Der nachfolgende Text stellt den Beginn einer
Textinterpretation dar, die ein Schüler der Jahrgangsstufe 12
verfasst hat. Es ist ein Auszug, also nicht der vollständige Text.
Franz Kafka wurde 1883 in Prag als Sohn seiner Eltern Hermann und Julie
geboren. Hermann Kafka war in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen und
ließ das seine Kinder oft spüren, weil er offensichtlich der Ansicht war,
sie müssten zumindest annähernd ähnliche Verhältnisse erleben. Die
ständigen Vorwürfe und Verletzungen der Seele durch seinen Vater finden
sich auch im literarischen Werk Kafkas wieder, der sie darin bis zu seinem
frühen Tod
durch Tuberkulose im Jahr 1924 verarbeitet..
Der Text "Der Schlag ans Hoftor" handelt von einem Geschwisterpaar und
deren unbegründeten Anklage, nachdem die Schwester an ein Hoftor
geschlagen hat. Die Handlung findet auf dem Land statt, wo sich die beiden
Städter nicht auskennen. Aus der beiläufigen Tat der Schwester entsteht
eine Situation, in der sich der Erzähler allein verantworten muss und
schließlich ins Gefängnis kommt. Nachdem der Bruder anfangs noch an eine
einfache Lösung der absurden Situation denkt, zeigt sich bald, dass das
Umfeld ihm eine unbegründete Schuld gibt und sie so mächtig ist, dass er
sich ihr nicht widersetzen kann. Die Unbekümmertheit weicht der
Erkenntnis, dass er sich seinem Schicksal fügen muss.
Die Geschwister scheinen eine recht gute Beziehung zu einander zu haben,
weil einerseits der Bruder den Kopf für seine Schwester hinhalten will und ihr auch
keine böse Absicht unterstellt, andererseits aber auch die Schwester ihn
nicht allein lassen will. Als sie dann aber auf sein Drängen hin doch
geht, sieht er sich der Übermacht des Richters allein gegenüber. Dieser
wirkt ganz eindeutig einschüchternd und beängstigend auf ihn (vgl. Z
...).
Er sieht keinen Grund für eine Bestrafung, wird aber dennoch grundlos
verurteilt. Der Richter genießt ein hohes Ansehen und niemand wagt es, ihm
zu widersprechen. Auch der "stille Gehilfe", der "Aßmann", steht ihm nicht
zur Seite, sondern erscheint unbedeutend neben dem Richter, wenngleich
auch herausragend aus der Gruppe der Reiter (vgl. Zeile ...).
Die Dorfbewohner sind zwar freundlich und andeutungsweise mitleidsvoll,
aber sie bieten keine wirkliche Hilfe. Sie sind mehr Beobachter, die mit
dem eigentlichen Geschehen nichts zu tun haben.
Bei dem Text handelt es sich um die epische Kleinform Parabel. Wie eine
Kurzgeschichte hat die vorliegende Textsorte einen unvermittelten Anfang,
ein offenes Ende und nur vage Orts- und Zeitangaben. Hinzukommt die für
eine Parabel typische Gleichnishaftigkeit des Geschehens, die Tatsache
also, dass das Gesagte nicht identisch mit dem Gemeinten ist. Auf das
Gemeinte soll lediglich durch die Konkretisierung im Gesagten hingewiesen
werden. Der für ein zureichendes Textverständnis nötige Analogieschluss
muss also vom Leser mitvollzogen werden. Im Gegensatz zur Allegorie wird
bei der Parabel, wie im vorliegenden Fall auch, ein Ereignis erzählt. Für
die Interpretation einer Parabel ist der vom Leser zu vollziehende
Analogieschluss vom Bildbereich des Erzählten in den Sachbereich des
tatsächlich Gemeinten grundlegend. In der vorliegenden Parabel kann man
die wesentlichen Elemente des Bildbereichs auf den Lebenslauf bzw. die
Lebensumstände des Autors selbst beziehen (Sachbereich), d.h. Franz Kafka
hat in dieser Parabel "versteckt" seine eigene Lebenssituation
beschrieben.
So lässt sich der Ich-Erzähler der Parabel mit dem realen Menschen / Autor
Franz Kafka vergleichen, der es wie jener mit einer ihm feindlich
gesinnten oder bloß feindlich erscheinenden Umwelt aufnehmen muss.
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