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Die nachfolgenden
Beispiele stammen aus verschiedenen Schüleraufätzen zur
Interpretation der Erzählung ▪ »Das
Fliegenpapier« von
▪
Robert Musil
».
Sie sind keine
Musterlösungen, sondern dienen als Arbeitsmaterialen.
Das Opfer, die Fliege, wird
dann als nächstes genannt. Zunächst, ganz harmlos, lässt sich die
Fliege auf dem Papier nieder und klebt nur mit den äußersten
Gliedern daran. Dies vergleicht der Autor mit einer befremdlichen
Empfindung, die als weich und warm empfunden wird, nicht aber
unbedingt als unangenehm, obwohl doch ein gewisser Widerstand
vorhanden ist. Die Fliege kann nicht mehr weg, den das Fliegenpapier
hält sie mit immer fester werdendem Druck fest. |
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Robert Musil dient hier in
seinem Text als Erzähler. Er beschreibt den Kampf der Fliege, sich
zu lösen. Allerdings ist er nicht völlig neutral, sondern er lässt
zusätzlich auch seinen eigenen Gefühlen freien Lauf. So fühlt er zum
Beispiel richtiggehend die Ratlosigkeit der Fliege, nachdem sie
immer wieder versucht, sich vom Fliegenpapier zu lösen. Er kann sich
in die Lage der Fliege versetzen und verdeutlicht dies mit
Vergleichen. Er vergleicht menschliche Situationen mit der der
Fliege durch die vielen Bewegungsverben bringt Musil dem Leser den
Kampf der Fliege gut zum Ausdruck. Auch der Leser kann dadurch
besser mitfühlen. |
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Robert Musil spielt hier,
denke ich, auf alle gesellschaftlichen Zwänge und Regeln an, die
einen eingrenzen und nicht mehr loslassen. Ein Aufbeugen ist immer
nur von kurzer Dauer und ein Lösen von der Gesellschaft ist nicht
möglich. …So wird jeder aus seinen Träumen und Vorstellungen
gerissen, und schließlich gibt jeder auf. …Äußerlich sind alle
gelähmt und bezwungen, aber im Herzen lebt der Wunsch nach Freiheit
doch noch weiter und lässt sich nicht so schnell schlagen. Das
Rebellieren und der Kampf haben sich in Gelassenheit und Müdigkeit
gewandelt. Doch der Wunsch und die Idee tauchen im Herzen manchmal
wieder auf. |
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Robert Musil schreibt diese
Parabel aus der Vogelperspektive,also als Betrachter. |
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Nach außen hin sind diese
drei Phasen durch Abschnitte gegliedert, und müsste ich diesen
Phasen Überschriften geben, hieße Phase 1 "Die Gefangenschaft",
Phase 2 "Der Fluchtversuch" und Phase 3 "Am Ende" oder "Hoffen auf
den Tod". |
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Diese Parabel drückt auch
die Orientierungslosigkeit und den Werteverfall aus, die unmittelbar
nach dem Ersten Weltkrieg herrschten, aus. Dass der Autor darauf
Bezug nimmt, sieht man an den "klapprige(n), alte(n) Militärs"
(Z.11); den "gestürzten Aeroplanen" (Z.40) oder den "krepierten
Pferden" (Z.41). Zuletzt sind die Soldaten auch aufgrund bestimmter
Konventionen bestimmter Völkergemeinschaften in den Krieg gezogen
und einen Tod gestorben, vor dem es kein Entrinnen gab. |
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Die letzten zwei Sätze sind
die wichtigsten der Parabel, denn nur durch sie lässt sich der
Übergang in die Sachebene vollziehen. Erst dadurch kann man den Text
auch verstehen. Man darf die Aussage jedoch nicht wörtlich
verstehen, denn dieses flimmernde Organ, das noch lange lebt und
ohne Vergrößerungsglas nicht zu bezeichnen ist, soll nicht etwa ein
festes Objekt oder Organ darstellen, sondern muss als Seele oder
inneres Leben verstanden werden. Jetzt lässt sich erst verstehen, um
was es dem Autor bei seiner Parabel geht. Er versucht nicht etwa die
Leiden der Menschen widerzuspiegeln und auch die Verarbeitung seiner
persönlichen Erlebnisse in der Kriegszeit spielt nur eine
untergeordnete Rolle. Vielmehr geht es ihm um die Problematik des
Menschseins, den Sinn des Lebens. Nach seinen eigenen Erfahrungen
erlebt jeder Mensch einen vergleichbaren Zyklus, Zeiten des Kampfes
und Zeiten der Resignation, an deren Ende der Tod steht. Leben und
Tod bilden ein System, dem der Mensch auch mit noch so großen
Anstrengungen nicht entfliehen kann. Lediglich die
Beschreibung eines "Menschenauges, das sich unaufhörlich öffnet und
schließt", lässt mehrere Ansätze zu. So könnte beispielsweise
gemeint sein, dass das "Leben" auch nach dem Tod noch weitergeht.
Leben und Tod wechseln sich gegenseitig ab ("unaufhörlich"),
Andererseits könnte auch gemeint sein, dass die Fliege doch nicht
ganz tot ist, der Mensch also trotzdem noch mit dem letzten bisschen
Kraft weiterkämpfen soll, denn nichts ist sinnlos, es scheint
höchstens so. Die Hauptfrage des Textes bleibt jedoch auch am Ende
offen: Was ist der Sinn des Lebens, für den es sich mit aller Kraft
zu kämpfen lohnt, wenn doch ohnehin der Tod bevorsteht? |
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
23.10.2020
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