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Karl-Heinz Körblein hebt bei seiner Rezension der von Dietmar Rahnefeld
und Peter Sodann )Neues Theater Halle/ Goethe-Theater Bad
Lauchstätt) inszenierten Aufführung am Theater in Schweinfurt als
besonders wichti (Mainpost, Würzburg, 20.09.1999) [...] Gespielt wird
auf einer Baustelle. Während Beethovens Ouvertüre zu hören ist, passiert
zunächst nichts. Sieben, vielleicht auch neun lange Minuten und dann nicht
das erwartete Armbrustschießen, sondern das Gespräch der Bauleute:
grummelt in den von Spanien beherrschten Niederlanden.
Schnell wird klar, dass Dietmar Rahnefeld und Peter Sodann für ihre
Inszenierung (neues theater halle/Goethe-Theater Bad Lauchstädt) die
Vorlage recht kräftig gestrafft und dabei vor allem die ersten drei
Aufzüge stark komprimiert haben. Dies tut dem Werk freilich keinen
Abbruch, gibt den Figuren vielmehr deutlich schärfere Konturen. Der
charismatische Führer ist ein Träumer, ein Zauderer, ein Rhetoriker ohne
wirkliche Substanz. Der recht junge Matthias Otte spielt ihn also nicht
als Helden, er zeigt ihn vielmehr eitel, ein wenig oberflächlich, ohne Ohr
für
Oraniens (Johannes Gabriel)
realistische Einschätzung der politischen Lage. [...]
Geschickt verwebt die Inszenierung den politischen Handlungsfaden mit der
Liebesgeschichte. Der Blick auf die Baustelle, auf der die braven Bürger
wohl unwissentlich das spätere Gefängnis ihres Herrn errichten, bleibt
offen. Das Geschehen um
Klärchen spielt sich am
Rande der Bühne ab. Gritt Galisch zeigt dabei ein Mädchen von kindlichem
Ungestüm. Zunächst zickig gegenüber dem bis zur Selbsterniedrigung
ergebenen
Brackenburg (Till Schmidt),
zärtlich aufblickend zu
Egmont, der in ihrer Nähe
der Wirklichkeit noch mehr entrückt. Ganz leise, ganz unsentimental ihr
Sterben, als sie vom Todesurteil für Egmont erfährt, ihr versöhnlicher
Kuss für Brackenburg. Auch hier kräftig die Striche der Regie, ohne etwas
zu verlieren. Goethe, der als Politiker wohl gewiss kein Freiheitsheld
war, wollte Egmont nicht scheitern lassen. Im Traum wird ihm der
Lorbeerkranz gereicht, Gritt Galisch trägt ihn im Spitzentanz fast
schwebend in die Todeszelle. Als die Trommeln erklingen, der Tag anbricht,
ist sie verschwunden. Lang anhaltender Applaus.
(aus: Karl-Heinz Körblein, Nur ein eitler Träumer, in: Mainpost,
Würzburg, 20.09.1999, Auszüge)
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