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Auf ihrer Konferenz von Jalta auf der Halbinsel Krim trafen sich die
Präsidenten der "Großen Drei": US-Präsident
Franklin D. Roosevelt
(1882-1945, Präsident von 1933-1945), der britische
Premierminister
Winston Churchill
(1874-1965, Premierminister 1940-45 und 1951-55) und der sowjetische
Diktator
Josef Stalin (1878-1953; 1922-53 Generalsekretär der KPdSU). Es war
das zweite Treffen der Hauptalliierten mit denselben Staatsführern
(→Konferenz von Teheran 1943). Auf
der Potsdamer Konferenz nach Kriegsende im Juli/August 1945) war von
ihnen nur noch Josef Stalin von Anfang bis Ende dabei. Die Großen Drei
stimmten auf Jalta ihre Politik gegenüber Deutschland nach dem Kriege ab und
beschlossen die Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen, wie es in
den sogenannten
Zonenprotokollen ausgehandelt worden war. Ingesamt zeichneten sich in
den Verhandlungen der Großen Drei aber schon die Bruchlinien des
heraufziehenden Ost-West-Konflikts ab, da sich die Sowjetunion
ungeachtet alliierter Differenzen über die Zukunft der unter sowjetische
Kontrolle geratenen ehemaligen deutschen Satellitenstaaten im Osten und
in Südeuropa, daran machte, in diesen Staaten sowjettreue Regime zu
installieren. Dies widersprach den Prinzipien der →Atlantik-Charta
von 1941, die auch von der Sowjetunion mit unterzeichnet worden war.
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vorn v.l.n.r:
Winston Churchill, Franklin
Roosevelt and Joseph
Stalin.
Textquelle:
Die folgende Feststellung über das Ergebnis der
Krimkonferenz wird von dem Ministerpräsidenten Großbritanniens, dem
Präsidenten der Vereinigten Staaten und dem Vorsitzenden des Rates der
Volkskommissare der Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken
getroffen:
1. Niederwerfung Deutschlands
Wir haben die militärischen Pläne der drei Alliierten Mächte für die
endgültige Niederwerfung des gemeinsamen Feindes erwogen und
festgesetzt. Die militärischen Stäbe der drei Alliierten Mächte haben
während der ganzen Dauer der Konferenz täglich Zusammenkünfte
abgehalten. Diese Zusammenkünfte waren von jedem Gesichtspunkt aus
äußerst befriedigend und ergaben eine engere Koordinierung der
militärischen Maßnahmen der drei Alliierten als je zuvor.
Ein voller Austausch von Informationen hat stattgefunden. Zeitliche
Folge, Umfang und Koordinierung von neuen und noch kraftvolleren, gegen
das Herz Deutschlands von Osten, Westen, Norden und Süden her von
unseren Heeres- und Luftstreitkräften zu führenden Schlägen sind in
vollem Einvernehmen beschlossen und in allen Einzelheiten geplant
worden.
Unsere zusammengefassten militärischen Pläne werden erst anlässlich
ihrer Ausführung laufend bekanntgegeben werden; wir glauben jedoch, dass
die auf dieser Konferenz erreichte außerordentlich enge Zusammenarbeit
zwischen den drei Stäben zu einer Verkürzung des Krieges führen wird.
Zusammenkünfte der drei Stäbe werden auch in Zukunft stattfinden, wenn
es die Notwendigkeit ergeben sollte.
Das nationalsozialistische Deutschland ist dem Untergang geweiht. Dem
deutschen Volk wird seine Niederlage nur noch teurer zu stehen kommen,
wenn es versucht, einen hoffnungslosen Widerstand fortzusetzen.
2. Besetzung und Kontrolle
Wir sind über die gemeinsame Politik und Planlegung zur Durchführung
der Bestimmungen der bedingungslosen Kapitulation übereingekommen, die
wir gemeinsam dem nationalsozialistischen Deutschland auferlegen werden,
nachdem der bewaffnete deutsche Widerstand endgültig gebrochen ist Diese
Bestimmungen werden erst bekanntgegeben werden, wenn die endgültige
Niederwerfung Deutschlands vollzogen ist.
Gemäß dem in gegenseitigem Einvernehmen festgelegten Plan werden die
Streitkräfte der drei Mächte je eine besondere Zone Deutschlands
besetzen. Der Plan sieht eine koordinierte Verwaltung und Kontrolle
durch eine Zentralkontrollkommission mit Sitz in Berlin vor, die aus den
Oberbefehlshabern der drei Mächte besteht.
Es ist beschlossen worden, dass Frankreich von den drei Mächten
aufgefordert werden soll, eine Besatzungszone zu übernehmen und als
viertes Mitglied an der Kontrollkommission teilzunehmen, falls es dies
wünschen sollte. Die Grenzen der französischen Zone werden von den vier
beteiligten Regierungen durch ihre Vertreter bei der Europäischen
Beratenden Kommission in gegenseitigem Einvernehmen festgelegt.
Es ist unser unbeugsamer Wille, den deutschen Militarismus und
Nationalsozialismus zu zerstören und dafür Sorge zu tragen, dass
Deutschland nie wieder imstande ist, den Weltfrieden zu stören. Wir sind
entschlossen, alle deutschen Streitkräfte zu entwaffnen und aufzulösen;
den deutschen Generalstab, der wiederholt die Wiederaufrichtung des
deutschen Militarismus zu Wege gebracht hat, für alle Zeiten zu
zerschlagen; sämtliche deutschen militärischen Einrichtungen zu
entfernen oder zu zerstören; die gesamte deutsche Industrie, die für
militärische Produktion benutzt werden könnte, zu beseitigen oder unter
Kontrolle zu stellen; alle Kriegsverbrecher vor Gericht zu bringen und
einer schnellen Bestrafung zuzuführen sowie eine in gleichem Umfang
erfolgende Wiedergutmachung der von den Deutschen verursachten
Zerstörungen zu bewirken; die Nationalsozialistische Partei, die
nationalsozialistischen Gesetze, Organisationen und Einrichtungen zu
beseitigen, alle nationalsozialistischen und militärischen Einflüsse aus
den öffentlichen Dienststellen sowie dem kulturellen und
wirtschaftlichen Leben des deutschen Volkes auszuschalten und in
Übereinstimmung miteinander solche Maßnahmen in Deutschland zu
ergreifen, die für den zukünftigen Frieden und die Sicherheit der Welt
notwendig sind.
Es ist nicht unsere Absicht, das deutsche Volk zu vernichten, aber nur
dann, wenn der Nationalsozialismus und Militarismus ausgerottet sind,
wird für die Deutschen Hoffnung auf ein würdiges Leben und einen Platz
in der Völkergemeinschaft bestehen.
3. Wiedergutmachung durch Deutschland
Wir haben die Frage des Schadens, den Deutschland in diesem Krieg
den Vereinten Nationen zugefügt hat, erörtert und für Recht befunden,
dass Deutschland in größtmöglichem Umfange verpflichtet wird, in
gleicher Form Ersatz für den verursachten Schaden zu leisten, Eine
Schadenersersatz-Kommission wird eingesetzt werden. Diese Kommission
wird angewiesen, die Frage des Umfangs und der Art und Weise der
Wiedergutmachung des von Deutschland den alliierten Ländern zugefügten
Schadens zu behandeln. Die Kommission wird in Moskau arbeiten. (...)
5. Erklärung über das befreite Europa
Wir haben eine Erklärung über das befreite Europa aufgesetzt und uns
dazu bekannt. Diese Erklärung sieht eine Gleichschaltung der Politik der
drei Mächte und ihr gemeinsames Vorgehen bei der Lösung der politischen
und wirtschaftlichen Probleme des befreiten Europa auf demokratischer
Grundlage vor. Sie lautet wie folgt:
Der Premierminister der UdSSR, der Premierminister des Vereinigten
Königreiches und der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika haben
im gemeinsamen Interesse der Völker ihrer Länder und des befreiten
Europa Beratungen miteinander abgehalten. Sie erklären gemeinsam ihr
gegenseitiges Einverständnis, die entsprechende Politik ihrer drei
Regierungen während des zeitweiligen Vorherrschens ungeordneter Zustände
im befreiten Europa gleichzuschalten, um den Völkern des von der
Herrschaft des nationalsozialistischen Deutschland befreiten Europa und
den Völkern der früheren Vasallenstaaten der Achse bei der auf
demokratischem Wege herbeizuführenden Lösung ihrer drängenden
politischen und wirtschaftlichen Probleme beizustehen.
Die Herstellung der Ordnung in Europa und der Wiederaufbau eines
nationalen Wirtschaftslebens müssen in einer Weise zu Wege gebracht
werden, die es den befreiten Völkern gestattet, die letzten Spuren des
Nationalsozialismus und Faschismus zu beseitigen und demokratische
Einrichtungen nach eigener Wahl zu schaffen.
Der Grundsatz der
Atlantik-Charta - das Recht aller Völker, sich die Regierungsform,
unter der sie leben werden, selbst zu wählen - ist die Rückgabe der
souveränen Rechte und der Selbstverwaltung an diejenigen Völker, die
dieser durch die Angriffsvölker mit Gewalt beraubt worden sind.
Zur Schaffung von Bedingungen, unter denen die befreiten Völker diese
Rechte ausüben können, werden die drei Regierungen, wo immer es die
Umstände ihrer Ansicht nach erfordern, die Völker der befreiten
europäischen Staaten oder der früheren europäischen Vasallenstaaten der
Achse gemeinsam in folgendem unterstützen:
a) bei der Wiederherstellung von Friedensverhältnissen;
b) bei dei Durchführung von Notmaßnahmen zwecks Unterstützung
Hilfsbedürftiger;
c) bei der Schaffung vorläufiger Regierungsgewalten, die eine umfassende
Vertretung aller demokratischen Elemente der Bevölkerung darstellen und
die zur baldestmöglichen Errichtung von dem Volkswillen entsprechenden
Regierungen auf dem Wege freier Wahlen verpflichtet sind;
d) nötigenfalls bei der Durchführung solcher Wahlen.
Die drei Regierungen werden die anderen Vereinten Nationen und
Provisorischen Gewalten oder andere Regierungen in Europa zu Rate
ziehen, wenn Angelegenheiten, die für diese von unmittelbarem Interesse
sind, behandelt werden.
Falls die Verhältnisse in einem der befreiten Staaten Europas oder einem
früheren europäischen Vasallenstaat der Achse nach Ansicht der drei
Regierungen ein solches Vorgehen erfordern, werden diese sofort über die
notwendigen Maßnahmen zur Erfüllung der in dieser Erklärung dargelegten
gemeinsamen Verpflichtungen miteinander beraten.
Mit dieser Erklärung bestätigen wir von neuem unseren Glauben an die
Grundsätze der Atlantik-Charta, unser in der Erklärung der Vereinten
Nationen gegebenes Gelöbnis und unseren Entschluss, in Zusammenarbeit
mit anderen friedliebenden Nationen eine auf Recht und Gesetz gegründete
Weltordnung zu schaffen, die dem Frieden, der Sicherheit, der Freiheit
und dem allgemeinen Wohl der gesamten Menschheit geweiht ist.
Indem die drei Mächte diese Erklärung herausgeben, sprechen sie die
Hoffnung aus, dass die provisorische Regierung der Französischen
Republik sich an dem vorgeschlagenen Verfahren beteiligen möge. (...)
9. Einigkeit im Frieden wie im Kriege
Unsere Zusammenkunft hier in der Krim hat unseren gemeinsamen
Entschluss von neuem bestätigt, die Einheitlichkeit der Zielsetzung und
des Vorgehens, welche den Vereinten Nationen den Sieg in diesem Krieg
ermöglicht und gesichert hat, im kommenden Frieden aufrechtzuerhalten
und zu stärken. Wir glauben, dass dies eine heilige Pflicht ist, deren
Erfüllung unsere Regierungen ihren eigenen Völkern sowie den Völkern der
Welt schulden.
Nur durch fortlaufende und wachsende Zusammenarbeit und Verständigung
unter unseren drei Ländern und unter allen friedliebenden Nationen
können die höchsten Bestrebungen der Menschheit verwirklicht werden,
nämlich ein sicherer und dauerhafter Frieden, der, in den Worten der
Atlantik-Charta, "Gewähr dafür bietet, dass alle Menschen in allen
Ländern ihr Leben frei von Furcht und Not verbringen können".
Wir sind der Ansicht, dass der Sieg in diesem Kriege und die Gründung
der vorgeschlagenen internationalen Organisation die größte Gelegenheit
in der Geschichte bieten wird, in den kommenden Jahren die für einen
solchen Frieden wesentlichen Voraussetzungen zu schaffen.
(Dieser Bericht ist von Winston S. Churchill, Franklin
D. Roosevelt und J. V. Stalin unterzeichnet.)
*) §§ 4, 6, 7 und 8, die sich auf die Konferenz der Vereinten Nationen,
Polen, Jugoslawien und die Zusammenkünfte der Außenminister beziehen,
sind ausgelassen.
(Quelle: Quelle: Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland,
Ergänzungsblatt Nr. 1, S. 4-5, zit. n. Bericht über die Krimkonferenz
(3.-11.02.1945), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL:
http://www.documentArchiv.de/in/1945/krimkonferenz_bericht.html,
Stand: 15.11.2014)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
22.11.2014 |
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