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Lyrische Texte interpretieren (Schulische Schreibform)
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Grundbegriffe zur Gedichtinterpretation
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Leitfragen und Aufgaben
In seinem Gedicht "Ebenbild
unseres Lebens" beschreibt
Andreas Gryphius
die Unterschiede des Menschen und wie diese damit umgehen. Die erste
Strophe stellt die Position des Menschen in der Welt und im Leben dar,
wobei auch der Gegensatz zwischen reich und arm, die jeweiligen
Wohngelegenheiten und die verschiedene Auffassungen vom Leben genannt
werden. In der zweiten Strophe wird stark auf die Vergänglichkeit jedes
Lebewesens und anderer Dinge eingegangen. Die dritte Strophe zeigt
nochmals den Unterschied von arm und reich, wobei auch gesagt wird, dass
nach dem Tode alle gleich sind. Am Ende des Gedichtes, also in der letzten
Strophe, wird ein Ratschlag und eine Aufforderung ausgesprochen, und dabei
wird auch wieder auf die Vergänglichkeit des Lebens und der anderen Dinge,
wie Kron, Weisheit usw. hingewiesen.
Das Gedicht ist in Form eines Sonetts, 2 Quartette, 2 Terzette
geschrieben. Die 1. und die 2. Strophe bilden den Aufgesang, die 3. und
die 4. Strophe bilden den Abgesang. Der
Alexandrinervers
ist im ganzen Gedicht vorhanden, was daran zu erkennen ist, dass
durchgehend der sechshebige
Jambus mit Mittelzäsur verwendet wird.
In der ersten Strophe wird das Leben der Menschen und diese selbst
beschrieben. Es wird gesagt, dass der Mensch mit dem Leben ("Spiel der
Zeit") spielt ("spielt weil er allhie lebt"), dass er nie stehen bleibt
("er sitzt und doch nicht fest"), sondern durch das Schicksal bestimmt
auf- und absteigt ("der steigt, jener fällt"), was seine Stellung in der
Gesellschaft meint, und dass es materielle Unterschiede zwischen den
Menschen gibt ("schlechtes Dach" vs. "Paläste"). Dieser Gegensatz zwischen
arm und reich wird durch die in jedem Vers vorhandene Mittelzäsur
verstärkt. Der umschließende Reim (lebt - feste; Paläste - webt) zeigt,
dass das Spiel, als das durch die in den Versen 2 und 3 im Paarreim
erwähnten Beispiele bestimmt wird. Strophe 2 dagegen beschreibt die
Vergänglichkeit aller Dinge ("was gestern war ..., wird morgen
untergehen"). Auch hier sind Metaphern gebraucht, die für das Schicksal
("Glück"), das Leben ("grüne Äste, zarte Seide"), den Tod ("dürr und tot",
scharfes Schwert) und die Vergänglichkeit ("Gäste") stehen. Die
Mittelzäsur macht hier das Ausmaß der Vergänglichkeit äußerst deutlich.
Auch in dieser Strophe sind der umschließende Reim ("erhebt - Äste, Gäste
- schwebt") und der Paarreim verwendet worden. Der Zeilensprung vom 2. auf
den 3. Vers verstärkt die Zusammengehörigkeit des eingeschlossenen
Paarreims. Die dritte Strophe zeigt stark die Unterschiede zwischen arm
und reich ("nicht von gleichem Stande, jener gräbt im Sande"), wobei auch
die Gleichheit ("gleich am Fleisch", "der Tod uns gleiche macht"), die von
Natur aus besteht erwähnt wird. Da in dieser Strophe ebenfalls die
Mittelzäsur enthalten ist, wird der Gegensatz stark verdeutlicht. Dadurch
dass hier für Vers 1 und 2 ein Paarreim ("Stande, Sande") und für Vers 3
der Strophe und Vers 3 der 4. Strophe ein umschließender Reim verwendet
wurde, wird die Zusammengehörigkeit dieser beiden Strophen sichtbar und
der Begriff "entraubter Schmuck" wird dann im letzten Vers erläutert und
als vergänglich beschrieben. Die letzte Strophe enthält einen in einen
Paarreim gefassten ("leidet, lernt, scheidet") Ratschlag, dem durch die
Mittelzäsur ein bestimmter Nachdruck verliehen wird. nämlich dass man das
Leben ("ernstes Spiel"), welches ernst ist, genießen soll, aber auch an
andere denken soll und daran, dass alles vergänglich ist, was man sich
erwirbt.
Durch die Sonettform des Gedichtes wird eine Steigerung der Gegensätze
erreicht und die durchweg verwendete Mittelzäsur und der Alexandrinervers
geben dem Gedicht etwas Nachdrückliches und Hinweisendes. Da die Gedichte
der Barockzeit für die Adeligen und Reichen geschrieben wurden, glaube
ich, dass dieses Gedicht die Oberschicht anregen sollte, über ihr
Verhalten und ihr Leben nachzudenken, was in dieser Zeit ja sehr selten
ist, da in den Gedichten sonst nur der Reichtum repräsentiert wird.
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
08.02.2024