In einem Text
kann eine vorhandene • intertextuelle Bezugnahme mehr oder weniger
stark beabsichtigt sein. Dabei kann die Deutlichkeit mit der
diese im Text markiert wird, unterschiedlich stark ausfallen,
hängt aber sowohl davon ab, wie die Markierung vorgenommen wird
und wie häufig sie vorkommt. Nicht selten sind in einem
Sekundärtext aber keinerlei Intertextualitätsmarkierungen
enthalten.
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Häufig findet
man solche Markierungen, die in einem
Sekundärtext (auch:
Folgetext, Phänotext, Transtext, Intertext) explizit auf
Prätexte (Primärtexte, Ausgangstexte,
Referenztexte, Anatexte)
verweisen, in Nebentexten (Paratexten)
(z. B. Fußnoten, Titel oder Untertitel, als Motto, Vor- oder
Nachwort oder im
Klappentext)
Markierungen, die auf der lokalen Textebene auf "die Doppel-
oder Mehrfachkodierung des Textes verweisen", sind auch
Allusion,
Anagramm,
Paragramm,
Syllepse (Zeugma),
Zitat, Autozitat
(Selbstzitat
aus anderen Texten eines Autor) und das so genannte
Zitazitat (vgl.
Lachmann/Schahadat 1992/42004, S.678)
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Verweise
auf einen Prätext können aber auch innerhalb der fiktiven
Welt eines literarischen Textes gegeben werden (z. B. eine
Figur liest einen Prätext, eine oder mehrere Figuren aus dem
Prätext erscheinen im Sekundärtext).
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Auch auf der
Ebene der
Erzählung (Exegesis)
lassen sich solche Markierungen finden (z. B. durch
wörtliche Zitate aus dem Prätext, durch Übernahme bestimmter
Strukturen oder Stileigenschaften des Referenztextes) (vgl.
Broich 1985)
Im Allgemeinen
ist wohl davon auszugehen, dass Art und Intensität der
intertextuellen Bezugnahme nur mit einer Reihe unterschiedlicher
Kriterien zu erfassen sind. In jedem Fall kann ein Text die
Übernahme oder Einschreibungen von Elementen aus einem
Prätext
mehr oder weniger deutlich markieren, er kann den
intertextuellen Bezug auch explizit thematisieren, kann
"punktuell Anleihen machen oder sich zu großen Teilen oder auch
insgesamt eines Prätextes als struktureller Folie bedienen". (Martinez
1996/82008, S.443) Ebenso kann sich der
Sekundärtext ganz direkt oder eher indirekt auf den Prätext
beziehen oder in einem mehr oder weniger stark ausgeprägten
Spannungsverhältnis zum Prätext stehen. (vgl.
ebd.) >
Bei Texten, die
einem breiteren Publikum bekannt sind (z. B. Bibel, Klassiker)
verzichten die Autoren häufig auf Referenzsignale bzw.
Intertextualitätsmarkierungen, weil sie davon ausgehen, dass
ihre Rezipienten den intertextuellen Bezug vergleichsweise
einfach erkennen können. Allerdings kann sich diese Fähigkeit
zur Dechiffrierung intertextueller Bezüge im Laufe der
Rezeptionsgeschichte eines Textes verändert haben. Was
Rezipienten zu einer bestimmten früheren Zeit ohne Weiteres
möglich gewesen sein kann, kann späteren Rezipienten, weil ihnen
das zeitgenössische Kontextwissen fehlt, abgesehen von
Experten, nicht mehr möglich sein. (vgl.
Schößler 2006, S.223)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
17.02.2025
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