▪
Bausteine
▪ Eine traditionelle Parabel
interpretieren
•
Didaktische und methodische Aspekte
•
Quicke: So interpretiert man eine traditionelle Parabel
▪
Überblick
▪
Aspekte der Schreibaufgabe
▪
Überblick
▪ Den
Bildbereich analysieren
▪
Elemente des Bildbereichs in einen Sachbereich übertragen
▪
Die Textinterpretation
strukturieren
▪
Formulierungshilfen
▪
Typische Schreibaufgaben
▪
Arbeitsschritte
▪
Musterbeispiele
Alexander aus Mazedonien1
kam einst in eine entlegne goldreiche Provinz von Afrika; die Einwohner
gingen ihm entgegen und brachten ihm Schalen dar, voll goldner Äpfel und
Früchte. «Esset ihr diese Früchte bei euch?» sprach Alexander; «ich bin
nicht gekommen, eure Reichtümer zu sehen, sondern von euren Sitten zu
lernen.» Da führeten sie ihn auf den Markt, wo ihr König Gericht hielt.
Eben trat ein Bürger vor
und sprach: «Ich kaufte, o König, von diesem Manne einen Sack voll Spreu
und habe einen ansehnlichen Schatz in ihm gefunden. Die Spreu ist mein,
aber nicht das Gold; und dieser Mann will es nicht wiedernehmen. Sprich
ihm zu, o König, denn es ist das Seine.»
Und sein Gegner, auch ein
Bürger des Orts, antwortete: «Du fürchtest dich, etwas Unrechtes zu
behalten; und ich sollte mich nicht fürchten, ein solches von dir zu
nehmen? Ich habe dir den Sack verkauft, nebst allem, was drinnen ist;
behalte das Deine. Sprich ihm zu, o König.»
Der König fragte den
ersten, ob er einen Sohn habe. Er antwortete: «Ja.» Er fragte den
andern, ob er eine Tochter habe, und bekam ja zur Antwort. «Wohlan»,
sprach der König, «ihr seid beide rechtschaffene Leute: Verheiratet eure
Kinder untereinander und gebet ihnen den gefundenen Schatz zur
Hochzeitgabe; das ist meine Entscheidung.»
Alexander erstaunte, da
er diesen Ausspruch hörte. «Habe ich unrecht gerichtet», sprach der
König des fernen Landes, «dass du also erstaunest?» – «Mitnichten»,
antwortete Alexander, «aber in unserm Lande würde man anders richten.» –
«Und wie denn?» fragte der afrikanische König. «Beide Streitende»,
sprach Alexander, «verlören ihre Häupter, und der Schatz käme in die
Hände des Königes.»
Da schlug der König die
Hände zusammen und sprach: «Scheinet denn bei euch auch die Sonne, und
lässt der Himmel noch auf euch regnen?» Alexander antwortete: «Ja.» –
«So muss es», fuhr er fort, «der unschuldigen Tiere wegen sein, die in
eurem Lande leben; denn über solche Menschen sollte keine Sonne
scheinen, kein Himmel regnen.»
Dieses Werk (Der afrikanische Rechtsspruch von Johann Gottfried Herder, das durch Gert Egle gekennzeichnet wurde, unterliegt keinen
bekannten urheberrechtlichen Beschränkungen.
1 »Alexander
der Großer (356-323 v. Chr.): Sohn von »König
Philipp II. (382-336 v. Chr.) von Makedonien, der ihn von dem
griechischen Philosophen
»Aristoteles
(384-322 v. Chr.)
erziehen lässt; das Riesenreich Alexanders des Großen verbreitete die
griechische Kultur bis an die Ränder der damals bekannten Welt (»Hellenismus)