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Die richterliche Gewalt

Montesquieu (1689-1755)


In jedem Staat gibt es drei Arten von Gewalt: die gesetzgebende Gewalt, die vollziehende Gewalt in Ansehung der Angelegenheiten, die vom Völkerrecht abhängen, und die vollziehende Gewalt hinsichtlich der Angelegenheiten, die vom bürgerlichen Recht abhängen. [...]
Es gibt ferner keine Freiheit, wenn die richterliche Gewalt nicht von der gesetzgebenden und vollziehenden getrennt ist. Ist sie mit der gesetzgebenden Gewalt verbunden, so wäre die Macht über Leben und Freiheit der Bürger willkürlich, weil der Richter Gesetzgeber wäre. Wäre sie mit der vollziehenden Gewalt verknüpft, so würde der Richter die Macht eines Unterdrückers haben.
Alles wäre verloren, wenn derselbe Mensch oder die gleiche Körperschaft der Großen, des Adels oder des Volkes diese drei Gewalten ausüben würde; die Macht, Gesetz zu geben, die öffentlichen Beschlüsse zu vollstrecken und die Verbrechen oder Streitsachen der einzelnen zu richten. [...]
Die richterliche Gewalt darf nicht an einen dauernden Senat gegeben, sondern muss von Personen ausgeübt werden, die zu bestimmten Zeiten des Jahres in gesetzlich vorgeschriebener Weise aus der Mitte des Volkes entnommen werden, um einen Gerichtshof zu bilden, der nur so lange besteht, wie die Notwendigkeit es erfordert.
Auf diese Weise wird die unter den Menschen so schreckliche richterliche Gewalt, losgelöst von der Bindung an einen bestimmten Stand oder an einen bestimmten Beruf, sozusagen unsichtbar und zu einem Nichts. [...]
Wenn die gesetzgebende Gewalt der vollziehenden das Recht überlässt, Bürger in Haft zu nehmen, die für gute Führung Bürgschaft zu stellen fähig sind, dann gibt es keine Freiheit mehr; [...]

(aus: Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, Buch XI, Kap. 6,, S.200f.
 


   Arbeitsanregungen:

  1. Arbeiten Sie heraus, mit welchen Argumenten Montesquieu für die Schaffung einer von den anderen Gewalten unabhängigen richterlichen Gewalt eintritt.

  2. Erläutern Sie an modernen Beispielen aus der Geschichte, welche Konsequenzen sich aus der Beseitigung der unabhängigen richterlichen Gewalt ergeben.

  3. Zeigen Sie auf, wie und mit welchen Organen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland die Unabhängigkeit der richterlichen Gewalt im System der Gewaltenteilung 
     

                 
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