Versprecher
im Alltag gibt es viele, und meistens passieren sie einfach.
Sie tragen vielfach zur Unterhaltung und Belustigung bei, können aber, wenn
man sie im Kontext psychoanalytischer Überlegungen betrachtet, auch Zugänge
zu unserem Unbewussten sein.
So jedenfalls die Annahme von
»Sigmund Freud (1856 -1939), dem Begründer der »Psychoanalyse.
Als so genannte "Freud'sche Versprecher", genauer "Freud'sche
Fehlleistungen", liegt ihnen die folgende Annahme zugrunde:
"Hier hat sich jemand verraten. Hier hat sich ein ganz Schlauer selbst
überlistet. Hier wollte einer nicht nur etwas verbergen (das steht jedem
Menschen zu), nein, hier sollte etwas anderes formuliert werden, als der
Betreffende denkt, meint, wünscht, plant." (Faust
o. J.) Oder anders ausgedrückt: "Eine Freud'sche Fehlleistung tritt auf,
wenn ein unbewusster Wunsch durch unsere Worte oder unser Verhalten verraten
wird." (Zimbardo/Gerrig
2004, S.616)
Auch wenn die meisten Versprecher eben einfach Versprecher sind
und "man das nicht in jedem Falle so hoch hängen" sollte (ebd.),
verweisen sie doch " auch im harmlosen Falle", auf "oft aus dem
Bewusstsein verdrängte Konflikte, die sich durch ein einziges Wort
oder einen halben Satz Luft machen (zum Beispiel der
Eröffnungssatz des lustlosen Vorsitzenden: "Hiermit schließe ich
die Sitzung").
Es ist eben auch ein Unterschied, ob man sich im Alltag
verspricht, oder ob man unter öffentlichem Druck steht." (ebd.)
Versprecher von Politikern oder Promis lösen bei uns oft
Schadenfreude aus, auch wenn wir wissen, dass wir selbst nicht
dagegen gefeit sein können.
So stark arbeitet eben unser Unbewusstes in uns und drängt immer
wieder einmal, auch mit Versprechern, ins Bewusste.
So hatte der ehemalige Bundeskanzler »Helmut
Kohl, nicht lange bevor er die ersten Bundestagswahlen verlor,
die Lacher gegen sich, als er nach einem langen Krisengespräch mit
seinem Koalitionspartner FDP am 15. März 1989 zu Journalisten sagte:
"[…] wenn wir pfleglich miteinander untergehen […]“. Gemeint war
natürlich "umgehen". (Wikipedia)
Aber auch wenn die Frage der Motivierung von Versprechern in der
Wissenschaft durchaus umstritten ist, scheint das Verfahren, die
Antwort nach der Motivierung von lexikalischen Versprechern
weiterhin in der Dynamik des Unbewussten zu suchen, nicht
unangebracht zu sein. (ebd.)
Eine Reihe von Beispielen von Versprechern im Alltag hat Helen
Leuninger (1993) aufgelistet, aus deren Arbeit wir eine kleine Liste
zitieren:
-
Die reizt nicht mit ihren
Geizen.
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Du bist mein Ein und O.
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Der kommt mir nicht unter
die Lippen.
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Reinen Tisch einschenken
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Auflauftraining
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Mein Geist war willig,
doch mein Fleisch war flach.
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Ins Grab beißen
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Schließlich kann ich
nicht zwei Fliegen auf einmal dienen.
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Schweinschwangerschaft
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Der Mensch ist doch sehr
hormonisch.
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Die sitzt fett im Sattel.
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Krampfpanzer Leopold
-
Da ging mir ein Groschen
auf.
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Der Schauspüler auf der
Bühne
-
Hochstuhllehrer
-
Hausschuhabschluss
-
Damit haben wir schon 3
Fallbeile.
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Eine Krähe wäscht die
andere.
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Ich weiß nicht, ob das
überhaupt Zuchthauspilze sind.
-
Der Wink mit dem Faulzahn
(aus:
Leuninger 1993)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
28.01.2021