelangen könnte, derselben ausdrücklich vorbehalten bleiben, über dergleichen Schriften Beschwerde bei der Bundesversammlung zu führen, letztere aber sodann gehalten sein, die angebrachte Beschwerde kommissarisch untersuchen zu lassen und, wenn dieselbe gegründet befunden wird, die unmittelbare Unterdrückung der in Rede stehenden Schrift, auch wenn sie zur Klasse der periodischen gehört, aller fernern Fortsetzung derselben durch einen entscheidenden Ausspruch zu verfügen.

Die Bundesversammlung soll außerdem befugt sein, die zu ihrer Kenntnis gelangenden, unter der Hauptbestimmung des § 1 begriffenen Schriften, in welchem deutschen Staate sie auch erscheinen mögen, wenn solche, nach dem Gutachten einer von ihr ernannten Commission, der Würde des Bundes, der Sicherheit einzelner Bundesstaaten oder der Erhaltung des Friedens und der Ruhe in Deutschland zuwiderlaufen, ohne vorhergegangene Aufforderung, aus eigener Autorität, durch einen Ausspruch, von welchem keine Appellation stattfindet, zu unterdrücken, und die betreffenden Regierungen sind verpflichtet, diesen Ausspruch zu vollziehen.

§. 7. Wenn eine Zeitung oder Zeitschrift durch einen Ausspruch der Bundesversammlung unterdrückt worden ist, so darf der Redakteur derselben binnen fünf Jahren in keinem Bundesstaate bei der Redaction einer ähnlichen Schrift zugelassen werden. Die Verfasser, Herausgeber, und Verleger der unter der Hauptbestimmung des § 1 begriffenen Schriften bleiben übrigens, wenn sie den Vorschriften dieses Beschlusses gemäß gehandelt haben, von aller weitern Verantwortung frei, und die in § 6 erwähnten Aussprüche der Bundesversammlung werden ausschließend gegen die Schriften, nie gegen die Personen, gerichtet.

§. 8. sämtliche Bundesglieder verpflichten sich, in einem Zeitraum von zwei Monaten die Bundesversammlung von den Verfügungen und Vorschriften, durch welche sie dem § 1 dieses Beschlusses Genüge zu leisten gedenken, in Kenntnis zu setzen.

§. 9. Alle in Deutschland erscheinenden Druckschriften, sie mögen unter den Bestimmungen dieses Beschlusses begriffen sein oder nicht, müssen mit dem Namen des Verlegers und, in so fern sie zur Klasse der Zeitungen oder Zeitschriften gehören, auch mit dem Namen des Redakteurs versehen sein. Druckschriften, bei weichen diese Vorschrift nicht beobachtet ist, dürfen in keinem Bundesstaate in Umlauf gesetzt und müssen, wenn solches heimlicher Weise geschieht, gleich bei ihrer Erscheinung in Beschlag genommen, auch die Verbreiter derselben, nach Beschaffenheit der Umstände, zu angemessener Geld- oder Gefängnisstrafe verurteilt werden.

§. 10. Der gegenwärtige einstweilige Beschluss soll, vom heutigen Tage an, fünf Jahre lang in Wirksamkeit bleiben. Vor Ablauf dieser Zeit soll am Bundestage gründlich untersucht werden, auf welche Weise die im 18. Artikel der Bundes-Akte in Anregung gebrachten gleichförmigen Verfügungen über die Pressfreiheit in Erfüllung zu setzen sein möchten, und demnächst ein Definitiv-Beschluss über die rechtmäßigen Grenzen der Pressfreiheit in Deutschland erfolgen.

(aus: Protokolle der Bundesversammlung, 1819, 35. Sitzung, § 220, - an moderne Rechtschreibung angepasst)

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 12.10.2023

   
   Arbeitsanregungen:
  1. Arbeiten Sie in einer tabellarischen Übersicht die Bestimmungen des Pressegesetzes heraus.

  2. Welche Absichten werden mit dem Gesetz verfolgt?

  3. Rollenspiel: Vier oppositionelle Liberale überlegen, wie sie sich angesichts des Gesetzes weiter verhalten sollen?

  4. Untersuchen Sie die verwaltungsmäßige Umsetzung des Beschlusses in Preußen mit der Preußischen Zensur-Verordnung vom 18. Oktober 1819 und vergleichen Sie die beiden Quellen im Hinblick auf ihre Absichten.

 
   
 

 
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