Was für die Wissenschaft insgesamt schon eine Herausforderung ist, genau
zwischen den Begriffen zu differenzieren, die im weitesten Sinn
bildhafte Zeichen darstellen, die über sich hinausweisen wie z. B.
Symbol, Metapher,
Allegorie,
Synekdoche,
Emblem oder
Metonymie.
Symbole
Literarische Symbole können von den oben genannten Phänomenen, mit denen
sie in mancherlei Hinsicht verwandt sind, nicht eindeutig abgegrenzt werden.
Zum Verständnis ist aber doch
festzuhalten, "dass das S(ymbol) keine rhetorische Figur ist, sondern
reale Gegenstände oder Handlungen bezeichnet, die in der Realität oder
der erzählten Welt auf etwas anderes verweisen." (Dietmar Peil, in:
Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie, 32004,
S.642)
Eine gültige und vor allem alles abdeckende Definition ist also kaum zu
leisten. Dementsprechend lässt sich der Begriffsinhalt eher vage
umkreisen.
Symbole verweisen, so sieht es das
Metzler Literaturlexikon (21990, S.450) als bildhafte
Zeichen "auf höhere geistige Zusammenhänge", dienen zur
"Veranschaulichung eines Begriffes" und stellen ein "sinnl(iches)
Zeugnis für Ideenhaftes" dar. Dabei ist es vor allem seine "ganzheitl(iche),
mehrdimensionale ambiguose Bedeutung", die das Symbol von der Allegorie,
welche "einschicht(ig)" und "rational auflösbar" sei und dem Emblem, das
eindeutig definiert sei, unterscheidet.
Ist die Allegorie
willkürlich konstruiert und gesetzt, stehe das Symbol ähnlich wie
Metapher "in einem
naturhaften Evidenzverhältnis zum Gemeinten", sei "ein Sinnbild, bei dem
die Relation zwischen dem Geistigen und der Anschauung offenkundig" sei.
Symbole wendeten sich nicht in dem gleichen Maße wie die Allegorie an
den Verstand, sondern eher "an Sinn und Gefühl", zielten damit "auf
tiefere Bewusstseinsschichten", die bis ins Unterbewusstsein reichten.
Symbolische Bezüge sind auf eine gemeinsame geistige, weltanschauliche
und kulturelle Basis angewiesen, auf deren Grundlage sie ihre Bedeutung
entfalten können und innerhalb des davon geprägten Rahmens verwendet
werden und verstanden werden können.
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Religiöse Symbole "funktionieren" nur in einem bestimmten
kulturellen Umfeld und in der von ihnen Gebrauch machenden
Glaubensgemeinschaft.
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Symbolen, die in der Kunst und in der Literatur verwendet werden,
erhalten ihre Bedeutung von ihren Nutzerinnen und Nutzern
zugeschrieben.
-
Verkehrszeichen oder auch Piktogramme gehören zu den Symbolen, mit
denen wir heute jeden Tag umgehen.
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...
Das gilt analog für alle Symbole, deren Bedeutung sozial konstruiert
wird unabhängig davon ob es sich um sogenannte natürliche Symbole wie z.
B. Tiersymbole (Löwe, Adler, Taube) oder ob es sich um durch
Übereinkunft geschaffene, konventionelle Symbole handelt (z. B.
»Friedenstaube,
»Regenbogenfahne als Zeichen für Toleranz und Akzeptanz
der Vielfalt von Lebensformen und der Hoffnung und der Sehnsucht., die
▪ blaue Blume der
▪ Romantik
(1798-1835), »Hammer und Sichel,
»Schwerter
zu Pflugscharen etc.).
Symbole werden kulturell kodiert und ihre Bedeutung unterliegt dem
historischen Wandel, Das bedeutet, dass die (symbolische) Bedeutung, die
ein und denselben Erscheinungen, Sachverhalten oder Handlungen
zugeschrieben wird, sehr unterschiedlich sein kann.
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Die Eule, die auch in der Nacht sehen kann, galt in der Antike als
Symbol der Klugheit und Weisheit, während man sie im christlichen
Mittelalter als Symbol für die Abwendung von Gott verstanden hat.
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Die Abbildung eines Hasen steht in der mittelalterlichen Kunst für
die Anwesenheit Gottes, während er in der Volkskultur meistens mit
Furchtsamkeit konnotiert wird, wie es sich in der Metapher vom
(furchtsamen) Hasenfuß niedergeschlagen hat.
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Und auch die Farbensymbolik ist nicht für immer und ewig die gleiche
geblieben. Während Gelb im Mittelalter noch den Minnelohn
symbolisierte, steht die Farbe in der Neuzeit oft für Neid.
Symbole sind aber nicht nur solche symbolischen Zeichen. Es gibt
schließlich auch symbolische Handlungen, die z. B. bei der Taufe, bei
Beerdigungen, bei Auszeichnungen etc. vollzogen werden. Mitunter sind
sie Teil umfangreicher Rituale und Zeremonien.
Literarische Symbole und Text
Wer einen Text liest, der literarische Symbole enthält, muss diese nicht in ihrem Symbolgehalt verstehen, um ein
kohärentes Textverständnis
zu gewinnen. Wer also einen Text wie z. B. ▪
Johann Wolfgang von Goethes (1749-1832)
▪
Epigramme über die Lacerten (Eidechsen) in Venedig liest, wird in
seinem Textverständnis zunächst einmal nicht gestört sein, wenn er
die Eidechsen, nicht als Symbol der körperlich-geschlechtlichen
Sehnsucht (vgl.
Metzler Lexikon literarischer Symbole, 32021, S.129)
Um Symbole von literarischen Motiven zu unterscheiden, kann man auf
diese Überlegungen zurückgreifen. Ein literarisches Motiv ist dann "als
bloßes Element der Handlungsstruktur von Texten ohne weitere
Bedeutungszuweisung zu verstehen" (Butzer/Jacob
2008/32021, S.VIII) Allerdings kommt es eben auch immer
wieder zu einer Verschränkung dieser beiden Bereiche und so "(können)
Motive (...) zum Symbol werden, wo ihnen zugleich eine sekundäre
Bedeutung zugewiesen wird, ebenso wie Metaphern und Metonymien in Texten
auch symbolisch eingesetzt werden." (ebd.)
Symbole können daher wohl am besten so definiert werden, wie es Günter
Butzer und Joachim Jacob (ebd.)
getan haben: "Unter »Symbol« wird (...) die sprachliche Referenz auf ein
konkretes Ding, Phänomen oder auch eine Tätigkeit verstanden, die mit
einem über die lexikalische Bedeutung hinausweisenden Sinn verknüpft
ist."
Was das Symbol dabei für die Literatur besonders interessant macht, ist
die Tatsache, "dass es vom einzelnen Text ausgehend auf andere Texte und
Kontexte ausgreift und zusätzliche Sinnzusammenhänge stiften oder
zumindest ausdeuten kann. Dadurch realisiert das literarische Symbol
eine besondere Möglichkeit der Sprache: mehrsinnig zu sein, zugleich
aber auch deren Begrenztheit: auf anderen Sinn nur verweisen zu können."
(ebd.)
Für die Literaturdidaktik ist eine strenge Abgrenzung des literarischen
Motivs von dem des Symbols nicht zwingend, kann aber durchaus Sinn
machen, wenn man sich z. B. die Frage stellt, mit welchen Symbolen
die Gestaltung des ▪ Vanitas-Motivs
in einem konkreten Text gestaltet ist und ▪
was bestimmte Symbole in diesem Kontext
bedeuten.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
05.11.2024
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