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Kurzgeschichte

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▪ Einen Erzähltext mit der Kategorientafel analysieren

ABC der schulischen Erzähltextanalyse

Die ▪ Kurzgeschichte ist eine ▪ epische Kleinform, die in Deutschland erst nach dem 2. Weltkrieg eine bedeutende Rolle spielt. Die amerikanische short story, die schon längst eine populäre Textsorte im angelsächsischen Raum geworden war, stellte dabei für die deutschsprachige Entwicklung einen wichtigen Bezugspunkt dar, ohne freilich zu einer bloß deutschsprachigen Variante des amerikanischen Vorbilds und Textmusters zu werden. Beide gattungspoetisch und gattungstypologisch unterschiedlich und die Begriffe Kurzgeschichte und Short story sollten daher auch nicht synonym verwendet werde, zumal "sie in den unterschiedlichen Kulturen unterschiedliche literarische Phänomene bezeichnen." (Meyer 2014, S.17)

Hierzulande knüpft die Entwicklung an die lange im Bereich von Kurzprosa dominierenden Formen der Novelle und der Anekdote an. So orientiert sich der Gattungsbegriff Kurzgeschichte auch an diesen und grenzt sich von ihnen ab. Dabei tragen auch die für Kurzgeschichten zur Publikation gewählten Printmedien Zeitungen und Zeitschriften dazu bei, dass sich im Gegensatz zu den anderen Formen der Kurzprosa das Verhältnis von Autor und Leser veränderte. Sie ging einher mit einer eigen- und neuartigen Art und anderen Gegenständen des in den Kurzgeschichten erzählten fiktionalen Geschehens.

Definitionsfragen

Die Kurzgeschichte im Sinne einer ▪ normatives Gattungskonzeptes definieren zu wollen, ist angesichts der Formenvielfalt dieser Kurzprosa ein wenig erfolgversprechendes Unterfangen auch, wenn es immer wieder Versuche gegeben hat, sie von von anderen Textsorten abzugrenzen und differenzierte Typologien zu erstellen. Dies kann und soll hier nicht im Einzelnen nachgezeichnet werden.

Als Beispiel dafür stehen die nachfolgenden Definitionen.

  • Was das Wesen der Kurzgeschichte ausmacht, hat Wilhelm Helmich (1961, S.977) dargestellt als Gestaltung eines Krisenaugenblicks "eines Lebens ins äußerster Kürze so, dass dadurch ein Blick in das Ganze des Lebens getan und die Geschichte für den Leser bedeutsam wird. Der Inhalt ist ein Augenblick äußerer und innerer Gefährdung für den Menschen, der entweder durch ein Ereignis vernichtet wird oder zu dem Ereignis eine innere Haltung einnimmt uns es damit seinem Lebensgang und -sinn einfügt. Das Schicksal oder der Charakter des Menschen kann hervortreten. Die Motive sind wie die Personen und die Umwelt nicht Typen oder typisch gezeichnet. Die Menschen sind Menschen des Alltags, die keine Entwicklung durchmachen, sondern in Grenzsituationen geraten, aber zugleich Muster, die für viele andere stehen."

  • Für Hans -Dieter Gelfert (1993, S.41) "(ist) die Kurzgeschichte (...) eine epische Prosaform, die aus kurzer Erzählerdistanz ein singuläres Ereignis bzw. eine singuläre Situation als fingierte Realität darstellt und durch Pointierung oder Fokussierung darin die »wahre Wirklichkeit« freilegt, ohne auf ein allgemeines Wertsystem außerhalb des Erzählten Bezug zu nehmen."

Werden diese oder ähnliche Definitionen als Arbeitsdefinitionen ohne normativen Anspruch genutzt, können sie im • literaturdidaktischen Umfeld durchaus ihren Platz haben. Sie vermitteln jedenfalls auch Gattungswissen und geben den Schülerinnen und Schülern eine gewisse "poetologische Orientierung" (Bekes 32022, S.167).

Familienähnlichkeit als gattungsbezogenes Zuordnungsprinzip

Anne-Rose Meyer (2014, S.19) betont, dass es bis heute noch immer "keine stichhaltige Theorie" gibt, "derzufolge die Kurzgeschichte anhand allgemeingültiger Merkmale und invarianter Gemeinsamkeiten überzeugend zu definieren wäre". Stattdessen spricht sie sich dafür aus, die einzelnen Vertreter der Gattung über ihre Familienähnlichkeit zu bestimmen.

Das Konzept geht auf die ▪ kognitionspsychologischen Konzepte zur ▪ Repräsentation konzeptuellen Wissens zurück, die vor allem mit der ▪ Idee der Familienähnlichkeit, der ▪ Prototypikalität und dem ▪ Exemplaransatz (Exemplartheorie) in der Gattungstheorie ihre Spuren hinterlassen haben. Und auch die ▪ Textlinguistik geht davon aus, dass Texte nicht als feste, absolute und unveränderliche Größen aufzufassen sind. Was ein Text ist, soll über bestimmte Merkmale zu beschreiben sein, die mal mehr, mal weniger stark ausgeprägt sind. Das textlinguistische ▪ Prinzip der Prototypikalität steht also auch Pate für die literaturwissenschaftliche Auffassung, wie sie Meyer (2014) in dieser Frage vertritt. Sie geht  davon aus, dass bestimmte literarische Texte in zahlreichen Punkten Übereinstimmungen aufweisen, und diese Merkmalsüberschneidungen zur Ableitung gattungskonstitutiver Merkmale dienen können. Neben idealtypischen Einzeltexten, die als Prototypen für die Gattung stehen können, gibt es danach eben auch zahlreiche Texte, die nur einige dieser Merkmale besitzen, aber aufgrund ihrer Familienähnlichkeit zur Gattung gezählt werden können.

Unter diesen Prämissen sind für Meyer (2014, S.24) Kurzgeschichten "Prosatexte, die in narrativer und sprachlicher Hinsicht einer strengen Ökonomie unterworfen sind. Inhaltlich wie thematisch bieten sie dem Leser Anknüpfungspunkte, indem häufig Alltagssituationen und/oder menschliche  Verhaltensweisen, Gedanken und Ansichten so behandelt werden, dass sie verallgemeinbar sind, also einen überindividuellen Hintersinn erkennen lassen. Dadurch, dass in den meisten Kurzgeschichten mit Andeutungen gespielt wird und Geschehnisse und Charaktere dadurch, aber auch durch das äußerst knapp gehaltene epische Gerüst rätselhaft oder ambivalent erscheinen, können Interpretationen u. U. nur schwer abgesichert werden."

Ungeachtet solcher Definitionen und mehr oder weniger normativen Gattungskonzepte, welche die Textsorte Kurzgeschichte an bestimmten Merkmalen festmachen, gibt es natürlich eine große Vielfalt von Zwischen- und Mischformen.

Von den Kurzgeschichten zu den Kürzestgeschichten

In der unmittelbaren Nachkriegszeit erlebte die Kurzgeschichte in Deutschland ihre stärkste Verbreitung und Rezeption. Doch schon in den darauf folgenden Jahrzehnten ebbte der Kurzgeschichtenboom wieder ab. Und so schien die Kurzgeschichte, von der »Marie Luise Kaschnitz (1901-1974) in der Wochenzeitung Die Zeit vom 3. Mai 1968 sagte, sie habe "die Kurzgeschichte gründlich satt" (zit. n. Bellmann 2005, S.191) schon bald nicht mehr en vogue. Allerdings war man da in der literarischen Öffentlichkeit auch geteilter Meinung. Und so zeigt die Kurzgeschichte bis heute eine erstaunliche Vitalität und die Prognosen vom Ende dieser literarischen Gattung haben sich angesichts immer wieder neuer Erzählbeispiele und, im Zeichen des Internets, wieder hinzugewonnenen Publikationsmöglichkeiten für ihre Autoren nicht erfüllt.

Neben der "klassischen Kurzgeschichte" haben sich schon seit Mitte der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts noch deutlich kürzere Formen fiktionaler Prosa etabliert, die zum Experimentierfeld zahlreicher namhafter Autoren wurden. Kürzestgeschichten, wie diese Art der Minimalprosa oft genannt wird, sind "zumeist fiktionale Erzählprosatexte, in denen gegenüber der Kurzgeschichte eine noch höhergradige Komprimierung und erzählerische Reduktion vorliegt, die also das Ergebnis einer zunehmenden Verknappung der Kurzgeschichte darstellen." (Bellmann 2005, S.193)
Beispiele dafür sind u. a. Peter Bichsels San Salvador oder Die Tochter, Kurt Martis Neapel sehen, Angela Stachowas Ich bin ein Kumpel oder auch später Jens Ludwigs Geschichten Jetzt ist Friede, Ab in die Zone oder One fits all.

Kurzprosa: Oberbegriff für alles oder für nicht per Genre definierte Texte

Im Zusammenhang mit der Kurzgeschichte taucht auch häufig der Begriff Kurzprosa auf.

  • Meistens umfasst der Begriff solche kurzen Prosatexte, die sich keinem definierten Genre (z. B. Aphorismus, Anekdote, Kurzgeschichte) zuordnen lassen. Das sind meistens Texte von Autoren, die auf der Suche nach Neuem, neuartige Erzählformen konzipieren und ausprobieren. Es gibt aber auch Texte, die an Tradition und Muster des Aphorismus anschließen und sich dabei zwischen fiktionalem Erzählen und nichtfiktionalen Darstellen bewegen. Sie sprengen mit ihren narrativen und essayistischen Erweiterungen den Rahmen des Aphorismus und erweitern ihn damit.

  • Seltener wird der Begriff Kurzprosa auch einfach als Oberbegriff verwendet, der sämtliche Formen der Kurzprosa einschließlich der Kurzgeschichte umfasst.
    (vgl. ebd., 194)

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 13.05.2025

   
 

 
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