Wer •
Intertextualität unter der
Perspektive des deskriptiven hermeneutisch-strukturalistischen
Ansatzes untersuchen und beschreiben will, kann auf verschiedene
Kriterien bzw. Kategorien zurückgreifen, die in der literatur-
und sprachwissenschaftlichen Intertextualitätsforschung
entwickelt worden sind. Sie nehmen bestimmte Beziehungen
zwischen Texten in den Blick und sollen als Parameter auch dazu
dienen, den Grad der Ausprägung der Text-Text-Beziehungen, d. h.
die "intertextuelle Intensität" (Janich
2008b, S.183) zu bestimmen.
Dabei bestehen unterschiedliche
Auffassungen darüber, ob auch Bezüge, die zwischen Texten und
Gattungen, Textsorten oder anderen Textmustern unter den Begriff
der Intertextualität fallen. Ebenso umstritten ist, ob nur die
"intendierte oder auch die unbewusste Intertextualität" (ebd.,
S.182) darunter fällt. Gemeinhin wird aber wohl die
Unterscheidung zwischen der
Einzeltextreferenz und der
Systemreferenz
(vgl.
Broich/Pfister 1985) bzw. der
referentiellen oder der
typologischen Intertextualität vorgenommen.

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Die
Unterscheidung zwischen System- und Einzeltextreferenzbezug ist
allerdings nicht immer leicht zu treffen, "da literarische
Muster und Normen wie Gattungen oder Schreibweisen im
literarischen Bewusstsein oft durch paradigmatische Einzelwerke
(Prototypikalität)
repräsentiert werden (vgl.
Martinez 1996/82008, S.443)
Offen bleibt auch, wie man überhaupt
beweisen kann, welche Intentionen einem Text tatsächlich
zugrunde liegen. Schließlich ist keine Einigkeit darin, ob
Intertextualität ein Phänomen darstellt, das aus der Perspektive
des Lesers als intertextuelle Kompetenz zu beschreiben ist, oder
vom Autor und dessen Intentionen aus. (vgl.
Janich
2008b, S.182)
Im ersten Fall handelt es sich um einen "rezeptionsorientierten
Intertextualitätsbegriff", im zweiten Fall um einen Ansatz, der
Intertextualität, aus der Perspektive der Textproduktion
betrachtet, als Texteigenschaft versteht.
Im didaktischen
Kontext können die Kriterien, Kategorien und Kategorien der
Intertextualitätsforschung zumindest für das Phänomen
sensibilisieren und damit verschiedene Faktoren intertextueller
Beziehungen sichtbar machen. In der nachfolgenden Übersicht sind
Kategorien aus verschiedenen Ansätzen der Forschung
zusammengestellt (z. B.
Pfister 1985, S.25-30)
So kann man bei
der Untersuchung und Beschreibung des "Text-Text-Bezug(s)" (Lachmann/Schahadat
1995, S.67) von Texten danach fragen,
-
ob sich der
Sekundärtext (Folgetext,
Transtext,
Phänotext, Intertext) auf einen
oder mehrere
Prätexte (Bezugstexte,
Ausgangstexte,
Referenztexte) bezieht
-
ob die
Bezugnahme von Texten aufeinander bewusst, intendiert und
auch in einem Text irgendwie markiert ist (Kommunikativität)
-
ob die
Bezugnahme mit deutlichen •
Referenzsignalen
leicht erkennbar (z. B. als Zitat) und
pointiert ausfällt (Selektiviät)
-
ob der
Prätext
den
Sekundärtext strukturell mehr oder weniger stark
beeinflusst (Strukturalität)
-
ob der
Sekundärtext den Prätext nicht nur zitiert, sondern auch in
expliziter Weise kommentiert oder interpretiert (Referenzialität,
Metatextualität)
-
ob und
inwiefern der Sekundärtext den Prätext parodiert oder
persifliert
-
ob und in
welcher Stärke eine inhaltlich-argumentative oder auch
weltanschaulich-ideologische Spannung zwischen dem Prätext
und dem Sekundärtext besteht (Dialogizität)
-
ob der Autor
die von ihm selbst vorgenommenen Textbezüge selbst anspricht
und thematisiert (Autoreflexivität)
-
ob der
Sekundärtext sich häufig oder nur selten auf einen oder
mehrere andere Prätexte bezieht
-
ob die Art
und Weise, wie sich der Sekundärtext auf den Prätext
bezieht, zu einer neuen Gattung führt (transformierende
Intertextualität)
(vgl. Janich
2008b, S.183ff.)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
17.02.2025