Literarische Texte sind vieldeutig. Wer einen solchen Text
zu
seiner Unterhaltung
aktiv hinlenkend oder
passiv ablenkend privat ▪
liest,
macht sich beim Lesen ein Bild von ihm, versucht sich als
Leserin* einen Reim auf das Gelesene zu machen und dem Ganzen ▪
einen
Sinn zu geben. Indem wir dies tun, erschließen wir uns einen
Text intuitiv.
Ob man sich auch
dabei auf eine ausgiebigere und zeitaufwändigere Interaktion mit
einem literarischen Text einlässt oder nicht, hängt von vielen
Faktoren ab. Manchmal ist es uns einfach nur zu mühsam und
natürlich haben wir als (private) Leserinnen* alles Recht der
Welt, die Lektüre abzubrechen oder einfach darüber hinwegzulesen,
was uns womöglich beim Lesen irritiert hat. Ob und inwiefern wir
mit dem Textverständnis, das wir dabei erreichen, zufrieden
sind, ist letzten Endes einzig und allein Sache des/der
jeweiligen Leserin*.
Anders sieht es
freilich oft schon aus, wenn wir mit anderen über das
kommunizieren wollen, was wir gerade lesen oder gelesen haben.
In einer solchen Situation wollen wir ja mitteilen, wie uns ein
Text gefallen hat, wie er auf uns gewirkt hat und oft wollen wir
auch ein begründetes Urteil über den Text abgegeben, um ihn
weiterzuempfehlen oder von einer Lektüre abzuraten.
Im ▪
kompetenzorientierten Literaturunterricht, der auch auf die
Verständigung über Literatur und ihre Verstehensprozesse zielt,
haben Prozesse, Methoden und Kategorien eine zentrale Bedeutung.
Um zu dem im Allgemeinen angestrebten vertieften Textverständnis
zu gelangen, werden literarische Texte gelesen, analysiert und
erschlossen und interpretiert.
Erschließen
bedeutet dabei in diesem Zusammenhang, sich den Text auf allen
Ebenen des Verstehens zugänglich zu machen.
Wir ermitteln dabei
die Bedeutung von Wörtern, Wortgruppen, Sätzen und des Textes
als ein Ganzes und sorgen im Idealfall dafür, dass sich, wie man
sagt, einem ein bestimmter Text erschließt. Auf den ohnehin
nicht immer mit einem klaren Trennungsstrich voneinander
markierbaren ▪
Unterschied zwischen Analysieren und Interpretieren bei der
▪ schulischen Textinterpretation
wird an anderer Stelle ausführlich eingegangen.
Beim Erschließen
eines Textes aktivieren wir das
Wissen, das wir
im ▪
Gedächtnis (▪
semantisches und ▪
prozedurales Gedächtnis) gespeichert haben. Dieses
Wissen hat
natürlich viele Facetten. Hier dreht es sich vor allem um
Wissensbestände wie unser allgemeines
Weltwissen,
aber auch um Wissen spezifischer Natur, die mit den
nachfolgenden Begriffen kategorisiert worden sind. Das sind z.
B. deklaratives
Wissen,
prozedurales
Wissen,
Fachwissen,
Gattungswissen,
Sprachwissen,
theoretisches
Wissen,
Textmusterwissen,
Textsortenwissen,
Textstrukturwissen).
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In der
Literaturdidaktik haben sich für die Art und Weise, wie
literarische Texte im ▪
Handlungsfeld Literatur schulischen Lernens erschlossen werden
sollen, zwei Konzepte etabliert. Diese wurden in den
Einheitlichen Prüfungsanforderungen in
der Abiturprüfung Deutsch (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom
01.12.1989 i. d. F. vom 24.05.2002) als ▪
untersuchendes und ▪
gestaltendes Erschließen literarischer Texte
konzeptualisiert. Darin heißt es in Bezug auf die
gymnasiale Oberstufe, dass "dem Erschließen von
literarischen Texten (...) vorrangige Bedeutung zu(kommt), denn das Verstehen
literarischer Texte eignet sich als Muster des Verstehens überhaupt." (S.5)
Allgemein betrachtet, verlangt die Textinterpretation die Anwendung analytischer Mittel und Methoden und eine
zusammenhängende,
vernetzte Zusammenschau der erarbeiteten inhaltlichen und formalen
Einzelergebnisse. (EPA. S. 20).