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Politische
Partizipation in jeder Form setzt auch stets voraus, dass sich Menschen,
die es wollen, an der öffentlichen Diskussion über politische Vorhaben
und Sachverhalte beteiligen können und einen freien Zugang zu solchen
Diskursen haben. Dieses Prinzipien werden vor allem in den verschiedenen
Modellen »deliberativer
Demokratie hochgehalten. In deren Zentrum steht "der öffentliche
Diskurs über alle politischen Themen, der auch als Deliberation
bezeichnet wird." (Wikipedia.de,
12.12.14) Dabei gibt es eine ganze Reihe von Voraussetzungen, die
erfüllt sein müssen, damit das Ganze funktioniert. Neben anderen hat
sich der deutsche Philosoph »Jürgen
Habermas (geb. 1929) darum bemüht, diese Voraussetzungen in seinem
Idealmodell
kritischer Argumentation genauer zu bestimmen. Wichtigste Voraussetzung
für diesen und damit auch mithin für das Gelingen deliberativer
Demokratie ist demnach der
herrschaftsfreie Diskurs, " in dem sich "Kommunikation als ein
wechselseitiges Kooperieren von (idealen!) Akteuren in einer (idealen!)
Sprechsituation der alltäglichen Lebenswelt mit dem Ergebnis einer
vernünftigen Einigung" (Heinemann/Heinemann
2002, S. 44)
vollzieht. Indem sämtliche sprachliche Kommunikation der Konsensherstellung
verpflichtet sei, schaffe sie auch die Grundlage für die Vergesellschaftung
der Kommunizierenden miteinander. Das Idealmodell kritischer Argumentation
von Jürgen Habermas hat
Kienpointner
(1996, S.18f.) auf drei Ebenen in
→10 Anforderungen für vernünftiges (vernunftorientiertes)
Argumentieren zusammengefasst.
Schmidt
(2008, S.406ff.., zit. n.
Wikipedia.de, 12.12.14) hat die von Habermas herausgearbeiteten
Voraussetzungen wie folgt zusammengefasst:
- "die argumentative Form des Austausches von Informationen und
Begründungen,
- die öffentliche und alle Beteiligungsberechtigte einschließende
Beratung, zumindest die gleiche Chance des Zugangs zur und der
Teilnahme an der Beratung,
- das Fehlen externer und interner Zwänge bei der Beratung
(„ideale Sprechsituation“)
- die Maxime, dass die Beratungen grundsätzlich unbegrenzt
fortgesetzt oder, im Falle einer Unterbrechung, jederzeit wieder
aufgenommen werden können,
- der Grundsatz, dass die Erörterungen sich auf alle Materien
erstrecken können, die im Interesse aller zu regeln sind,
- die Chance, auch über Interpretation von Bedürfnissen sowie über
vorpolitische Einstellungen und Präferenzen zu beraten,
- den Diskurs untermauernde verfassungspolitische, die Grundrechte
sichernde Weichenstellungen und
das qualifizierende Zusammenwirken von Deliberation und
Entscheidungsprozess, und zwar jeweils unter Beteiligung möglichst
vieler“.
Die Grenzen solcher "idealen Prozeduren der Beratung und
Beschlussfassung" (Schmidt
2008 S.242), deren "Sprechhandlungen den Geltungsansprüchen
Wahrheit, Richtigkeit, Wahrhaftigkeit und Verständlichkeit (Habermas
1981: 376) genügen (müssen), um im Sinne der Diskursethik zu
Verständigung zu kommen, werden freilich bei E-Diskursen im Internet
schnell deutlich. Denn:" Wahrheit und Richtigkeit der meisten Äußerungen
können insbesondere unter den Bedingungen des Internet nicht nachgeprüft
werden (Waldschmidt et al. 2007: 196). Auch wenn bezweifelt wird, dass
sich »richtige« Gespräche, die den normativen Kriterien kommunikativen
Handelns genügen würden, im Internet entwickeln können (Waldschmidt et
al. 2007: 196), stellen Online-Diskurse eine neue Diskursform dar, die
es erlaubt »administrative Macht mit der öffentlichen Meinungsbildung
rückzukoppeln und damit politische Entscheidungen qualitativ zu
verbessern« (vgl. Lührs et al. 2004: 3). Dabei ist eine professionelle
Unterstützung der Teilnehmer einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren für
internetbasierte Kooperations- und Beteiligungsprozesse. Unter der
Voraussetzung bestimmter Gegebenheiten ermöglichen asynchrone
Internetforen eine zeit- und ortsunabhängige Teilnahme an Diskursen.
Dabei ist die Teilnehmerzahl theoretisch unbegrenzt.
E-Diskursplattformen bieten mehr als die üblichen Funktionsweisen von
Internetforen und Newsgroups.
Diskursinhalte in Foren und Newsgroups sind chronologisch geordnet und
entsprechen meist nicht dem wirklichen Argumentationsstrang der
Diskussion. Die Verknüpfung der Beiträge mit semantischen Informationen
ermöglicht die Strukturierung der Diskussion nach ihrem Inhalt und nicht
ihrer zeitlichen Abfolge. Auch bei elektronischen Diskursen ist ein
Kommunikationsmix möglich und wünschenswert. Die Schaffung von
Schnittstellen zu anderen Kanälen, wie Telefon, SMS und Fax, stellt hier
einen weiteren Vorteil gegenüber den klassischen Diskursmöglichkeiten
dar.
Es gibt viele digitale Kommunikationskanäle und –formate, die sich für
elektronisch gestützte Diskurse eignen. Die bestmögliche Kombination
zwischen Diskursaufgabe, Diskursformat, Diskurskanal und technischer
Infrastruktur spielt dabei eine zentrale Rolle. Usability und
Kommunikationsmix sind unerlässlich für eine erfolgreiche Etablierung
von elektronisch gestützten Diskursen." (E-Demokratie.org/Christian Heise
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CC-BY 3.0 DE)
Gert Egle, zuletzt
bearbeitet am:
20.07.2015 |
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