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Der Two-Step-Flow-of-Communication-Ansatz erklärt die Wirkung von
Medien in einem zweistufigen Prozess, in dem die so genannten Meinungsführer
(opinion leader) die entscheidende Rolle spielen. Sie übernehmen damit die
Funktion von
Gatekeepern.
"Information fließt meist von den Medien zu den Meinungsführern und von
dort zu den weniger aktiven Mitgliedern der Gesellschaft.“ (Lazarsfeld u.
a., 1944, S. 191) Dieser viel zitierte Satz von Paul F. Lazarsfeld bringt zum
Ausdruck, was dieser eher zufällig bei der Analyse der
Präsidentschaftswahlen in den USA im Jahr 1940
festgestellt hatte: Viele Wähler hatten sich bei ihrer Wahlentscheidung auf
die Meinung und den Rat sog. "Meinungsführer“ (opinion leader) verlassen.
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Meinungsführerschaft in
bestimmten Fragen setzt dabei keine herausgehobene Position oder einen
höheren sozialen Status voraus, sondern beruht im Allgemeinen auf den
Kommunikations- und Kontaktfähigkeiten der opinion leader in ihrem
sozialen Umfeld und ihrer sozialen Bezugsgruppen.
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Opinion leader gelten gemeinhin
als glaubwürdig, sachkundig und kommunikativ kompetent.
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Im Allgemeinen zeigen sich die
Meinungsführer durch ihre stärkere Mediennutzung besser informiert als
andere.
Dabei
ist die Information, die die Meinungsführer erreicht, natürlich ebenfalls
schon durch ihre Wahrnehmung gefiltert. Die maßgebliche Rolle spielen die
Meinungsführer aber nicht für die Verbreitung von Informationen, die die
Menschen meist direkt über die Medien erreichen. Ihre eigentliches Gewicht
entfalten sie erst bei der Bewertung dieser Informationen. Ob jemand eine
Information für richtig oder wichtig hält, hängt danach entscheidend davon
ab, ob der opinion leader, der eine solche Bewertung vornimmt, selbst
glaubwürdig ist. Und dabei spielt es keine Rolle, ob einem dieser
Meinungsführer persönlich oder nur über Medien bekannt ist. In einer
individualisierten Gesellschaft, in der sich althergebrachte
Sozialbeziehungen auflösen, könnte dabei den solchermaßen medialisierten
Meinungsführern (Promis i. w. S.) eine noch größere Bedeutung zukommen, was
zugleich auch die Wirkung von Medien wieder verstärken würde. (vgl.
Merten 1994, S. 317, vgl.
Vollbrecht 2001, S.109)
Unter diesem Blickwinkel wurde das Konzept der Meinungsführerschaft
dadurch weiterentwickelt, dass zwischen virtuellen und realen Meinungsführern
unterschieden wird.
Das Two-Step-Modell der Massenkommunikation wurde vor allem
von der Diffusionstheorie
relativiert, die sich grundsätzlich mit der Ausbreitung von Innovationen in
einem sozialen System unter dem Blickwinkel ihrer zeitlichen Dauer befasst.
Dabei kam man zum Ergebnis, dass wenig kommunikationsorientierte Menschen im
Allgemeinen von massenmedialen Botschaften direkt erreicht werden.
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Grundsätzlich
betrachtet, kann der Two-Step-Flow-Ansatz die komplexen
Wirkungsverhältnisse zwischen Medien und ihren Rezipienten nur
unzureichend abbilden.
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So können neben
den Opinion Leader, die im direkten Face-to-face-Kontakt mit den
Meinungsübernehmern stehen, auch virtuelle Meinungsführer wie Politiker,
Prominente oder Moderatoren eine bedeutende Rolle spielen. Als
Sekundärsender in einem Massenmedium können sie die Rezipienten direkt
erreichen (vgl.
Werbung mit Sekundärsendern).
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Darüber hinaus
erreicht das Massenmedium selbst auch ohne Einschaltung eines Opinion
Leaders eine große Anzahl von Menschen, die sich ihre Meinung autonom
durch Diskussionen mit anderen oder über die Medien allgemein bilden.
Deren entscheidende Rolle ist, wie schon erwähnt, meist
nicht die des Mittlers massenmedialer Information, sondern des Bewerters und
Beurteilers solcher Informationen. Und genau diese Rolle birgt auch
Gefahren. Denn es besteht die Tendenz die Meinungsbildung an die Medien
abzutreten, statt sie sich in der Auseinandersetzung mit den Medien erst zu
bilden. Kritikansätze
In der Kritik des Ansatzes wurde darüber hinaus auf folgende Punkte
hingewiesen:
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dass die
Medien heute und auch gestern schon die Gesamtbevölkerung erreicht haben
und nicht nur die Opinion leader
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dass die
Relaisfunktion der Opinion-Leader relativiert werden muss
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dass viele
Menschen, die nicht in sozialen Gruppen so vernetzt und integriert sind,
von einem Meinungsführer überhaupt nicht erreicht werden können
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dass
Meinungsführer sich wiederum selbst an Meinungsführern orientieren, die in
der Hierarchie der Meinungsführer weiter oben stehen
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dass
Meinungsführerschaft nicht nur auf direktem personalen Kontakt (Face-to-face-Kontakt)
beruht, sondern auch auf medial vermitteltem Pseudokontakt zu virtuellen
Meinungsführern beruhen kann
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
01.08.2017 |
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