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Über das Eigentum

John Locke (1632-1704)


26. Gott, der die Welt den Menschen gemeinsam gegeben hat, hat ihnen auch Vernunft verliehen, sie zum größtmöglichen Vorteil und zur Annehmlichkeit ihres Lebens zu nutzen. Die Erde und alles, was auf ihr ist, ist den Menschen zum Unterhalt und zum Genuss ihres Daseins gegeben. Alle Früchte, die sie auf natürliche Weise hervorbringt, und alle Tiere, die sie ernährt, gehören den Menschen gemeinsam, weil sie wildwachsend von der Natur hervorgebracht werden; und niemand hat über irgendetwas, sowie es sich in einem natürlichen Zustand befindet, ursprünglich ein privates Herrschaftsrecht, welches das der übrigen Menschen ausschlösse. Da die Früchte der Erde dennoch den Menschen zu ihrem Gebrauch gegeben sind, muss es notwendigerweise, bevor sie dem einzelnen Menschen von irgendwelchem Wert oder nützlich sein könnten, Wege geben, auf irgendeine Weise in ihren Besitz zu gelangen. Die Frucht oder das Wildbret, die den wild lebenden Indianer ernähren, der sich keinerlei Land eingegrenzt hat und alles als Gemeingut besitzt, müssen sein Eigen sein, und zwar so sein Eigen, d.h. Teil des Seinen, dass kein anderer mehr ein Recht darauf haben kann. Erst dann vermögen sie ihm zur Erhaltung seines Lebens von irgendwelchem Nutzen zu sein.
27. Wenn die Erde und alle niederen Lebewesen wohl allen Menschen gemeinsam eignen, so hat doch jeder Mensch ein Eigentum an seiner eigenen Person. Über seine Person hat niemand ein Recht als nur er allein. Die Arbeit seines Körpers und das Werk seiner Hände, so können wir sagen, sind im eigentlichen Sinne sein. Was immer er also jenem Zustand entrückt, den die Natur vorgesehen und in dem sie es belassen hat, hat er mit seiner Arbeit gemischt und hat ihm etwas hinzugefügt, was sein eigen ist - folglich zu seinem Eigentum gemacht. Da er es jenem Zustand des gemeinsamen Besitzes enthoben, in den es die Natur gesetzt hat, hat er ihm durch seine Arbeit etwas hinzugefügt, was das gemeinsame Recht der anderen Menschen ausschließt. […]
30. [...] und kraft dieses Gesetzes wird der Fisch, den jemand im Ozean fängt - jenem großen fortdauernden Gemeingut der Menschheit -, oder der Bernstein, den jemand dort aufliest, durch seine Arbeit zum Eigentum dessen, der sich dieser Mühe unterzieht: Diese Arbeit nämlich enthebt ihn jenem Zustand des gemeinsamen Besitzes, in dem ihn die Natur belassen hat. […]

(aus: John Locke, Über die Regierung (The Second Treatise of Government, 1689), Stuttgart: Philipp Reclam 1981, übersetzt von Dorothee Tidow, S.21f., S.24, S.39 )
  


   Arbeitsanregungen:

  1. Arbeiten Sie heraus, wie nach Ansicht von John Locke Eigentum entstehen kann.

  2. Zeigen Sie, unter welchen gesellschaftlichen Umständen derart entstandenes Eigentum nach Locke gemeinhin akzeptiert ist.
     

                 
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