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Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
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Konkurrenzkampf und Prasserei: Absolutistische Repräsentation
von Macht
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Versailles in Schwaben: Ludwigsburg zur Zeit Carl Eugens
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Höfische Festkultur zur Zeit Carl Eugens
Die mit Pomp und Prunk jährlich begangenen Geburtstagsfeste des Herzogs
gehören zu den prachtvollsten und am längsten andauernden Festen, die
▪ Carl Eugen (1728-1793)
im Rahmen der von ihm entfalteten
höfischen
Festkultur veranstalten lässt. Ausführlich beschreibt
Ute Christine Berger (1997)
den Ablauf der Veranstaltungen von 1762 bis 1764, worüber detaillierte
zeitgenössische Festbeschreibungen vorliegen. (→Albert Pfister: Geburtstagsfeier des Herzogs 1763 (1907)
Schon
zwei Jahre bevor die Ludwigsburg offizielle Residenz des Herzogs wird (1764),
beginnt die lange Reihe von Festveranstaltungen in der Stadt, die den Hof
von Stuttgart aus vor allem zu den Geburtstagsfesten und den von Carl Eugen
eingeführten Karnevalsveranstaltungen zwischen 1762 und 1764 immer wieder nach Ludwigsburg führt.
Gewöhnlich beginnen
diese Ludwigsburger Tage am 6. Januar und finden am Geburtstag Carl Eugens,
am 11.
Februar, der mit Hofzeremoniell, Ballett- und
Opernaufführungen
begangen wird, ihren ersten Höhepunkt. Am 15. und 16. Februar folgen dann
weitere Festveranstaltungen.
Bis 1764 zählt man schließlich 23 aneinander
gefügte Veranstaltungen, von denen Carl Eugens Hofbibliothekar »Joseph Uriot (1713-1788)
behauptet, sie schüfen einen handfesten wirtschaftlichen Nutzen für die
Bürger, förderten die Kunst und machten den Namen des Herzogs unsterblich.
(vgl.
Sting 2005, S. 211f.)
Viele
dieser Feste wurden von Carl Eugen bis in die Details mitgeplant. 1762 hatte
er die Idee, seine Gäste in der Orangerie in Ludwigsburg zu überraschen. Er
macht sich ein Vergnügen daraus, die
Gäste, die von Stuttgart in Ludwigsburg
ankommen, "mitten im Februar durch sommerliche Gärten zu geleiten und mit
ihnen zwischen Orangenbäumen und exotischen Pflanzen zu tafeln." (Berger 1997,
S.70)
Irgendwo in seinem Privatgarten ist eigens für die Veranstaltung eine
"Erimitage" (Einsiedelei) eingerichtet, die in einer teils wilden, teils
kultivierten Ideallandschaft steht, die von Schäferinnen und Schäfern
bevölkert ist, die von Tänzerinnen und Tänzern des herzoglichen Balletts
gespielt werden.
Und nach solchen Vorführungen geht es an die Tafel, in die
Orangerie, wo für 750 Personen festlich gedeckt ist und aufgetischt wird.
Das Kolosseum als besondere Location
Immer wieder sind es
Anspielungen auf antike Bauwerke, die sich in den prachtvollen
Festdekorationen finden. An ihnen findet der Herzog besonderen Gefallen,
zumal er auf seinen Italienreisen das eine oder andere wohl selbst zu
Gesicht bekommen hat.
1764 lässt er sich als Kontrast zu der im hinteren
Schlosshof gestalteten wilden Naturlandschaft, das größte seiner für die
Festveranstaltungen konzipierten Bauwerke errichten. Es ist dem »Kolosseum
von Rom nachempfunden, trägt im Plan den Namen Colisée, und erstreckt sich
mit seinem Durchmesser von 190 Fuß beinahe über den gesamten Ehrenhof vor
dem Neuen Corps de logis. Mit seiner ovalen Form entspricht es dem antiken
Vorbild.
Die im Zentrum des Gebäudes befindliche Arena misst ca. 23 m
Durchmesser und in der Mitte steht ein Obelisk. Nach Uriots Angaben sollen
bis zu 4.000 Personen in dem völlig überdachten Amphitheater Platz gefunden
haben. Da aber wohl nur die Logen beheizbar sind, hält man sich Mitte
Februar wohl nicht allzulange im Kolosseum auf. Ob es bei den Vorführungen
auch zu Kämpfen mit Tieren gekommen ist, ist nicht überliefert. Uriot
erwähnt das Ganze eher beiläufig, so dass davon auszugehen ist, dass das
dortige Geschehen nicht wirklich Furore macht. (vgl.
ebd., S. 101f., vgl.
Sting 2005, S.215)
Im Großen und Ganzen entspricht der Hang zur Antike einem Trend der
zeitgenössischen Architektur, die stark von der seit der Renaissance wieder
entdeckten Antike mit ihren idealischen
Gestaltungskonzepten beeinflusst ist. (vgl.
Berger 1997, S.121).
Kulissenartige Naturinszenierungen
Darüber hinaus
sind auch die mit großem Aufwand hergestellten Naturdekorationen bei den
Festen Carl Eugens bemerkenswert, die der höfischen Gesellschaft eine
verklärte Traumwelt vor Augen führen, in der "Natur, Kunst und Liebe zu
einem mystisch-irdischen
Paradies ewiger Jugend, Anmut und verklärter
Sinnlichkeit" verschmelzen. (Bauer
1992, zit. n.
Berger 1997, S.125)
Bei
diesen kulissenartigen Naturinszenierungen spielen die beiden Strömungen der
Gartenkunst des 18. Jahrhunderts miteinander: der französische Barockgarten
und der englische Landschaftsgarten. Die strenge Geometrie, Symmetrie und
Anbindung der Ludwigsburger Schlossanlage oder des Schlosses Solitude mit
ihren schnurgerade gezogenen Alleen spiegeln dabei den Macht- und
Repräsentationsanspruch des Fürsten.
Andere Teile des Gartens werden für
Feste als eine regellos wirkende Landschaft mit Weide- und Wiesenflächen
gestaltet, die mit zahlreichen Teichen und Seen und pittoresken Ruinen so
wirken, wie es dem Konzept des englischen Landschaftsgartens entspricht.
Einen in diese Richtung gehenden Garten lässt Herzog Carl Eugen im
englischen "Dörfle" bei
»Schloss Hohenheim in den Jahren 1776 bis 1789
anlegen. (vgl.
Berger 1997, S. 127)
Auf den nachgebildeten Trümmern des antiken Rom will der Herzog dort den
"Triumph tugendhaften Landlebens über die Sittenverderbnis des
untergegangenen Roms" in Szene gesetzt sehen.
Zu Festveranstaltungen zeigt
sich das "Dörfle" den Gästen belebt. Dann wird nämlich eine intakte
Dorfgemeinschaft gespielt, bei der unter Mitwirkung des Hofstaates
Untertanen des Herzogs als Hirten, Bauern oder Schulmeister das tugendhafte
Landleben inszenieren. Nach 1797 verfällt die ganze Anlage ziemlich schnell.
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Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
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Konkurrenzkampf und Prasserei: Absolutistische Repräsentation
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Versailles in Schwaben: Ludwigsburg zur Zeit Carl Eugens
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Höfische Festkultur zur Zeit Carl Eugens
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
10.09.2023
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