Über die symbolische Wirkung von Farben lässt sich trefflich streiten,
so selbstredend ihre Existenz vorausgesetzt werden darf.
Abgesehen von den
neurobiologischen Grundlagen der Farbwahrnehmung wird immer wieder
betont, dass es eine in der Menschheitsentwicklung entstandene
archetypische Prädisposition für die Farbwahrnehmung gibt. Nimmt man
dies als gegeben an, dann muss man
allerdings auch sehen, dass kulturelle und sogar biographische
Erfahrungen, diese Prädispositionen mildern und/oder überformen können.
Hinzu kommt noch, dass die "jeweilige Farbwahrnehmung über die jeweilige
Umgebung mitdefiniert (wird.) Die Identität einer Farbe wird erst durch
den Zusammenhang bestimmt, sie liegt nicht in sich selbst.[...] Nie können
wir sicher sei, ob eine bestimmte Farbe von allen Beobachtern gleich
wahrgenommen wird, da wir nur Farbbeziehungen vergleichen können." (Röll
1998, S.324)
Über die Bedeutung, die Farben als Symbole besitzen, legt
unsere Sprache ein beredtes Zeugnis ab, wie die vielen Redensarten und
Formulierungen zeigen, bei denen wir auf Farben Bezug nehmen:
Es gelingt uns damit, Farben in bestimmten Situationen Gefühlen und
Empfindungen zuordnen. Dies ist zunächst einmal nichts anderes als das
Ergebnis eines Lernprozesses und seine Ergebnisse variieren je nach
Kulturkreis beträchtlich.
Wenn Farben offensichtlich eine psychologische
Wirkung zukommt, dann liegt dies daran, dass wir Erfahrungen. die wir im
Laufe unseres Lebens gesammelt haben, nicht selten mit bestimmten
Farbwahrnehmungen verknüpfen. Aus diesem Grunde können die Farben in einem
unbewussten Vorgang Gefühle und Assoziationen auslösen, die mit diesen
Erfahrungen in Verbindung stehen.
Allerdings wirkt nicht jede Farbe in jedem Kontext gleich und ihre Wirkung
kann natürlich auch sehr von Mensch zu Mensch variieren.
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Wer z. B: eine
grüne Erdbeere ansieht, assoziiert mit dem Grün mit hoher
Wahrscheinlichkeit Unreife.
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Wer dagegen im Zuge eines Ausflugs aus der
Stadt aufs Land hinausfährt, assoziiert wohl mit dem Anblick grüner Natur
Frische, Erholung und vielleicht auch Gesundheit.
Vorsicht ist also angebracht, wenn man sich auf ein allzu starres System
farbpsychologischer Wirkungen festlegt.
Etwas anderes ist es allerdings,
wenn in der Literatur Farben als Symbole einsetzt werden.
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Sie verweisen im
Allgemeinen über unmittelbar Wahrnehmbares hinaus auf eine tiefere
Bedeutung und können zu bestimmten Zeiten einem mehr oder weniger fest
gefügten System von Symbolen angehören.
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Hinzu kommt, dass sich die
Bedeutung der Farbsymbole auch im Verlauf der Entwicklung des europäischen
Kulturkreises verändert hat (Gold im Altertum Symbol der Sonne, im
Mittelalter Gottes; Grün im Altertum Farbe der Gerechten, im Mittelalter
des Lebens).
Eine besondere Rolle können bestimmte Farbsymbole auch in verschiedenen
▪ Literaturepochen spielen.
Bekanntestes Beispiel dafür ist das
Symbol der
blauen Blume in der Literaturepoche Romantik. Die blaue Blume ist das
Sinnbild der romantischen Dichtung schlechthin geworden und steht dort für
die Sehnsucht nach Unendlichkeit und Zeitlosigkeit.
Die Farbe Blau, so hat man herausgefunden, aktiviert den Nervus Vagus,
der eine beruhigende Wirkung auf das Nervensystem hat. Blau führt zu einer
Verlangsamung der Atmung, Herzschlag und Puls lassen nach und der
Blutdruck kann fallen. "(Dunkel-)Blau ist die Farbe der Passivität und der
Ruhe. Blau wirkt kühl wie das Wasser. Blau gilt als Farbe des Gemüts. Blau
steht für Tradition, Vertrauen Innerlichkeit und Treue." (Röll
1998, S. 323) Darüber hinaus steht Blau - nach
Lüscher (1971, S.23) - für "entspannte Empfindsamkeit" als "
Voraussetzung für die Einfühlung, für ästhetisches Erleben und
besinnliches Nachdenken". Aus diesem Grund ist Blau für Lüscher eine
weibliche Farbe. Die Farbe Blau ist aber auch im Mantel der Gottesmutter Maria Symbol für
Wahrheit und Ewigkeit. Findet die Farbe Blau im Märchen Verwendung, dann steht sie häufig für das
Rätselhafte, Träume oder das Wunderbare. "In seiner weiteren Bedeutung
steht sie für Unerreichbarkeit, Sehnsucht und die Vertretung des Geistigen
und die Welt des Jenseits." (Röll
1998, S.342) Mit der Farbe Blau werden darüber hinausgehend noch die
folgenden Sachverhalte oder Gefühle assoziiert:
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Sympathie
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Harmonie
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Blau
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Farbe des Himmels oder des Wassers; Blau des Wassers, als Farbe der
Tiefe, verkörpert das weibliche Prinzip; Himmelsblau war früher
mit dem Männlichen verbunden und gilt als die Farbe aller Himmelsgötter,
symbolisiert das Ferne, das Göttliche, das "Geistige".
Außerdem: Blau ist mit Abstand die beliebteste Farbe, sowohl bei
Männern als
auch bei Frauen. Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
05.11.2024
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