Die ▪
Kritik an Konzepten zur Aufsatzdidaktik im Gefolge der
kommunikativen Wende in den 1970er Jahren legte den Finger
auf ein unlösbare Dilemma, in dem sich die
emanzipatorisch-kommunikative Aufsatzdidaktik verfing.
Daher wurden
die schreibenden Schülerinnen und Schüler Anfang der 1980er
Jahre z. T. unter Rückgriff auf ▪
reformpädagogische Konzepte
wieder stärker ins Zentrum schreibdidaktischer Überlegungen
gerückt.
Diese "subjektive
Wende“ ging einher mit Begriffen und Konzepten, die
aus einem entsprechenden gesellschaftlichen Diskurs der
achtziger Jahre bezogen wurden.
Sie gaben, bei
allem ▪
stets vorhandenen Nebeneinander verschiedener
schreibdidaktischer Konzepte, zumindest für eine Weile den
Takt in der nun einsetzenden Diskussion vor:
Ganzheitlich und vor allem handlungsorientiert sollte
das Schreiben in der Schule fortan angelegt sein.
Mit
Lehr-Lernkonzepten wie dem entdeckenden Lernen, Freiarbeit,
offenem Unterricht und Projektunterricht fanden daher Mikro- und
Makromethoden Eingang in den Unterricht, die dem einzelnen
schreibenden Subjekt im Rahmen von Differenzierungsprozessen
einen höheren Stellenwert beimaßen. Auf diese Weise kam das ▪
aus der Reformpädagogik
stammende freie Schreiben, vor allem in der Grundschule,
wieder zu neuen Ehren, für das subjektive Sichtweisen und der
Ausdruck von Gefühlen kennzeichnend sind (vgl.
Fix
2006/2008, S.114)
Müßig,
zumindest aber redundant, noch einmal zu betonen: Die
dargestellten schreibdidaktischen Konzepte lösten sich indessen
keineswegs gegenseitig ab, sondern "bestehen in der
Unterrichtspraxis bis heute fort." (Fix
2006/2008, S.115).
Im Zusammenhang
mit der Formulierung von Bildungsstandards, die mehr oder
weniger exakt beschreiben, was Schülerinnen und Schüler zu
lernen haben, gibt es, worauf
Fix
(ebd.) hinweist, eine
Tendenz zur Aufwertung traditioneller Schreibformen in
der Schule, da deren Merkmale normativ vorgegeben werden können
und damit auch bei der Leistungsevaluation leichter zu handhaben
sind als Formen des personal-kreativen Schreibens.
Dabei ist
interessant, dass die Verwendung des noch von
Fix
(ebd., S. 14) aus guten Gründen vermiedenen Begriffs
"Aufsatzunterricht" in neueren Veröffentlichungen als Teil einer
allgemeinen "Rückbesinnung"
auf "die Leistungen des klassischen Aufsatzunterrichts"
(ISB (Hg.) (2010), Neues Schreiben, Bd.1, S.14) angesehen
wird.
Die
vermeintliche Rückbesinnung auf den "guten, alten"
Aufsatzunterricht, das sei an dieser Stelle kritisch angemerkt,
kann allerdings nicht allein als eine schreibdidaktisch
begründete Gegenbewegung gegen andersgeartete "Auswüchse"
verstanden werden.
Denn damit
verabschiedete sich die Schreibdidaktik von der eingangs
zumindest eingeforderten Rückbindung ihrer Konzepte an
gesellschaftliche Entwicklungen im nationalen wie globalen
Maßstab.
Stattdessen
tauchen unter dem Mantel von ▪
Kompetenzorientierung
wieder Formulierungen auf, die in dieser Form seit den siebziger
Jahren des vorigen Jahrhunderts schon obsolet erschienen. ("Dass
junge Menschen in der modernen Leistungsgesellschaft auf
schriftliche Examina vorbereitet werden müssen",
ISB (Hg.) (2010), Neues Schreiben, Bd.1, S.14)
So muss
schließlich sogar die Unterstellung herhalten, die Lehrkräfte
wollten einfach mit der herkömmlichen Aufsatzlehre weitermachen,
um den politisch gewollten, restaurativen Tendenzen in der
Didaktik zur nötigen Akzeptanz zu verhelfen.