Er war sanftmütig
und freundlich. |
Gegensatz:
Stachel; |
Seine Augen
standen dicht beieinander. Das bedeutete Hinterlist. Seine Brauen stießen
über der Nase zusammen. Das bedeutete Jähzorn. Seine Nase war lang und
spitz. Das bedeutete unstillbare Neugier. Seine Ohrläppchen waren
angewachsen. Das bedeutete Hang zum Verbrechertum. |
Fremdbild
(so sehen ihn die anderen) oder wirklicher Wesenszug?
Vorurteile: hinterlistig, jähzornig, unstillbar
neugierig, kriminelle Veranlagung
|
Warum gehst
du nicht unter die Leute? fragte man ihn. Er besah sich im Spiegel und
bemerkte einen grausamen Zug um seinen Mund. |
-
Aufforderung zur
Überprüfung der Vorurteile
-
Probe vor dem
Spiegel, Selbsteinschätzung bestätigt die Vorurteile
|
Ich bin
kein guter Mensch, sagte er. Er verbohrte sich in seine Bücher. |
Konsequenz:
selbst gewählte Isolation |
Als er sie
alle ausgelesen hatte, musste er unter die Leute, sich ein neues Buch kaufen gehn. Hoffentlich
gibt es kein Unheil, dachte er und ging unter die Leute. |
Die
"Probe" unter den Leuten: Verifizierung oder Falsifizierung des Vorurteils? |
Eine Frau
sprach ihn an und bat ihn, ihr einen Geldschein zu wechseln. Da sie sehr kurzsichtig
war, musste sie mehrmals hin- und zurücktauschen. Der Skorpion dachte an seine Augen, die
dicht beieinander standen, und verzichtete darauf, sein Geld hinterlistig zu
verdoppeln. |
Situation 1:
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In der
Straßenbahn trat ihm ein Fremder auf die Füße und beschimpfte ihn in
einer fremden Sprache. Der Skorpion dachte an seine zusammengewachsenen Augenbrauen und
ließ das Geschimpfe, das er nicht verstand, als Bitte um Entschuldigung gelten. |
Situation 2:
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Er stieg aus
und vor ihm lag eine Brieftasche auf der Straße. Der Skorpion dachte an seine Nase
und blickte sich nicht und drehte sich auch nicht um. |
Situation 3:
-
Brieftasche am
Boden (Was ist drin?)
-
Bin ich
unstillbar neugierig?
-
"Skorpion"
ist nicht besonders neugierig
|
In der Buchhandlung
fand er ein Buch, das hätte er gern gehabt. Aber es war zu teuer. Es hätte gut in seine
Manteltasche gepasst. Der Skorpion dachte an seine Ohrläppchen und stellte das Buch ins
Regal zurück. |
Situation 4:
|
Er nahm ein
anderes. Als er es bezahlen wollte, klagte ein Bücherfeund: Das ist das Buch, das
ich seit Jahren suche. Jetzt kauft's mir ein anderer weg. Der Skorpion dachte an den
grausamen Zug um seinen Mund und sagte: Nehmen Sie das Buch. Ich trete zurück. Der
Bücherfreund weinte fast. Er presste das Buch mit beiden Händen an sein Herz und ging
davon. |
Situation 5:
-
Möglichkeit,
sich gegen einen anderen durchzusetzen
-
Bin ich
"grausam" ?
-
"Skorpion"
ist rücksichtsvoll, selbst am Rande der Selbstverleugnung
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Das war ein
guter Kunde, sagte der Buchhändler, aber für Sie ist auch noch was da. Er zog aus
dem Regal das Buch, das der Skorpion so gern gehabt hätte. Der Skorpion winkte ab:
Das kann ich mir nicht leisten. - Doch, Sie können, sagte der Buchhändler, eine Liebe
ist der anderen wert. Machen Sie den Preis. Der Skorpion weinte fast. Er presste
das Buch mit beiden Händen fest an sein Herz und, da er nichts mehr frei hatte,
reichte er dem Buchhändler zum Abschied seinen Stachel. Der Buchhändler drückte den Stachel
und fiel tot um. |
Situation 6:
-
Buchhändler
will den "Skorpion" den Preis machen lassen
-
Bin ich ein
guter Mensch?
-
"Skorpion"
zeigt sein wahres Gesicht, kann sein Schicksal nicht wirklich selbst aktiv gestalten,
ändern; scheitert an der wichtigsten Frage
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Skorpion kopiert
das Verhalten des Kunden, kann die soziale Situation damit nicht mehr kontrollieren,
schaltet nicht wie zuvor seinen Verstand ein, sondern handelt intuitiv/instinktiv
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es liegt keine
Mordabsicht vor
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