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Bausteine zu Schiller, Über die ästhetische Erziehung des Menschengeschlechts (1795) - 6. Brief

Schillers Programm der Erziehung durch die Kunst

Elizabeth M. Wilkinson und L. A. Willoughby (1977)


FAChbereich Deutsch
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Schillers Abhandlung über die Erziehung durch Kunst "ist eine leidenschaftlich bewegte Analyse der misslichen kulturellen Situation des modernen Menschen: des Übels der Spezialisierung, sei es im Wissen oder in technischen Fertigkeiten, oder der Überentwicklung einer Einzelfunktion der Seelenkräfte auf Kosten der übrigen; der Spaltung dessen, was einst vereint war - Empfindsamkeit und Denken, Gefühl und Moral, Körper und Geist; [...] der Reduktion des Menschen zu einem bloßen Rädchen in einer überentwickelten Gesellschaft; [...]

Die Briefe werfen erneut die Frage auf, die schon in der »'Nikomachischen Ethik' gestellt wird: Wie verhalten sich Einsicht und Handeln zueinander? Werde ich durch das Verstehen der Tugend notwendigerweise auch schon tugendhaft? [...] Wie verhalten sich Kunst und Politik zueinander? [...]

Denn was könnte tauglicher sein als Vermittler zwischen der Welt innen und der Welt außen, zwischen den Wahrnehmungen der Sinne und den Einsichten der Vernunft, oder zwischen den Einsichten der Vernunft und dem auf Tat gerichteten Willen, als jene Gebilde, die wir Kunst nennen? Sie allein bieten Abstraktionen - die jedoch sinnlich erfassbare Form sind; sie allein zergliedern unsere gängigen Wahrnehmungen der Wirklichkeit - jedoch nur um die dadurch gewonnenen Bruchstücke in neue Synthesen zusammenzufügen; [...] sie allein bilden Schemata heraus, in denen das Chaos wohl als Unheilbares dargestellt werden kann, in denen es jedoch gezügelt und gezähmt wird; [...]

Was Schillers Behandlung dieser Fragen noch wesentlich wichtiger macht als diejenige der Alten, ist der von ihm gewählte Zeitpunkt, sie neuerdings aufzuwerfen. Es war ein Zeitpunkt, an dem die Verzweiflung über zunehmende Zersplitterung und Entfremdung, die Forderung nach voll ausgebildeten, noch 'ganzen' Menschen, zwar bereits akut geworden, jedoch noch nicht zu den Klischees unserer Zeit erstarrt waren; [...] Es war ein Zeitpunkt, an dem das demokratische Ideal [...] - das Recht jedes Menschen auf Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit sowohl in der geistigen als auch in der politischen Sphäre -, nicht nur verkündet, sondern mit Gewalt durchgesetzt wurde. Was Schiller fordert, ist die Wiederherstellung der für den einzelnen Griechen bezeichnenden Ganzheit und Harmonie - jedoch ohne den Verlust jener Vorteile, die der Menschheit durch Spezialisierung und zunehmendes Wissen gebracht wurden. [...]

Weit entfernt davon, eine Flucht aus der politischen Wirklichkeit darzustellen, sind die 'Ästhetischen Briefe' Schillers Versuch, sich in der Art zu engagieren, für die er sich am zuständigsten fühlte. Die treibende Kraft hinter der Abhandlung ist sein Glaube, dass jede menschliche Reform, die von Dauer sein soll, nur von einer Änderung der ganzen Denkweise ausgehen könne. Welche Art Denken müsste es jedoch sein, um ins Handeln zu münden? Der Verlauf, den die französische Revolution genommen hatte, war schließlich nur ein einziges, wenn auch ins Auge springendes Beispiel für das Unvermögen, Theorie in Praxis zu übertragen; [...] Wo die reinen Philosophen keinen Erfolg gehabt hatten, möchte sich vielleicht ein Dichterphilosoph von Nutzen erweisen. Erziehung durch Kunst erschien Schiller, so unwahrscheinlich das klingen mag, als der einzige Weg, die gähnende Kluft zwischen Einsicht und Handeln zu schließen: eine Kluft, die sowohl in der Politik des Staates als auch im sittlichen Handeln des Privatmenschen bestand.

(aus: Wilkinson/Willoughby 1977, S.15-17, S.23f., gekürzt)

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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 16.12.2023

    
   Arbeitsanregungen:

Arbeiten Sie aus dem Text heraus:

  1. Von welchen Erfahrungen und Einsichten geht Schiller bei seiner Erziehung durch Kunst aus?

  2. Welche Bedeutung besitzt für ihn das Ideal des griechischen Menschen?

  3. Woraus resultiert seiner Auffassung nach die besondere Eigenschaft der Kunst für die Erziehung?

  4. Stimmen Sie mit der These der Autoren überein, dass es sich bei Schillers Erziehung durch Kunst keineswegs um Flucht aus der politischen Wirklichkeit handelte?

  5. Überprüfen Sie die Aussagen der Autoren an Hand des 6. Briefes "Über die ästhetische Erziehung des Menschen"

 
 
 

 
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