teachSam- Arbeitsbereiche:
Arbeitstechniken - Deutsch - Geschichte - Politik - Pädagogik - PsychologieMedien - Methodik und Didaktik - Projekte - So navigiert man auf teachSam - So sucht man auf teachSam - teachSam braucht Werbung


deu.jpg (1524 Byte)

 

 

 

Traditionelle Parabel: Textauswahl

Die ewige Bürde

»Johann Gottfried Herder (1744-1803)

  
FAChbereich Deutsch
Glossar
Literatur Autorinnen und Autoren Literarische Gattungen Erzählende TexteÜberblick Lesen erzählender Texte (Inferenzbildung und Situationsmodelle) Strukturen von Erzähltexten Formen erzählender Texte Überblick Traditionelle Epik und moderne Montageepik Fabel ▪  Gleichnis KurzgeschichteParabel ▪ Quickie: So interpretiert man eine Parabel Häufig gestellte Fragen Didaktische und methodische AspekteÜberblick Typen der Parabel ÜberblickBild- und Sachbereich: Von der traditionellen zur modernen Parabel [Traditionelle Parabel Überblick Allgemeine Merkmale Die didaktische Parabel in der Literaturgeschichte Idealistische Überhöhung der Parabel Themen Erzähler und Leser Explizite Transfersignale Bild- und Sachbereich Textauswahl Bausteine ] Moderne Parabel Abgrenzung von anderen Textsorten Sprachliche Gestaltungsmerkmale Schulische Interpretation von Parabeln TextauswahlBausteine Dramatische Texte Lyrische Texte Literarische Zweckformen Grundlagen der Textanalyse und Interpretation Literaturunterricht Schreibformen  Operatoren im Fach Deutsch
  

Bausteine 

 Eine traditionelle Parabel interpretieren
Didaktische und methodische Aspekte
Quicke: So interpretiert man eine traditionelle Parabel
Überblick
Aspekte der Schreibaufgabe
 Überblick
Den Bildbereich analysieren
Elemente des Bildbereichs in einen Sachbereich übertragen
Die Textinterpretation strukturieren
  Formulierungshilfen
Typische Schreibaufgaben
Arbeitsschritte
Musterbeispiele

Die ewige Bürd
»Johann Gottfried Herder (1744-1803)

Kalif1 Hakkam, der die Pracht liebte, wollte die Gärten seines Palastes verschönern und erweitern. Er kaufte alle benachbarten Ländereien und bezahlte den Eigentümern soviel dafür, als sie verlangten. Nur eine arme Witwe fand sich, die das Erbteil ihrer Väter aus frommer Gewissenhaftigkeit nicht veräußern wollte und alle Anerbietungen, die man ihr machte, ausschlug. Den Aufseher der königlichen Gebäude verdross der Eigensinn dieser Frau; er nahm ihr das kleine Land mit Gewalt weg, und die arme Witwe kam weinend zum Richter.

Ibn Beschir war Kadi2 in der Stadt. Er ließ sich den Fall vortragen und fand ihn bedenklich; denn obschon die Gesetze der Witwe ausdrücklich recht gaben, so war es doch nicht leicht, einen Fürsten, der gewohnt war, seinen Willen für die vollkommene Gerechtigkeit zu halten, zur freiwilligen Erfüllung eines veralteten Gesetzes zu bewegen.

Was also tat der gerechte Kadi? Er sattelte seinen Esel, hing ihm einen großen Sack über den Hals und ritt unverzüglich nach den Gärten des Palastes, wo der Kalif sich eben in dem schönen Gebäude befand, das er auf dem Erbteil der Witwe erbaut hatte.

Die Ankunft des Kadi mit seinem Esel und Sacke setzte ihn in Verwunderung, und noch mehr erstaunte er, als Ibn Beschir sich ihm zu Füßen warf und also sagte: «Erlaube mir, Herr, dass ich diesen Sack mit Erde von diesem Boden fülle!» Hakkam gab es zu. Als der Sack voll war, bat Ibn Beschir den Kalifen, ihm den Sack auf den Esel heben zu helfen. Hakkam fand dieses Verlangen noch sonderbarer, um aber zu sehen, was der Mann vorhabe, griff er mit an. Allein der Sack war nicht zu bewegen, und der Kalif sprach: «Die Bürde ist zu schwer, Kadi, zu gewichtig» – «Herr», antwortete Ibn Beschir mit edler Dreistigkeit, «du findest diese Bürde zu schwer, und sie enthält doch nur einen kleinen Teil der Erde, die du ungerechterweise einer armen Witwe genommen hast. Wie willst du denn das ganze geraubte Land tragen können, wenn es der Richter der Welt am großen Gerichtstage auf deine Schultern legen wird?»

Der Kalif war betroffen; er lobte die Herzhaftigkeit und Klugheit des Kadi und gab der Witwe das Erbe zurück mit allen Gebäuden, die er hatte anlegen lassen.

 

Public Domain Mark
Dieses Werk (Die ewige Bürde von Johann Gottfried Herder, das durch Gert Egle gekennzeichnet wurde, unterliegt keinen bekannten urheberrechtlichen Beschränkungen.

1 »Kalif: Titel für religiös-politische Führer verwendet wird; im Islam ist damit üblicherweise der Anspruch auf die Führung der gesamten »islamischen Gemeinschaft verbunden.

2 »Kadi: Qādī (arabisch Entscheider, Richter‘) ist nach der »islamischen Staatslehre ein Rechtsgelehrter, der im Auftrag eines Kalifen vor allem »richterliche Funktionen wahrnimmt.

 

Bausteine 

 Eine traditionelle Parabel interpretieren
Didaktische und methodische Aspekte
Quicke: So interpretiert man eine traditionelle Parabel
Überblick
Aspekte der Schreibaufgabe
 Überblick
Den Bildbereich analysieren
Elemente des Bildbereichs in einen Sachbereich übertragen
Die Textinterpretation strukturieren
  Formulierungshilfen
Typische Schreibaufgaben
Arbeitsschritte
Musterbeispiele

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 31.03.2024

     
   
   Arbeitsanregungen:

Interpretieren Sie diese Parabel.

  • Untersuchen Sie, wie der Kadi Ibn Beschir vorgeht, um auf den Kalifen einzuwirken.
  • Weshalb lenkt der Kalif am Ende ein?
  • Unter welchen Voraussetzungen "funktioniert" die didaktische Funktion dieser Parabel?
  • Vergleichen Sie diese Parabel hinsichtlich ihrer Merkmale mit dem Prototypen / der Parabel ...
  • Hat diese Parabel und ihre Bedeutung auch heute noch eine Botschaft, die für Sie persönlich oder die Gesellschaft als Ganzes von Relevanz sein könnte?

 

 
 
 

 
ARBEITSTECHNIKEN und mehr
Arbeits- und ZeitmanagementKreative ArbeitstechnikenTeamarbeit ▪ Portfolio ● Arbeit mit Bildern  Arbeit mit Texten Arbeit mit Film und VideoMündliche KommunikationVisualisierenPräsentationArbeitstechniken für das Internet Sonstige digitale Arbeitstechniken 
 

 
  Creative Commons Lizenzvertrag Dieses Werk ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International License (CC-BY-SA)
Dies gilt für alle Inhalte, sofern sie nicht von
externen Quellen eingebunden werden oder anderweitig gekennzeichnet sind. Autor: Gert Egle/www.teachsam.de
-
CC-Lizenz