Erörtern verlangt Schreibkompetenzen in verschiedenen Bereichen
Wer einen Sachverhalt bzw.
ein Problem schriftlich erörtern will, hat eine komplexe
▪ Schreibaufgabe
vor sich, die
Schreibkompetenz
in verschiedenen Bereichen erfordert.
Wie immer Schreibkompetenz im einzelnen definiert und in welche
Teilkompetenzen sie zerlegt wird, stets wird, wenn man die Modelle auf das
erörternde Schreiben anwendet, sichtbar, wie komplex das
argumentative
bzw.
erörternde Schreiben ist.
Dass darüber hinaus gerade vom Erörtern
die Förderung von "Urteilsfähigkeit und Standpunktbildung in einer zunehmend pluralen
Informationsgesellschaft" erwartet wird, zeigt, welchen Stellenwert das
erörternde Schreiben im allgemeinen gesellschaftlichen Kontext hat (Einheitlichen Prüfungsanforderungen in
der Abiturprüfung Deutsch (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom
01.12.1989 i. d. F. vom 24.05.2002, S.17).
Die nachfolgende Übersicht teilt die Schreibkompetenz in die vier
Teilkompetenzen: inhaltlich-fachliche, methodisch-strategische,
sozial-kommunikative und personale Teilkompetenzen
ein. (vgl.
Baurmann 2002/2008, S.13)
Fix (2008,
S.33) spricht in diesem Zusammenhang von
Zielsetzungskompetenz,
inhaltlicher Kompetenz,
Strukturierungskompetenz und
Formulierungskompetenz.
Zusammenwirken von Kompetenzen am Beispiel der Stellungnahme
In welcher Art und Weise die Teilkompetenzen beim erörternden Schreiben
aufeinander bezogen sind, macht
Baurmann
(2002/2008, S.15f.) am Beispiel der
Stellungnahme
deutlich, die auf begründendem Erörtern basiere. Das Beispiel zeigt, wie
inhaltlich-fachliche, methodisch-strategische, sozial-kommunikative
und personale Teilkompetenzen
zusammenwirken.
-
Auf der inhaltlich-fachlichen Ebene stelle sich die Frage, "ob in der Stellungnahme eine eigene Entscheidung begründet und
belegt" werde.
-
Methodisch-strategisch gelte die Anforderung, "dass die
gesamte Stellungnahme geplant und organisiert dargeboten" werde, wobei dies
stark vom darzustellenden Sachverhalt abhänge.
-
Unter dem Aspekt der
sozial-kommunikativen und personalen Kompetenz müssten die Schreiber zeigen,
dass sie trotz einer fundierten eigenen Meinung zum Thema auch einen
Perspektivenwechsel vornehmen können und damit widerstreitende Meinungen zu
Wort kommen lassen. Das ist im Übrigen auch der Aspekt, der das erörternde Schreiben von
stärker subjektiv orientierten Formen des argumentativen Schreibens abhebt.
Leistungserwartungen und Aufgabenarten in den Einheitlichen
Prüfungsanforderungen für die Abiturprüfung Deutsch (2002)
Die ▪
EPA 2002 (»Einheitliche Prüfungsanforderungen in
der Abiturprüfung Deutsch (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom
01.12.1989 i. d. F. vom 24.05.2002, S.17), die von den
KMK-Bildungsstandards (2012) vollständig abgelöst worden sind, gehen
beim ▪ Konzept des erörternden
Erschließens von drei verschiedenen Aufgabentypen aus:
literarische Erörterung, Texterörterung und freie Erörterung.
Dabei sind die
freie Erörterung grundsätzlich und die literarische Erörterung als
optional textungebundene Schreibformen konzipiert.
An dieser Stelle
sollen nur die Leistungserwartungen für die textungebundene freie
und textungebundene literarische Erörterung dargestellt werden. Sie
sind in vielerlei Hinsicht gleich, setzen inhaltlich jedoch
unterschiedliche Akzente und verlangen zur Bewältigung der
Schreibaufgabe eine unterschiedlich ausgeprägte
inhaltliche Kompetenz.
Die ▪
Anforderungen an die argumentative/diskursive und
sprachlich-stilistische Gestaltung beim erörternden Schreiben
sind im Zusammenhang mit dem ▪ Konzept
des erörternden Erschließens zusammengestellt.
-
Im Fall der freien Erörterung wird auf das bei Schülerinnen
und Schülern vorhandene allgemeine
Weltwissen rekurriert wird, das
ausreichen muss, um anspruchsvolle gesellschaftspolitische und ggf.
ethisch-philosophische Themen in sachangemessener Weise argumentativ und
sprachlich überzeugend zur Darstellung zu bringen.
-
Bei der literarischen
Erörterung ohne Textvorlage werden darüber hinaus spezifische Kenntnisse im
Bereich der Literaturwissenschaft und Literaturgeschichte verlangt, die auf
der im Literaturunterricht erworbenen
literarästhetischen Rezeptionskompetenz basieren.
Freie Erörterung ohne Textvorlage
(Erörterndes Erschließen einer allgemeinen Fragestellung)
|
Literarische
Erörterung ohne Textvorlage
(Erörterndes Erschließen
einer literarischen Fragestellung) |
-
ein Thema
erfassen, Begriffe bestimmen und erläutern
-
selbstständig
eine Gliederung entwickeln, die der Aufgabenstellung
angemessen ist, und
-
den eigenen
Zugriff auf das Thema deutlich werden lässt
|
-
sachangemessen
und selbstständig einen zu bearbeitenden Aspekt aus dem
sprachlich-kulturellen Leben unter einem thematischen
Leitgedanken strukturieren
-
gesellschaftliche,
philosophische Zusammenhänge und Traditionen
erkennen und herausstellen
|
sachangemessen
und selbstständig einen zu bearbeitenden Aspekt aus der
Literatur oder dem sprachlich-kulturellen Leben unter einem thematischen
Leitgedanken strukturieren
literaturgeschichtliche, motivliche, gesellschaftliche,
philosophische Zusammenhänge und
Traditionen
erkennen und herausstellen
|
-
selbstständig
text- und themenadäquate Untersuchungs- bzw.
Vergleichskriterien ermitteln
-
Auffassungen
abwägen, voneinander abgrenzen und werten
-
strukturiert,
zielgerichtet und sprachlich korrekt argumentieren
-
begründet
Schlüsse ziehen und Stellung nehmen.
|
Der prozessbezogene Kompetenzbereich Schreiben in den
KMK-Bildungsstandards für das Abitur (BISTA-AHR-D 2012)
Einer der drei
prozessbezogenen
▪
Kompetenzbereiche
mit ihren fachbezogenen sowie über das Fach Deutsch hinausreichenden
Bedeutung ist in den ▪
KMK-Bildungsstandards für das Abitur (2012) der Kompetenzbereich
▪
Schreiben.
Als übergeordnete
Kompetenzen werden dabei definiert:
"Die Schülerinnen und Schüler verfassen inhaltlich
angemessene kohärente Texte, die sie aufgabenadäquat,
konzeptgeleitet, adressaten- und zielorientiert, normgerecht,
sprachlich variabel und stilistisch stimmig gestalten. Dabei
schreiben sie entsprechend der jeweiligen Aufgabe in
unterschiedlichen Textformen."
(»Bildungsstandards
im Fach Deutsch für die Allgemeine Hochschulreife
(BISTA-AHR-D 2012, S.15)

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Die für das
▪ argumentative und erklärende Schreiben aufgeführten
Kompetenzen, die im Bezug zum ▪ erörternden
Schreiben stehen, stellt die folgende Auswahl dar (vgl.
ebd.)
Danach sollen die
Schülerinnen und Schüler
-
zu einem gegebenen komplexen Sachverhalt eine
Untersuchungsfrage formulieren, die Auswahl der
Untersuchungsaspekte begründen und den Untersuchungsgang
skizzieren
-
Schlussfolgerungen aus ihren Analysen, Vergleichen oder
Diskussionen von Sachverhalten und Texten ziehen und die
Ergebnisse in kohärenter Weise darstellen
-
bei der Auseinandersetzung mit
Texten deren historische, kulturelle, philosophische,
politische oder weltanschauliche Bezüge, auch in ihrer
Relevanz für die Arbeitswelt, verdeutlichen
-
zu fachlich strittigen
Sachverhalten und Texten differenzierte Argumentationen
entwerfen, diese strukturiert entfalten und die Prämissen
ihrer Argumentationen reflektieren
-
in Anlehnung an
journalistische, populärwissenschaftliche oder
medienspezifische Textformen eigene Texte schreiben
Diese
prozessbezogenen Kompetenzen werden den
▪
Aufgabenarten des ▪
textbezogenen und ▪
materialgestützten Schreibens
zugeordnet und gelten daher für die
▪
Erörterung pragmatischer Texte
und die
▪
Erörterung literarischer Texte sowie beim ▪
materialgestützten Verfassen
argumentierender Texte. Die
▪
klassische Textform der
▪
freien Problem- und
Sacherörterung gehört nicht mehr zu den Aufgabenarten der
schriftlichen Abiturprüfung.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
06.01.2024
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