Seine eigenen
Fähigkeiten angemessen einschätzen
Nicht jede Schreiberin oder jeder Schreiber kommt mit dem
Zusammenfassen von Texten gleichermaßen zurecht. Warum dies so
ist, kann viele Gründe haben.
Am besten macht man sich zunächst einmal selbst darüber
Gedanken, wie man gewöhnlich schreibt. Das kann man alleine tun
oder die Unterstützung anderer Personen suchen, die einem ▪
Feedback
geben können.
-
Feedback kann die Lehrkraft geben, wenn sie mitteilt, was man
als Schüler/-in beim Schreiben einer Textwiedergabe gut und was man
noch weniger gut kann.
-
Aber auch die Mitschüler und
Mitschülerinnen sind dabei gefragt. Oftmals tut man sich einfach
leichter, wenn die Gleichaltrigen einem rückmelden, was sie von
dem halten, was man beim Schreiben zustande gebracht hat. Dieses
Feedback nennt man
Peer-Feedback.
Damit Feedback und insbesondere das Peer-Feedback einem
Schreiber helfen, seine Fähigkeiten angemessen einzuschätzen (metakognitive Fähigkeiten),
also im besten Sinne eine förderliche Wirkung entfalten kann (▪
förderliches
Feedback), muss es gut "gemacht" sein. Das bedeutet, dass man sich an
bestimmte Regeln halten muss, wenn man einem anderen
▪
Feedback
gibt oder selbst von anderen ▪
Feedback
bekommt.
Nur weil man bei einer Gruppenarbeit mit anderen Mitschülern
unter sich bleibt, wird das, was beim
Peer-Feedback vorgebracht wird
und vor allem auch, wie es gesagt wird, ja nicht grundsätzlich
positiv.
-
Man muss sachlich und konstruktiv nämlich auch dann
seine Meinung vorbringen, wenn man mit einem Teammitglied
ansonsten nicht unbedingt besonders gut auskommt.
-
Und man muss
Kritik, die man im Zusammenhang mit einer Rückmeldung bekommt,
auch stehen lassen können, ohne dass man sich sofort gegen den
"Angreifer" verteidigt.
Dies und eine Reihe weiterer
Gesichtspunkte mehr, gilt es also zu beachten, wenn man
Feedback-Prozesse in Gang setzt.
Das gilt auch bei der Verwendung von Formularen, wie sie in
diesem Arbeitsbereich angeboten werden. Das, was darauf
festgehalten wird, sollte stets im Gespräch erläutert
werden.
Ein ▪
förderliches
Feedback zu geben und zu nehmen kann man lernen, wenn man sich z. B.
beim Feedback-Geben an den nachfolgenden Kriterien orientiert.
Aber Gemach: Nicht alles auf einmal, sondern Stück für Stück.
Der/ die
schreibblockierte Zusammenfasser/-in
Neben diesen allgemein gehaltenen Anregungen, mit
auftretenden ▪ Schreibschwierigkeiten
bis hin zu Schreibblockaden umzugehen, geht es aber auch
darum, besondere Probleme zu identifizieren, die bei allen ▪
Formen der Textwiedergabe
gleichermaßen auftreten können.
Man spricht in diesem Zusammenhang sogar vom
Typus des
schreibblockierten Zusammenfassers, der
-
den
Sinn des jeweils rezipierten Textes nichtzur Kenntnis nimmt
-
den
Sinn des Textes in viele verschiedene "Einzelsinne"
zerlegt
-
den
Sinn des rezipierten Textes damit aus den Augen verliert
(vgl.
Keseling (2004)
nach
Girgensohn/Sennewald 2012,
S.47f.
Grundproblem: Mangelndes Vertrauen in oder keine ausreichende
Rezeptionskompetenz
Man kann die eigentliche Ursache von Fehlverhalten beim
Zusammenfassen, wie es der/ die chreibblockierte
Zusammenfasser/-in zeigen, darin sehen, "dass sich die
Aufmerksamkeit der AutorInnen zu sehr und zu lange auf den
gerade gelesenen Text richtet und dass dadurch die
Zusammenfassung bzw. die Bildung von Essentials oder die Bildung
eines Konzepts für den eigenen Text versäumt oder beeinträchtigt
wird." (Keseling
2004, S.101)
-
SchreiberInnen, die Probleme beim Zusammenfassen von
Texten haben, zeigen
im Allgemeinen einen "zu großen Respekt vor dem Wortlaut des fremden
Textes" und offenbaren "zu geringe(s) Vertrauen in die eigenen
Fähigkeiten, fremde Texte zu rezipieren und zu verstehen." (Keseling
2006, S.211, zit. n.
Girgensohn/Sennewald 2012,
S.47)
Unter diesen Voraussetzungen kann man mit Textzusammenfassungen
bestenfalls, einen Text überzeugend
paraphrasieren,
neigt aber beim Zusammenfassen dazu, viel zu viel wörtlich oder
sinngemäß zu exzerpieren.
Vor der
Schreibblockade stehen missglückte Teilhandlungen
Wenn es zur Schreibblockade kommt, gehen ihr "in
der Regel eine Kette von nicht geglückten Teilhandlungen voraus" (Keseling
2004, S.31).
-
Das beginnt oft schon bei dem Versuch, den Text zu
erfassen. Statt sich z.B. in Form des
kursorischen Lesens um das
Erfassen größerer Textzusammenhänge zu bemühen, wird schon beim ersten
Lektüredurchgang das intensive Lesen praktiziert, bei dem man sich
an
Details festlesen kann.
-
Und nicht nur das: Der dadurch erheblich verlangsamte
Texterfassungsprozess wird dazu noch aufgrund von Ängsten und
Unsicherheiten, aber auch aufgrund von falschen Annahmen über die
bestmögliche Organisation des Texterfassungsprozesses noch zusätzlich
langsamer gemacht mit allen Folgen wie Zeitdruck und ähnlichem.
-
Denn
statt den Text mehrfach zu lesen - man glaubt dann allen Ernstes dies
sei die eigentliche Zeitverschwendung! - werden schon beim ersten Lesen
eines Primärtextes, aus Angst, Wesentliches zu übersehen, viel zu viel
und dazu noch ganze Sätze oder längere Textpassagen angestrichen oder
markiert.
-
Oft setzt sich dies fort in einem Verfahren, bei dem
Schreiberinnen und Schreiber sich beim Lesen eine Unmenge von Notizen
machen und eine besonders große Anzahl von Textstellen wörtlich oder
sinngemäß exzerpieren. Oft gelingt es diesen Schreibern dann nicht mehr,
ihre Zitatensammlung zu einem
kohärenten Text zusammenzufügen. (vgl.
ebd., S.96ff.)
So kann man die Schreibblockade verhindern
Wer etwas gegen Schreibblockaden beim Zusammenfassen
tun will, kann auf verschiedene Gegenstrategien setzen.
Das Leseverhalten ändern
Zuallererst muss man sein
Leseverhalten
ändern. Dabei geht es darum, durch eigene Erfahrungen das Vertrauen
(zurück-)zugewinnen, dass man auch
bei gezieltem und selektivem Lesen noch immer das Wesentliche eines
Textes erfassen kann. Dabei wird man feststellen, dass die
Texterfassung dann sogar noch schneller geht als mit dem vorher
praktizierten
Fehlverhalten.
Wenn also der Primärtext zu sehr im Vordergrund steht,
muss man Wege gehen, um dies zu vermeiden.
-
So kann man sich angewöhnen,
die erste Textzusammenfassung zu schreiben und dabei den Primärtext
ganz zur Seite zu legen.
-
In
teilweise
kooperativen Schreibprozessen wie z. B.
Schreibkonferenzen
u. ä. kann man anderen Schreibgruppenmitglieder sagen, wie man den Text verstanden
hat.
-
Wer zuviel herausschreibt, sollte einfach einmal versuchen, die
Formulierungen, die zu eng am Text der Vorlage festhalten, wegzulassen und sich allein auf den Gedankengang des Primärtextes
konzentrieren. Wörtliche oder singgemäße Zitate, werden, wenn sie mit
den Regeln der jeweiligen Form der Textwiedergabe überhaupt
vereinbar sind, erst in einem
zweiten Arbeitsgang hinzugefügt.
-
Erst
denken, dann schreiben ist hier wohl die Devise, um den Fokus
auf die eigene Planung des Schreibens und die
Vorab-Konzeptbildung
zu legen. (vgl.
ebd.,
S.99f.)
Besondere Schwierigkeiten und
Probleme beim Zusammenfassen
Neben dem oben dargestellten Grundproblem bei
Schreibstörungen und -blockaden im Zusammenhang mit
Textwiedergaben gibt es aber noch weitere Probleme, die mit ganz
bestimmten Teilhandlungen beim Schreiben von Textwiedergaben
zusammenhängen.
Bei den "Häufig gestellten Fragen" (auch Frequently
Asked Questions = FAQ's, die wir z. B. zur ▪
Inhaltsangabe (FAQs) und zur ▪
strukturierten Textwiedergabe (FAQs)
zusammengestellt und beantwortet haben, werden ganz spezielle
Fragen dazu aufgeworfen.
Das Wesentliche eines Textes erkennen
Wenn die Textwiedergabe das Wesentliche eines Textes in
sprachökonomisch verkürzter Form zusammenfassen soll, dann ist
Frage, was das Wesentliche eines Textes ausmacht, von
zentraler Bedeutung.
So unverzichtbar die Antwort darauf ist, so wenig lässt sich
jedoch eine eindeutige Antwort darauf geben.
Dabei steht das Ziel außer Frage: Es geht darum, "wichtige
von unwichtigen Inhaltselementen zu trennen, das Wichtige neu zu
verknüpfen und
auf
einer abstrakteren Ebene zu reformulieren."
(Steets
2007, S.84ff., Hervorh. d. verf.)
Um dies
leisten zu können, bedarf es geeigneter Kriterien, mit denen
sich die Spreu vom Weizen scheiden lässt, um auf diese Weise
einem Leser der Textwiedergabe, "der den Primärtext nicht oder
nur unzureichend kennt, eine möglichst genaue Textkenntnis zu
vermitteln." (ebd.)
Grundsätzlich lassen sich entsprechende "Relevanzkriterien"
auf zweierlei Weise herleiten:
-
Sie können
aus dem Text und seinen Strukturen (z. B. argumentative,
erzähltechnische oder andere Strukturen) selbst
herausgearbeitet und zu "größeren und abstrakteren Einheiten
begrifflich zusammengefasst werden (Makrostrukturen)."
(Becker-Mrotzek/Böttcher
2011, S.176, Hervorh. d. Verf.)
-
Sie können
sich aus einer eigenen Fragestellung ergeben, die den
Fokus auf den Inhalt oder den Handlungszusammenhang
eines Textes richten. (vgl.
ebd.)
Dabei
muss man sich aber dessen bewusst sein, dass es keine
unabhängig vom erkennenden Subjekt vorhandenen Strukturen eines
Textes gibt. Ein Dilemma, in dem sich alle Textwiedergaben
zurechtfinden müssen. Ob man so die Verunsicherung von
Schülerinnen und Schülern beim Zusammenfassen verringern kann,
ist zumindest zweifelhaft. (vgl. FAQ
zur
strukturierten
Textwiedergabe: ▪Woher soll
ich wissen, was wichtig und was unwichtig im Text
ist?)
Die
Festlegung darauf, dass die Zusammenfassung "dem Primärtext
nichts hinzufügen und nichts Wesentliches weglassen (darf)" (ebd.
S.185) allein reicht jedenfalls nicht, um "Schülern konkrete
und nachvollziehbare Einsichten in das Verfassen, die Struktur
und die Funktion von Zusammenfassungen" (ebd.)
zu vermitteln.
Um den
unzutreffenden und oft demotivierenden ▪
Alltagshypothesen über das Schreiben einen Riegel
vorzuschieben, setzt man also am besten auf kleinschrittige
Verfahren, die einem helfen, das Schreiben von Zusammenfassungen
als etwas zu erleben, das systematisch ein systematisch gelehrt
und auch gelernt werden kann.
So kann man eben auch lernen,
"dass es lernbare Verfahren der Textkondensation gibt"
(Auslassen, Selektieren, Generalisieren und Integrieren) und
dass es angebbare sprachliche Mittel gibt, um Zusammenfassungen
auszudrücken" (ebd.).
Damit werden die nötigen
Schreibkompetenzen für die Textwiedergabe erworben. (vgl.
auch:
Steets 2007, S.84ff.)
▪
Grundlegende Schreibkompetenzen für die
Inhaltsangabe
Den Text kürzen und verdichten
Wer einen Text zusammenfassen will, soll ihn auf seine
wesentlichen Aussagen reduzieren und seine Informationen bei der
Formulierung der Textwiedergabe irgendwie verdichten. Und: Was
dabei herauskommt, muss nicht nur normgerecht geschrieben und
inhaltlich gesehen korrekt sein, sondern darüber hinaus auch
noch
verständlich. Kurz und gut: Es geht, wie man fachsprachlich
sagt, um sprachliche Ökonomie und Verständlichkeit und
das ▪ Kürzungspotential von
Texten
Textwiedergaben also mit einem Gespür für sprachliche
Ökonomie verfasst werden. Das heißt, dass es bei ihnen auf die
Informationsverdichtung eines vorliegenden Primärtextes
ankommt.
Die Art und Weise, wie man die Informationsverdichtung
erreicht, werden als ▪
Strategien zur Textkondensation bezeichnet.
-
So kann die
Verwendung von bestimmten Fachtermini gelernt werden, die
längere Textpassagen verdichten können (▪
lexikalische Kondensierung). Beispiel: »Lambdasonde« statt
»Messfühler, der über einen Potentialsprung den Sauerstoffrestgehalt
im Abgas vor dem Katalysator ermittelt« (vgl.
Göpferich 2007,
S.414f.).
Ebenso können
Kurzwörter (EDV, EU, Uni, Foto)
und
Abkürzungen
(km/h) dazu beitragen.
-
Zudem
können sogenannte
▪ syntaktische Kondensierungen weitaus wichtiger, bei
denen auf Satzebene bestimmte Aussagen verdichtet werden.
Das geschieht z. B. durch:
-
Nominalisierungen (z.B. adverbiale Bestimmungen in Form von
Präpositionalphrasen statt konjunktionale Nebensätzen)
-
Attribuierungen (z. B. pränominale Attribute statt Relativsätzen:
Der Künstler (, der blind war,) sang eine Arie, → Der {blinde}
Künstler sang eine eine Arie.)
-
Reduktion ganzer Sätze auf
Ellipsen
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Parenthesen und andere Texteinschübe
-
Stilistisch
werden auch vergleichsweise viele passivische
Konstruktionen verwendet
Ein Beispiel
für die lexikalische und syntaktische Kondensierung
-
Die
Nordatlantische Verteidigungsgemeinschaft besteht aus
Staaten, die dem Bündnis vor vielen Jahren beigetreten sind,
und einer Reihe von Staaten, die erst in jüngerer Zeit
dazugekommen sind.
Nach der
Verdichtung könnte es so lauten:
Gert Egle. zuletzt bearbeitet am:
14.02.2023
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