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Bausteine zum historischen Hintergrund von Lessings Nathan der Weise

Geschichte der Kreuzzüge

Voltaire (1694-1778, übersetzt v. Lessing u. a.)


FAChbereich Deutsch
Center-Map Glossar Literatur Autorinnen und Autoren Gotthold Ephraim Lessing  Nathan der Weise
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Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) hatte ein überwiegend positives Verhältnis zum Islam, den er als "natürliche" Offenbarungsreligion nicht zuletzt wegen seiner Toleranz gegenüber anderen Religionen wertschätzte. Dabei geht diese Wertschätzung des Islam und insbesondere auch des Sultans Saladin auf seine Beschäftigung mit den Quellen zur Geschichte des Islam zurück. So übersetzte Lessing 1751 die historischen Essays von Voltaire (1694-1778), darunter »Von dem Korane und dem Mahomed« und »Geschichte der Kreuzzüge«. 1753 übersetzte er Marignys Histoire de Arabes. Im Anschluss daran beschäftigte er sich noch mit anderen Werken über Saladin und die Geschichte des 3. Kreuzzuges, darunter die 1761 von E. G. Küster übersetzte Historie de Saladin (1758) von Francois Louis Claude Marin (1721 - 1809), aus, aus der wohl die meisten historischen Details stammen, die in den "Nathan" eingegangen sind. (vgl. Nisbet 2008, S.785)

Nach diesen unglücklichen Feldzügen [während des 2. Kreuzzuges 1147-49] waren die Christen in Asien weit mehr unter einander uneins, als jemals. Eben diese Wuth herrschte unter den Muselmännern. Der Vorwand der Religion hatte weiter keinen Antheil an den politischen Angelegenheiten. [. . .]
Mitten unter diesen Unruhen kam der große Saladin, ein Neffe des Noradins, Sultans von Aleppo, zum Vorschein; er eroberte Syrien, Arabien, Persien und Mesopotamien. Ein Tempelherr, Namens Melieu, verließ seinen Orden und seine Religion, um unter diesem Bezwinger zu dienen, und trug viel bey, ihm Armenien zu unterwerfen. Saladin, Herr so vieler Länder, wollte mitten unter seinen Staaten das Königreich Jerusalem nicht lassen. Heftig gegen einander erbitterte Parteyen zerfleischten diesen kleinen Staat, und beförderten seinen Untergang. Gvido von Lusignan, gekrönter König, dem man aber die Krone streitig machte, versammlete in Galiläa alle die getrennten Christen, die die Gefahr vereinigte, und marschirte gegen den Saladin. Der Bischof von Ptolemais, der seine Kappe über dem Küraß trug, und zwischen seinen Händen ein Kreuz hielt, munterte die Truppen auf, auf demjenigen Gebiethe, wo ihr Gott so viele Wunder gethan hätte, tapfer zu fechten, nichts desto weniger wurden alle Christen entweder getödtet oder gefangen. [. . .] Da er vor den Thoren Jerusalems, das sich nicht weiter wehren konnte, ankam, stund Saladin der Gemahlinn des Lusignans, wegen Übergabe der Stadt, einen Vergleich zu, dergleichen sie nicht hoffte. Er erlaubte ihr, sich hinzuwenden, wo sie hin wollte. (1187) Er verlangte von den Griechen, die in der Stadt blieben, keine Ranzion, und von den Lateinern nahm er nur eine geringe. Als er seinen Einzug in Jerusalem hielt, warfen sich eine Menge Weibespersonen zu seinen Füßen, deren einige um ihre Männer, andere um ihre Kinder, noch andere um ihre Väter baten, die er gefangen hielt. Er gab sie ihnen insgesammt mit einer Großmuth, die in diesem Theile der Welt noch kein Exempel hatte, wieder. Saladin ließ durch die Hände der Christen selbst die Moschee, die in eine Kirche war verwandelt worden, mit Rosenwasser waschen. Er ließ 1187 einen prächtigen Lehrstuhl darinnen aufrichten, daran sein Oheim Noradin, Sultan von Aleppo, selbst gearbeitet hatte und über die Thür ließ er diese Worte graben: ›Der König Saladin, der Knecht Gottes, setzte diese Überschrift, als Gott durch seine Hände Jerusalem eingenommen hatte.‹ Aber ungeachtet seines Eifers für seine Religion, gab er doch den morgenländischen Christen die Kirche des heiligen Grabes wieder. Wenn man dieses Bezeigen mit der Christen ihrem, als sie Jerusalem einnahmen, in Vergleichung zieht, sieht man leider! wer die Barbaren seyn. Man muß noch hinzu fügen, daß Saladin, nach Verlauf eines Jahres, dem Gvido von Lusignan die Freyheit wieder gab, nachdem er einen Eid von ihm genommen hatte, daß er niemals die Waffen wider seinen Befreyer tragen wollte. Lusignan hielt sein Wort nicht. [. . .]
Indessen hatten die Christen in Asien nichts mehr, als Antiochia, Tripoli, Joppe und die Stadt Tyr, die ehemalige Beherrscherinn der Meere, damals aber schlechte Zuflucht der Überwundenen. Saladin besaß alles das übrige, theils für sich, theils durch seinen Eidam den Sultan zu Ikonium oder Cogni, der das Land, das wir heut zu Tage Karamanien nennen, beherrschete. Durch das Gerüchte von den Siegen des Saladins, wurde ganz Europa beunruhigt. Der Pabst Clemens der dritte erregte Frankreich, England und Deutschland. [. . .] Kleinasien war ein Abgrund, worein sich Europa gestürzet hatte. Nicht allein diese unbeschreibliche Armee des Kaisers Friedrichs war verloren, sondern die englischen, französischen, italiänischen und deutschen Flotten, die noch vor der Ankunft Philipp Augusts und Richards, genannt Löwenherz, anlangten, hatten neue Kreuzfahrer und neue Schlachtopfer herbeygebracht. Endlich kamen die Könige von Frankreich und England in Syrien vor Ptolemais, das man Akre nennt, an. Fast alle Christen im Oriente hatten sich versammlet, diese Stadt, die man als den Schlüssel des Landes ansahe, zu belagern. Saladin war in der Gegend des Euphrats in einen innerlichen Krieg verwickelt. Nachdem die beyden Könige ihre Macht mit der orientalischen Christen ihrer vereiniget hatten, zählte man über dreymal hundert tausend Soldaten. Ptolemais wurde zwar wirklich erobert (1190), allein die Uneinigkeit, die nothwendig zween Prinzen, wie Philippus und Richard, die nach gleichen Ehren und Vortheilen mit gleichem Eifer trachteten, trennen mußte, richtete größern Schaden an, als diese dreymal hundert tausend Mann glückliche Thaten verrichteten. Philippus, dieser Trennungen müde, noch mehr aber über die Überlegenheit und über das zu sehr überhand nehmende Ansehen, welches Richard sein Lehnsmann, in allem hatte, verdrüßlich, kehrte in sein Vaterland zurück, welches er vielleicht gar nicht hätte verlassen, itzt aber wenigstens mit mehrerm Ruhm hätte wiedersehen sollen. Richard, der nun Herr von dem Felde der Ehren, nicht aber von dieser Menge der Kreuzfahrer war, die unter einander noch weniger, als die beyden Könige, eins waren, ließ vergebens die heldenmäßigste Tapferkeit sehen. Saladin, der siegreich aus Mesopotamien zurück kam, lieferte den Kreuzfahrern eine Schlacht bey Cäsarea. Man sahe diesen Bezwinger an der Spitze seiner Mahometaner und den Richard an der Christen ihrer, einer gegen den andern, als zween Ritter auf dem Turnierplatze, fechten. Richard hatte die Ehre, den Saladin aus dem Sattel zu heben; und das war fast alles, was er in dieser merkwürdigen Schlacht gewann. Die Strapatzen, die Krankheiten, die kleinen Schlachten, die beständigen Zänkereyen rieben diese große Armee auf, und Richard kehrte zwar mit mehrerem Ruhm, als Philipp August, aber auch auf eine weit unbehutsamere Art zurück. [. . .] Dieser berühmte Muselmann [Saladin], der mit dem Richard einen Tractat gemacht hatte, vermöge dessen er den Christen die Seeküste von Tyr bis nach Joppe überließ, und das übrige alles für sich behielt, hielt sein Wort, davon er ein Sklave war, redlich. Er starb (1195) funfzehn Jahre darnach zu Damasco, von den Christen selbst bewundert. Er hatte in seiner letzten Krankheit, statt der Fahne, die man vor seine Thüre zu pflanzen pflegte, das Tuch, darinnen man ihn begraben sollte, bringen lassen. Der, welcher die Todesfahne hielt, rufte mit lauter Stimme aus: ›das ist alles, was Saladin, der Bezwinger des Orients, von seinen Siegen davon trägt.‹ Man sagt, er habe in seinem Testamente verordnet, gleichgroße Summen unter die armen Mahometaner, Juden und Christen, als Allmosen, auszutheilen, durch welche Verordnungen er habe zu verstehen geben wollen, daß alle Menschen Brüder wären, und man, um ihnen beyzustehen, sich nicht darnach, was sie glaubten, sondern, was sie auszustehen hätten, erkundigen müßte. Er hatte auch niemals um der Religion willen jemand verfolget; er war zugleich ein Bezwinger, ein Mensch, und ein Philosoph.
(aus: Voltaire, Geschichte der Kreuzzüge, Lessings Übersetzungen aus dem Französischen, zit.n. Erläuterungen und Dokumente. Nathan der Weise, hg.v. Peter von Düffel, Stuttgart: reclam 1985, S.78-81)

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   Arbeitsanregungen:
  1. Arbeiten Sie heraus, welche Charaktereigenschaften Saladins von Voltaire hervorgehoben werden.

  2. Worin bestehen seine historischen Leistungen?

  3. Vergleichen Sie die Darstellung Saladins mit der von Marin und der Lessings im Nathan.

 →Operatorenkatalog des Landes Baden-Württemberg)
 

 
   
 

 
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