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Der christlich-dogmatische Liebesbegriff von Daja und dem
Patriarchen
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Figurengestaltung in dramatischen Texten
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Kontrast-
und Korrespondenzbeziehungen der Figuren
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Figurenkonstellation
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Konfiguration
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Figurenkonzeption
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Figurencharakterisierung
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Daja-Szenen im Dramentext von Lessing
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Daja im Rahmen der
Szenenanalysen
Die Figur der
Daja
in
Lessings
Drama »Nathan
der Weise« kann als wichtige ▪
Nebenfigur unter verschiedenen Aspekten betrachtet und
interpretiert werden.
Und auch die
Meinungen von Schülerinnen und Schülern gehen, wenn es um sie
geht öfters auseinander. Ein paar typische Urteile und Thesen
über Daja werden mit den folgenden Sprechblasen zur Darstellung
gebracht,
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Ausführlicher geht folgende Interpretationsaussage
auf den Charakter von Daja ein:
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Daja
und der
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Patriarch stehen im »Nathan« für einen christlich-dogmatischen
Liebesbegriff, der katholische wie orthodox-lutherische Elemente
aufweist.
Sie folgen der Auffassung, wonach "die verderbte menschliche
Natur der Erlösung durch Christi Kreuzestod bedürfe und nur der Glaube
daran zur ewigen Seligkeit verhelfe" (Fick
2010, S.506) Dabei ergeben sich die Nuancen, wie sie die Bedeutung
der christlichen Liebe im "Sühne-Gnade-Erlösungszusammenhang" (ebd.)
sehen, aus ihren unterschiedlichen Lebenserfahrungen und ihrem Status in
der christlichen Religionsgemeinschaft.
"Getrieben von Ungeduld ihrer
Religiosität und von der Stärke ihrer Europasehnsucht" (Kröger
1991/98, S.32) stehen Daja in ihrer Naivität wohl Bilder des
»Jüngsten Gerichts vor Augen, bei dem alle ungetauften "Heidenkinder"
ebenso wie diejenigen, die sich mit Todsünden beladen haben, der
»ewigen Verdammnis in der Hölle, bestenfalls als »arme
Seelen dem »Fegefeuer
überantwortet werden.
Um ihrem Pflegekind ein solches Schicksal, ein
anderes ist ihr angesichts der bestehenden Verhältnisse überhaupt nicht
vorstellbar, zu ersparen, zieht sie schon in ihrer Erziehung bestimmte
Register der schwarzen Pädagogik zieht, wenn sie mit
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Quälen und Ängstigen (V,6) Recha verunsichern und zum christlichen
Glauben drängen will. Zudem bricht sie bei erster Gelegenheit das Nathan
gegebene Versprechen und will mit Hilfe des Tempelherrn Recha zu dem
Glauben zurückbringen, den sie als
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getauftes Christenkind quasi von Natur habe.
(III,10) Was Recha einige Zeit später, nachdem auch sie von Daja
über ihre Herkunft und die Tatsache, dass Nathan nicht ihr wirklicher
(biologischer) Vater ist, in Kenntnis gesetzt wird (IV,8),
über Daja in ihrem
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Gespräch mit Sittah (V,6) äußert, stellt in gewisser Hinsicht "auch
eine abschließende, psychologisch einfühlsame Würdigung der »guten
bösen Daja«" (Sedding
1992, S.87) dar. Zugleich spricht wohl auch Lessing selbst aus
diesen Worten. Auf die Frage Sittahs, wer Daja sei, urteilt Recha über
ihre Pflegemutter:
Eine Christin, die
In meiner Kindheit mich gepflegt; mich so
Gepflegt! – Du glaubst nicht! –
Die mir eine
Mutter
So wenig missen lassen! – Gott vergelt'
Es ihr! – Die aber mich
auch so geängstet!
Mich so gequält! [...]
Ach! die arme Frau, – ich sag'
dirs ja –
Ist eine
Christin; – muß aus Liebe quälen; –
Ist eine von den Schwärmerinnen, die
Den allgemeinen, einzig wahren Weg
Nach Gott, zu wissen wähnen! [...]
Und
sich gedrungen fühlen, einen jeden,
Der dieses Wegs verfehlt, darauf zu lenken. –
Kaum können sie auch anders.
Denn ists wahr,
Daß dieser Weg allein nur richtig führt:
Wie sollen sie gelassen ihre Freunde
Auf einem andern wandeln sehn, – der
ins
Verderben stürzt, ins ewige Verderben?
[...] Ihr
Seufzen,
Ihr Warnen, ihr Gebet, ihr Drohen hätt'
Ich gern noch länger ausgehalten; gern!
Es brachte mich doch immer auf Gedanken,
Die gut und nützlich."
Neben Daja ist es vor allem der
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Patriarch, der den "Sünde-Gnade-Erlösungszusammenhang, den die
christliche Religion postuliert" (Fick
2010, S.506), mit aller, geradezu inquisitorischen Härte eines
religiösen Fanatikers vertritt, wenn er als höchster Repräsentant
des Christentums in Jerusalem nicht nur aus Eigeninteresse - und
schon damit gegen die ▪ Agape verstoßend - handelt und mit seinem
Dogmatismus, seiner Menschenverachtung und Hinterlistigkeit gegen
alles verstößt, was das christliche Liebeskonzept auszeichnet. Wenn
er dem Tempelherrn, der in seiner Gewissensnot von ihm wissen will,
wie man mit einem Juden umgehen müsse (er nennt den Namen Nathans nicht),
der ein christliches Kind angenommen habe und als Jüdin aufwachsen lasse,
nur die stereotype Antwort gibt »der
Jude wird verbrannt« (IV,2),
dann zeigt er sich mit seiner "flammenden Brandrede"
als "Inkarnation dogmatischer Verblendung" (Jung
2010, S.70), "dem, im Wahn die einzig richtige Wahrheit zu besitzen -
eben den richtigen Ring! -" alle Mittel zur Durchsetzung seiner Interessen
recht sind. (ebd.,
S.71) (vgl. u. a.
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Der
Typus des dogmatischen Fanatikers)