Thema und Inhalt: Da kann man leicht durcheinander kommen
Puh! Die Frage
hat schon so manchen ins Schwitzen gebracht. Und zugegeben, die
Antwort ist auch nicht so einfach, auch wenn es am Anfang ganz
leicht scheint.

Vielen Schülerinnen und
Schülern fällt es schwer, zwischen dem Thema eines Textes und seinem Inhalt
zu unterscheiden. Das liegt aber einfach an der Natur der Sache. Per
Definition unterscheiden lassen sich diese nämlich kaum, denn das Thema
ist letzten Endes auch nichts anderes als die kürzeste Fassung des Textes,
die in knappster Form die Frage beantwortet: Worum geht es in dem Text?
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Wenn man sich
vorstellt, man hat nur "ein paar Worte“ Gelegenheit, um
einem anderen zu sagen, worum es in einem Text geht, kommt
man der Sache mit dem Thema schon ziemlich nahe.
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Wenn man dann
noch überlegt, ob der Betreffende aus dem, was man ihm über
das Thema sagt, eine einigermaßen zutreffende Vorstellung
vom Inhalt des Textes gewinnen kann, dann dürfte das Ganze
ziemlich gut gelingen.
Aber natürlich
hängt das auch sehr von demjenigen ab, dem man etwas über das
Thema mitteilt.
Thema und Kurzinhalt im Aussagekern der Inhaltsangabe
Soll das
formulierte Thema die oben genannte Aufgabe beim Aussagekern der
Inhaltsangabe erfüllen, darf es weder zu allgemein gehalten
sein, noch darf es geradezu identisch sein mit dem Kurzinhalt,
den man beim Aussagekern formulieren soll.
Genauer gesagt:
Das Thema muss also etwas Allgemeineres über den Text aussagen
als der formulierte Kurzinhalt. So gesehen, spricht der
Kurzinhalt in knapper Form aus, was der Text zum Thema zu sagen
hat.
Das Themenringe-Modell
Das
Themenringe-Modell (s. Abb. oben) soll verdeutlichen, dass die
Themen, die in einem Text behandelt werden, eine letztlich nie
abgeschlossene Menge von Zuschreibungen darstellt, die mehr oder
weniger stark am Inhalt des Textes orientiert sind.
Was also jemand
für das Thema eines Textes hält, kann von dem, was ein anderer
darin sieht, sehr unterschiedlich sein.
Dies wird durch die verschiedenen Themenringe 1-4 ausgedrückt,
die um den eigentlichen Inhalt des Textes gelagert sind.
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Bei diesem
Modell wird der Bezug zwischen dem Inhalt und dem ihm
zugeschriebenen Thema von innen nach außen immer abstrakter,
das Thema wird, wenn man so will, dadurch immer allgemeiner
formuliert.
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Am Ende kann
es soweit vom Inhalt entfernt sein, dass man beim besten
Willen kaum noch einen einigermaßen konkreten Zusammenhang
zwischen Thema und Inhalt feststellen kann. Dann sind auf
dem Weg der Abstraktion also mehr und mehr inhaltliche
Aspekte weggefallen.
Ein Beispiel:
Stellen wir uns
vor, in einer Geschichte wird erzählt, wie eine Frau
herausfindet, dass ihr Mann eine Geliebte hat, ihn zur Rede
stellt und danach darüber nachdenkt, wie es weitergehen soll. So
weit der schlichte Kurzinhalt.
Das Thema? Nun
es könnte lauten: Folgen von Untreue in einer Beziehung,
Beziehungskrise zwischen Mann und Frau oder vielleicht auch
Selbstbehauptung von Frauen in modernen Paarbeziehungen. Alle
drei Formulierungen liegen im Themenringe-Modell unterschiedlich
nahe um den Inhalt des Textes.
Gehen wir den
umgekehrten Weg. Das Thema "Liebe" kann in einer Erzählung
inhaltlich ganz unter-schiedlich gestaltet werden.
Setzen wir es der Einfachheit halber auf den äußersten Ring. Auf
dem Weg nach innen, zum eigentlichen Inhalt, gewinnt die
Geschichte mehr und mehr "Gestalt".
Ob es
inhaltlich dann eine herkömmliche Liebesgeschichte zwischen Mann
und Frau wird, die Liebe eines Mädchens zu seinem Pferd oder die
Geschichte von der Biene und der Blume ... usw., geht jedenfalls
zunächst aus der Formulierung des Themas nicht hervor.
Wohlgemerkt:
"Richtig" ist das Thema "Liebe" schon, fragt sich nur, ob es den
thematischen Kern (übergeordnete Hauptthema) so erfasst, dass
ein Bezug zum Inhalt nachvollzogen werden kann.
Schließlich hat das Ganze ja die Funktion über einen Text zu
informieren. Würde jemand jedenfalls zu der knapp skizzierten
Geschichte das Thema "Leben auf dem Planeten Erde" angeben,
hätte sich dieser Bezug zwischen Thema und Inhalt in die Weite
des Weltalls verflüchtigt.
Natürlich
können auf einer Ebene der Themenringe, die also in gewisser
Hinsicht räumlich dargestellte Abstraktionsebenen
repräsentieren, auch verschiedene, miteinander
korrespondierende, kontrastierende oder konkurrierende Themen
liegen.
Das Thema in einem Erzähltext
Der Inhalt ist
in einem Erzähltext das, was erzählt wird. Das Thema das,
worum es in der Geschichte im Allgemeinen, in einem größeren
Sinnzusammenhang, geht.
Analog verhält
sich das Ganze bei einem Sachtext, wie sich am
Beispiel eines
Aussagekerns leicht erkennen lässt..
Gehen wir zunächst einmal
von einem literarischen Text, sagen wir einem Erzähltext, aus.
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Der Inhalt einer
Kurzgeschichte z. B. ist das, was erzählt wird.
In der Kurzgeschichte »Nachts
schlafen die Ratten doch« von
Wolfgang Borchert wird z. B. erzählt, wie ein älterer Mann mitten
im Krieg einen verstörten Jungen, der in der Nacht zuvor im Bombenhagel
seinen kleineren Bruder verloren hat, mit einer Notlüge bewegen kann,
den Ort des Grauens zu verlassen und sich wieder nach Hause zu begeben.
So weit der Inhalt in Kurzfassung. Sie besteht also aus der (äußeren)
Handlung. Es könnte aber auch innere Handlung sein, also das,
was der Erzähler oder eine Figur im Verlauf einer Handlung denkt und
fühlt.
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Das Thema dieser
Kurzgeschichte ist dagegen nicht so einfach zu bestimmen.
Man kann das Thema so verstehen, dass es die kürzestmögliche Fassung des
Inhalts darstellt, der noch Auskunft über den Text geben kann.
Dies wäre auch die
textlinguistische Art, das Thema eines Textes zu bestimmen.
Man darf sich das aber nicht so vorstellen, als ob das, was man für das
Thema eines Textes hält, von einem anderen ebenso gesehen wird. Denn
angesichts der Tatsache, dass ein Text sich im Allgemeinen mit mehreren
Themen, Themenkreisen (s. Themenring-Modell), Problemen usw. inhaltlich
beschäftigt, können und werden die Meinungen darüber, was man für das
Hauptthema eines Textes hält häufig auseinander gehen.
Jede Zeit und jeder Leser "liest" sich sein Hauptthema selbst heraus. Im
Falle der Kurzgeschichte von Borchert ließe sich mit Fug und Recht z. B.
dafür plädieren, dass der Text das Thema "Krieg und Folgen des Krieges"
darstellt, oder dass er die "Kommunikationsprobleme von
Erwachsenen und Kindern" thematisiert.
Anders
formuliert: Der Inhalt ist das, was erzählt wird. Das Thema
das, worum es in der Geschichte im Allgemeinen, in einem
größeren Sinnzusammenhang geht.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
31.01.2023
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