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Herzogliche Lustjagden als Teil der höfischen Festkultur

Höfisches Jagen im 17. und 18. Jahrhundert

Versailles in Schwaben: Ludwigsburg zur Zeit Carl Eugens (1728-1793)

 
GESCHICHTE
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Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
Konkurrenzkampf und Prasserei: Absolutistische Repräsentation von Macht
Versailles in Schwaben: Ludwigsburg zur Zeit Carl Eugens
Höfische Festkultur zur Zeit Carl Eugens

Die Jagd als Vergnügen der Mächtigen und Reichen

Überall in Europa geht das ▪ höfischen Jagen auf mittelalterliche Feudalrechte zurück und ist ein ▪ Adels- und Fürstenprivileg. Im Kontext höfischer Festkultur stellt es wohl das wichtigste Vergnügen der Mächtigen dar (vgl. Lahnstein 1968, S.57).

Dass die Jagd auf Trophäen und die Großwildjagd, die sich gegen weltweit bedrohte Tierarten richtet, offenbar für die Reichen und Mächtigen unserer Zeit immer noch etwas ist, was in den jeweiligen Kreisen Prestige verleihen soll, machen allerorten Jagdskandale sichtbar, aber auch die Zahl der jährlich in Afrika von selbsternannten und gutbetuchten Großwildjäger getöteten Wildtiere. So schätzt die Tier- und Artenschutzorganisation Pro Wildlife, "dass alleine in Afrika (...) jedes Jahr mehr als 18.000 Ausländer auf Großwildjagd (gehen) und (...)  dabei mehr als 120.000 Wildtiere (töten). Elefanten, Leoparden, Löwen, Geparde, Nashörner, Eisbären, Braunbären, Flusspferde, Zebras, Affen, Wölfe und Wildkatzen gehören zu den bedrohten und geschützten Tierarten, deren Trophäen ganz legal nach Deutschland importiert werden." (abgerufen 15.9.2021)

Und damals wie heute wird die Jagd idealisiert. Auch heute zögerten, so Pro Wildlife weiter, die Großwildjäger nicht, sich selbst als Wohltäter darzustellen und ihr fragwürdiges Hobby als Beitrag zum Artenschutz und zur Armutsbekämpfung zu rechtfertigen. Allerdings sei dies von verschiedenen Studien als Greenwashing entlarvt worden. Die Idealisierung der Jagd hat also Methode bis heute und dient oft als Vorwand für ein snobistisches Vergnügen der Reichen und Mächtigen gestern und heute.

Höfisches Jagen im 17. und 18. Jahrhundert

Höfisches Jagen findet im 17. und 18. Jahrhundert in verschieden Jagdarten statt:

  • Deutsches Jagen

  • Französisches Jagen (Parforce-Jagd)

  • Pirschen in freier Wildbahn oder besonderen Pirschanlagen

  • Wasserjagen

  • Bestätigungsjagd

  • Gnadenjagd, die anderen als besonderer Gnadenerweis des Fürsten oder eines Jagdpächters ein zeitweises Jagen ermöglicht

Die eingestellte Jagd: Deutsches Jagen als Prunk- und Luxusjagen in Tiergärten

Das Deutsche Jagen, das auch als Hauptjagen bezeichnet wird, stellt eine Hetzjagd dar. Diese Jagdart findet in verschiedenen Formen des Laufs (Hetzgarten) als so genannte eingestellte Jagd statt. Während man früher mit Hundemeuten und zu Pferde das Wild manchmal tagelang auch durch unwegsames Gelände hetzt, macht man es sich, nicht zuletzt auch wegen des ernormen Verletzungsrisikos solcher Jagden, mit dem eingestellten Jagen  äußerst bequem. "Die Jagd als solche, das edle Waidwerk, trat in den Hintergrund, sie wurde zum Vergnügen. Im Vordergrund standen Pauken- und Trompetenschall, Kurzweil und Narrenspiel, wobei sich die Teilnehmer in Prunkzelten auf bequemen Polsterstühlen die Mühen der Jagd ersparten und ausgiebige Mähler genossen." (Wokalik, Othmar 2006b: Die eingestellte Jagd und das Jagdfest)

Veranstaltet werden solche Jagden häufig in von Zäunen umgrenzten Gebieten, riesigen Tiergärten (z. B. Saugärten), die einen unglaublich hohen Tierbestand aufweisen. Eine der ersten Tierparks dieser Art ist der von Landgraf Wilhelm IV. am Fuß der Kuppe, auf der die Sababurg steht, 1571 auf einer Fläche von 130 Hektar eingerichtete Tierpark, in dem »Ure, Damwild, weiße Hirsche, Gämsen, Elche und Rentiere gehalten werden. (vgl. Wikipedia, 16.09.07)


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Ein typisches Beispiel dafür ist der »1571 angelegte Tierpark an der »Sababurg im »Reinhardswald bei »Kassel, den es bis heute noch gibt und der mit einer Fläche von ca. 130 ha zu den größten und ältesten Tierparks in Europa zählt. Für die Jagd wurden darin u.a. »Auerochsen (Ure), »Damwild, »weiße Hirsche, »Elche, »Gemsen und »Rentiere gehalten.

1770 wurde der Park nach den Wünschen des Landgrafen Friedrich II. (1720–1785) nach den für die Barockzeit typischen Jagdmoden umgestaltet. Dazu legte man für die Parforcejagd ein Rondell an, auf das sternförmig angelegte Schneisen zuführen, die bis heute noch als Eichenalleen zu erkennen sind. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts verloren die hessischen Landgrafen ihren Spaß und Interesse an dem Wildpark, der daraufhin Teil des Gestüts Beberbeck wurde und von 1790 an wurde das ehemals weitgehend bewaldete Gebiet des ursprünglichen Tierparks abgeholzt.

Auch im Herzogtum Württemberg lässt »Herzog Ludwig (1554-1593, reg. 1568-1593) Ende des 16. Jahrhunderts um den ▪ Erlachhof beim späteren ▪ Ludwigsburg, in Bonholz, einen solchen Tiergarten anlegen, wo die jährlichen Damhirschjagden stattfinden. (vgl. Sting 2005, S.32)

Geht es bei diesen Tiergärten wohl noch überwiegend darum, das Jagen möglichst bequem und, an der "Strecke" des erlegten Wildes gemessen, erfolgreich zu gestalten, sind spätere Tiergärten wie der 1770 von der österreichischen Kaiserin »Maria Theresia (1717-1780) gegründete »Lainzer Tiergarten mit seinem hölzernen Palisadenzaun auch dazu da, "dass die umliegenden Wiesen und Felder ihrer Untertanen von unablässigen Verwüstungen durch Hirsch und Wildsau künftig verschont bleiben." (Stoeckl 2000)

Der Ablauf der Jagd, für die das Wild aus den umliegenden Waldgebieten zusammengetrieben und bis zum Beginn der Jagd bewacht wird, besteht aus der "Kammer" und dem "Lauff", der im Allgemeinen von großen Rolltüchern verdeckt ist.

Das Wild wird im "Lauff" von den den hinter Leibschirmen verborgenen und geschützten adeligen Jägern meist aus kurzer Entfernung geschossen.

Eingestellte Jagdveranstaltungen können dabei auch den Charakter regelrechter Prunk- oder Luxusjagden (Wokalik) annehmen, wenn z. B. die Jagd auf das wehrhafte Schwarzwild unter Pauken- und Trompetenschall und unter mancherlei mythologischen Anklängen stattfindet, die gehetzten Wildschweine über künstliche Hindernisse setzen und schließlich in einen See flüchten müssen, wo sie von ihren "Jägern" erwartet werden.

Während einer Jagd des kurpfälzischen Hofes werden die Wildschweine, nachdem sie aus unterirdischen Kammern herausgelassen worden sind, angeblich über eine 240 Fuß hohe Treppe auf einen künstlichen Berg mit Galerien für die Schützen getrieben, "die dann unter den Klängen von Vokal- und Instrumentalmusik rund 1000 Sauen 'erlegten'." (Wokalik, Othmar 2006b)  

Die Vorarbeiten solcher Jagdfeste ziehen sich oft über Wochen hin und müssen zum größten Teil von den Bauern in Fronarbeit verrichtet werden. Um das Wild einfangen zu können, müssen Tücher und Federlappen mit grellen Federfarben angefertigt und angebracht werden, damit das Wild in einem bestimmten Revier zusammengetrieben ("eingelappt") werden kann. Danach wird das Wild in die Netze getrieben, in Transportkästen verladen und in den Tiergarten oder das vorgesehene Jagdrevier gebracht. Die Anzahl von Treibern, die dazu benötigt werden, sind stets Hunderte, können aber leicht auch in die Tausende gehen, allesamt zum Frondienst gezwungene Männer oder beurlaubte Soldaten.

Das Jagen mit der Hundemeute im großen Stil: Die Parforce-Jagd bzw. das französische Jagen

Das Französische Jagen in Form der so genannten ▪ Parforce-Jagd findet in Deutschland, insgesamt gesehen, bei weitem nicht jene Verbreitung wie in Frankreich und England. Dafür sind nichtzuletzt der hohe Aufwand an Mensch, Material und Tier sowie die kostspielige Ausrüstung verantwortlich, die sich in Deutschland nur wenige Fürstenhöfe leisten können, zumal man sie nur nebenher, neben der Falknerei und dem "deutschen Jagen", veranstaltet. So sind im ganzen deutschen Raum um 1720 gerade mal 10 Jagdequipagen vorhanden, die man zur Durchführung benötigt, darunter die herzoglich württembergische zu Ludwigsburg und Schloth und Weise.

Allein schon die Haltung von mehreren hundert Hunden, die außerhalb der Jagdsaison ja ein halbes Jahr über überhaupt nicht zum Einsatz kommen, kostet ein kleines Vermögen. (vgl. Wokalik, Othmar (2006d): Zukunft der Parforcejagd)

Bei der Parforce-Jagd, die schon im Mittelalter praktiziert worden ist, als "Jagdmode" aber aus Frankreich stammt, wird das Wild von einer oft mehrere hundert Tiere zählenden Meute laut jagender Hunde gehetzt, denen die Jäger zu Pferde oder, wenn es breite Alleen dafür gibt, auch in speziellen Jagdwagen folgen. Zu einer gewöhnlichen Jagdequipage gehören 60-70 Pferde mit einem ganzen Tross von Jagdbedienten.

Die Parforce-Jagd kommt am württembergischen Hof gegen Ende des 17. Jahrhunderts auf  (vgl. Lahnstein 1968, S.57), wird aber 1727 wieder abgeschafft. Erst fast dreißig Jahre später wird sie von Herzog Carl Eugen wieder eingeführt, was zu vermehrten Klagen über den Wild- und Flurschaden führt (vgl. Schott 1907, S.329)

"Es ist dieselbige eine lustige und angenehme Jagd vor diejenigen, so gerne reiten, den Laut der Hunde hören wollen, und das Blasen ästimieren, als worinnen die Jagd bestehet ... wie ferner angezeiget werden sol, daß hierzu ein geschicktes und scharffes Reiten gehöret ...« (Döbel, Jägerpraktika, 1748, zit. n. Lahnstein 1968, S. 57) (→Parforce-Jagd, aus: Meyers Konversationslexikon (1885-1892)

Die Stiftung des Hubertusordens durch Herzog Eberhard Ludwig 1702

In Württemberg z. B. stiftet Herzog »Herzog Eberhard Ludwig (1676 - 1733) am 3. November 1702 den Herzoglich-Württembergischen Orden von der Jagd, der auch einfach ▪ "Hubertusorden" genannt wird.

Diese erste Ordensstiftung in Württemberg, die den Leitspruch "'Virtutis amicitiaeque foedus' (Ein Bündnis von Freundschaft und Tugend) trägt, wird bald über die Grenzen des Landes hinaus bekannt und nicht wenige Notabeln fühlen sich durch die Aufnahme in den Kreis der Ritter des Hubertusordens hoch geehrt. Dem Orden anzugehören, erhöht dementsprechend das soziale Prestige.

Neben dem herzoglichen Stifter, der der Ordensherr ist, besteht der Hubertusorden laut Statuten aus dem Großkanzler und einer freien Anzahl von gefürsteten Personen, die insgesamt nicht mehr als 24 Mitglieder umfassen sollten. Die Familienwappen der Ordensmitglieder werden im Ordenssaal angebracht. In diesem Saal finden auch die Versammlungen der Ordensritter, z. B. zu Ehren des Hl. Hubertus (am 3. November), und zur Aufnahme neuer Mitglieder oder zur Regelung von irgendwelchen Ordensangelegenheiten statt. Der Ordenssaal ist damals im Ersten Obergeschoss des Riesenbaus im Ludwigsburger Schloss. (vgl. Sting 2005, S.407)(vgl. Sting 2005, S.37)

Herzog ▪ Carl Eugen (1728-1793) hat 1748 den Jagdorden bestätigt, seine Statuten erneuert und den Namen übernommen. Dabei halten die Statuten fest, dass Geistliche, Zivil- und Militärpersonen ohne Ansehen ihrer Religion Mitglieder sein können. Als Vorrechte genießen die Mitglieder das Recht zur Teilnahme an den Jagd-Lustbarkeiten des Ordensherren und der besonderen Veranstaltungen des Ordens im Verlauf des Jahres. Als äußeres Zeichen der Zugehörigkeit dürfen sie ein  ein Schulterband mit Kreuz und auf dem Rock an der linken Brust ein gesticktes silbernes Kreuz tragen.

Die Leidenschaft, die Herzog ▪ Carl Eugen (1729-1793) für die Jagd hegt, ist in seiner Zeit nicht besonders verwunderlich. Seine ▪ Lustjagden sind aber bald eine unerträgliche Last für die Menschen und die Landschaft (Stände) in Württemberg.

Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
Konkurrenzkampf und Prasserei: Absolutistische Repräsentation von Macht
Versailles in Schwaben: Ludwigsburg zur Zeit Carl Eugens
Höfische Festkultur zur Zeit Carl Eugens

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 04.11.2023

   
 

 
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