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Motiv des lieblichen Ortes

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Gryphius: Einsamkeit

In zahlreichen idealisierenden fiktiven Naturschilderungen, aber auch in der Bildenden Kunst, findet sich beginnend mit der »römischen Kaiserzeit (27 v. Chr. bis 284 n. Chr.) bis ins 16. und 17. Jahrhundert hinein ein literarischer Topos, dessen stereotype Elemente (z. B. ein lichter Hain, eine Quelle, ein Bächlein oder Bach sowie oft Blumen und Vogelgezwitscher) den Eindruck einer idealen Natur erzeugen.

Als Requisit und Kulisse gehört das ▪ Motiv des lieblichen Orteslocus amoenus) zum unverzichtbaren Repertoire der »Schäferdichtung (auch Hirtendichtung), die mit ihrer Idealisierung des Hirtenlebens ein sehr beliebtes Genre der Literatur in der frühen Neuzeit (Renaissance und Humanismus) (1300-1600) und im Barock (1620-1700) gewesen ist.

Es steht in einem Zusammenhang mit dem Motiv der Idylle, die im weiteren Sinne auch eine Dichtung beschreibt, die in räumlich-statischer Weise eine "unschuldsvollem selbstgenügsam-beschaul(iche) Geborgenheit darstellt." (Metzler Literatur-Lexikon 21990, S.217) In dieser Form verbindet es sich auch mit dem Inselmotiv, das als "Symbol der (paradiesischen) Zivilisationsferne und der Zuflucht" (vgl. Partricia Broser, in: Butzer/Jakob (Hg.) 32021, S.293) das Motiv der "paradiesischen" Insel (• insula amoena) ausbildet.

Auch wenn das Motiv, von seinen Ursprüngen her betrachtet, das eigentlich nicht intendiert hat, wurde es immer wieder als christliche Paradieslandschaft umgedeutet, in das die Vorstellung von einem "entlegenen Garten" hineinspielt.

Über die antike Dichtung gelangte das Motiv auch in die »höfische Dichtung des Mittelalters.


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Schon in der in der frühen Neuzeit (Renaissance und Humanismus) (1300-1600) kannte man das Motiv, das aber vor allem aber mit der sogenannten »Schäferdichtung (auch Hirtendichtung) des Barock (1620-1700) breitere Bevölkerungsschichten erreichte und dadurch populär gemacht wurde.

Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, dass das Hirtenleben dieser Schäferdichtung "nur als eine imaginäre Gegenwelt gedacht ist" (Willems 2012, Bd. I, S.176), die Schäferwelt der humanistischen Dichtung durch und durch "künstlich" ist, "hervorgebracht von einem Willen zur Schönheit und zu Bildern des schönen Lebens, der sich wesentlich vom Ungenügen am höfischen Leben speist, und zusammengefügt aus Motiven, deren Quelle nicht die Wirklichkeit, sondern allein die Literatur, das literarische Erbe ist." (ebd., S.177) Auch für die gelehrten Dichter, die das Schäferleben preisen, bleiben Bauern Bauern und damit der "Inbegriff der Unbildung" (ebd.). Dementsprechend musste ein Leser, weil die idealen Schäfer "eigentlich nur verkappte, in das Schäferkostüm gesteckte Gelehrte darstellten" (ebd.), auch nicht befürchten, "mit »bäurischen Gesprächen« und »groben Sitten« belästigt zu werden". (ebd.)

Wahrscheinlich waren es die ganz verheerenden historischen Umstände des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648), die dazu beigetragen haben, dem Topos des lieblichen Ortes, der Schäferwelt und allgemein der Idylle, "die von einem einfachen, unbeschwerten Leben in der freien Natur erzählt" (ebd., S.82 ) und einen "utopische(n) Raum fern von Städten und Höfen" (ebd.) beschwört, "der nichts von Errungenschaften der Zivilisation wie Kriegskunst" und anderen Dingen weiß, als Sujets zum Durchbruch verholfen haben.

Für Martin Opitz (1597-1639) jedenfalls, der seine Literaturreform im Barock auch als eine Art von "Friedensprojekt" (ebd.) verstand, um die Menschen seiner Zeit in den Wirren des Krieges "mit seiner Literatur auf andere Gedanken [zu] bringen", engagierte sich jedenfalls besonders für Gattungen wie die Idylle. Zugleich bemühte er sich mit eigenen Werken, wie z. B. in Zlatna oder Getichte Von Ruhe deß Gemüthes (1623) (Auszug) oder mit seinem Trostgedicht in Widerwertigkeit des Kriegs (1633) (Auszüge) darum die idyllischen Motive und Topoi in der Volkssprache populär zu machen.

Beispiele für die Verwendung des Motivs in der Literatur

Gryphius: Einsamkeit

 Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 05.11.2024

   
 

 
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