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Der von Gerhard Tulodziecki in
zahlreichen Forschungsvorhaben (z. B.
1992,
u. a.,1995)
und Veröffentlichungen entwickelte handlungs- und entwicklungsorientierte
Ansatz zur Medienerziehung, "bei dem die Mediennutzung als soziales
Handeln begriffen wird und technische Medien als Mittel der Interaktion
in einem sozialen bzw. gesellschaftlichen Zusammenhang gesehen werden" (Blömeke
2000, S.132f.) gilt heute weithin als das fundierteste Konzept im
Bereich der Medienerziehung. Auf der Grundlage seines
allgemeindidaktischen Ansatzes, der Unterricht unter die Leitidee
"sachgerechten, selbstbestimmten und kreativen Handelns in sozialer
Verantwortung" (Tulodziecki
1994a, S. 43) stellt, fordert Tulodziecki auch im Bereich der
Medienerziehung, dass bestimmte allgemeinpädagogische bzw.
allgemeindidaktische Überlegungen und Konzepte berücksichtigt werden.
Dazu zählt er die
Berücksichtigung des sozial-kognitiven Niveaus von Kindern und
Jugendlichen in intellektueller und sozial-moralischer Hinsicht
ebenso wie ihre
Bedürfnisse und ihre
Lebenssituation. (vgl.
Blömeke 2000, S.133, 126-131)
Die Medienerziehung
in der Schule
verfolgt nach Gerhard Tulodziecki (1992,
u.a.
1995)
fünf Ziele. Diese Ziele lassen sich aber auch auf andere
pädagogische Handlungsfelder übertragen. (vgl.
Six,
Ulrike u.a. 1998, S.25)
(zit. n.
Six,
Ulrike u.a. 1998, S.25f.)
Tulodziecki, der seinen eigenen
handlungsorientierten Ansatz
im Vergleich zu anderen Ansätzen dieser Art, "Handlungsorientierung auf
der Basis entwicklungs- und lernprozessbezogener Überlegungen" (Tulodziecki,
zit. n.
Blömeke 2000, S.126), versteht dabei unter Handlungsorientierung "in
Anlehnung an Fröhlich, dass Lernprozesse in handelnder Weise gestaltet
und für späteres Handeln relevant sein sollen." (Blömeke
2000, S.126)
Die allgemeindidaktischen Prinzipien im medienpädagogischen
Zusammenhang
Das Prinzip der
Bedürfnisorientierung verlangt zunächst einmal, dass Kinder und
Jugendliche als Mediennutzer ernst genommen und akzeptiert werden. Dabei
ist auch die Erkenntnis grundlegend, dass sie Medien auf ihre Weise zur
Befriedigung von Bedürfnissen einsetzen oder sich von den Medien zur
Entwicklung bestimmter Bedürfnisse anregen lassen.
Die
Berücksichtigung der Lebenssituation der Kinder und Jugendlichen
in der Medienerziehung erfordert generell die Einbeziehung von
Erkenntnissen der empirischen Kinder- und Jugendforschung (z. B. zu
Statusunsicherheit, Orientierungslosigkeit, Verinselung, Bedrohung der
Umwelt etc.), insbesondere auch die Berücksichtigung von Änderungen auf
drei verschiedenen Erfahrungsebenen: der
Ebene der Vermittlungsformen, der
Gestaltungsformen und der
Mediennutzung. (vgl.
Blömeke 2000, S.134f.)
-
Auf der
Ebene der Vermittlungsformen
muss die gemeinhin als "Mediatisierung des Alltags" bezeichnete
Zunahme des Anteils medialer Erfahrungen (Sekundärerfahrungen) bei
gleichzeitiger Abnahme unmittelbarer Erfahrungen (Primärerfahrungen)
beachtet werden.
-
Auf der
Ebene der Gestaltungsformen
ist zweierlei festzustellen. Zum einen nimmt die Anzahl fiktionaler
im Vergleich zu dokumentarischen Angeboten ständig zu, und zum
anderen vermischen sich Realität und Fiktion, Information und
Werbung, Wirklichkeit und Inszenierung immer mehr miteinander.
-
Die
Einbeziehung der konkreten Mediennutzungsformen und -arten
muss zuallererst berücksichtigen, dass schulische Medienerziehung
nur im Zusammenwirken mit den Eltern funktionieren kann, da
Mediennutzung ja auch meistens zu Hause stattfindet. Ferner ist
davon auszugehen, dass die rezeptive Nutzung von Medien überwiegt,
wenngleich sie auch durch interaktive und produktive Formen der
Nutzung ergänzt wird bzw. ergänzt werden kann.
Die
Orientierung am sozial-kognitiven Niveau in intellektueller und
sozial-moralischer Hinsicht erfordert, dass die durch Medien
vermittelten Erfahrungen berücksichtigt werden und bei der Gestaltung von
medialen Lernanregungen darauf zu achten, dass sie entwicklungsgemäß und
entwicklungsförderlich sind. Dies betrifft in Bezug auf kognitive
Leistungen nach Tulodziecki u. a. die Reflexion über Anzahl,
Detaillierung und Verknüpfung bestimmter Vorstellungsinhalte, die im
Rahmen eines medienerzieherischen Prozesses schrittweise vergrößert oder
in ihrer Komplexität erhöht werden müssten, statt sie dem Zufall zu
überlassen. In Bezug auf das sozial-moralische Urteilsniveau soll die
Medienerziehung die Schülerinnen und Schüler darin unterstützen, "dass
sie zunächst die vierte Stufe des Kohlbergschen Entwicklungsmodells
erreichen (= Orientierung am sozialen System) und dann möglichst auch
noch die postkonventionellen Stufen (= Orientierung an individuellen
Rechten und ihrer kritischen Prüfung am Anspruch der menschlichen
Gemeinschaft auf Stufe 5 sowie die Orientierung an allgemeingültigen
ethischen Prinzipien auf Stufe 6), da dies für die Jugendlichen 'einen
bedeutenden Schutz gegenüber möglichen Gefährdungen durch Horrorvideos
darstellen (würde); S.B.) - und darüber hinaus gegenüber dem Missbrauch
von Informations- und Kommunikationstechniken generell.'" (Blömeke
2000, S.135)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
29.09.2013
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