In •
Fabeln
können grundsätzliche alle möglichen Dinge, Figuren und Wesen auftreten,
sofern sie der • globalen
Anthropomorphisierung, wie sie die
Textsorte
auszeichnet, unterworfen sind. In Tierfabeln sind es Tiere, die wie Menschen
agieren.
Im Alltagssprachgebrauch ist vielen der Begriff
Rabenmutter oder Rabenvater
bekannt. Dieser althergebrachte Volksglaube, wonach Raben ihre Jungen schon
sehr früh aus dem Nest vertreiben, und damit ein Beispiel wenig ausgeprägter
Elternliebe abgeben, wurde Kindern schon in Märchen, wie z. B. der »Brüder
Grimm (»Die
Rabe, »Die
sieben Raben) beigebracht. Die medialen Inszenierungen des Raben in
Fantasy-Filmen aller Art von »Harry
Potter bis »Krabat
(2008) zeigen wie populär die Symbolik ist, die mit dem Raben schon seit
altersher in Verbindung
gebracht
wird. Sogar als »Wappentier
kommt der Rabe im Mittelalter vor.
Interessant auch die Geschichte seines »Sternbildes,
wie sie aus der griechischen Mythologie überliefert ist: "In der
griechischen Mythologie wird der Rabe mit dem Sternbild »Becher
und der »Wasserschlange
in Verbindung gebracht: »Apollon
schickte für eine Opfergabe an seinen Vater
Zeus den
Raben aus, damit dieser Wasser aus einer Quelle hole. Der Rabe griff sich
den Becher und machte sich auf den Weg. Auf dem Weg dorthin sah er
allerdings auf einem Feigenbaum noch nicht ganz reife Feigen, von denen er
unbedingt kosten wollte. Also wartete er einige Tage, bis die Feigen
reiften, und beendete erst dann seinen Auftrag. Um eine Entschuldigung für
sein Zu-Spät-Kommen zu haben, griff er sich eine Wasserschlange und
behauptete, diese habe den Weg zu der Quelle versperrt.
Apollon aber durchschaute die Lüge und bestrafte den Raben dadurch, dass er
zur Zeit der Feigenreife nicht mehr trinken kann und versetzte ihn an den
Himmel, zusammen mit dem Becher und der Wasserschlange als Warnung.
In einer anderen Erzählung wird der Rabe ebenfalls aus Strafe an den Himmel
verbannt. Er erzählte Apollon, dass dessen schwangere Geliebte »Koronis
fremdgehe. Aus Zorn tötete Apollon Koronis und deren Gespielen. Dieses
bereute er aber sofort, und er konnte noch das Leben seines ungeborenen
Sohnes retten. Als Strafe färbte Apollon den weißen
Raben schwarz und verbannte ihn an den Himmel." (Wikipedia,
1.11.13)
Der Rabe kann Weisheit, oft verbunden mit prophetischen Gaben, und Fürsorge
symbolisieren. Aber ebenso kann er als Symbol des Todes, des Bösen, des
Dämonischen und er Sünde, manchmal auch des Teufels, agieren. Diese
Symboleigenschaften werden ihm wegen seines pechschwarzen Gefieders, seiner
Gewohnheit, Aas zu fressen, seiner ausgesprochenen Langlebigkeit, sowie der
Tatsache, dass er sich in der unmittelbaren Umgebung des Menschen aufhält
zugeschrieben. Aber auch seine krächzende Stimme, die er mit den Krähen
teilt, und seine Intelligenz spielen dafür sicher eine Rolle.
Schon in der Antike tritt der Rabe als Bote des Gottes Apollon auf, und ist
sogar Zeichen von Asklepios, des Gottes der Heilkunde. Seine
Weisheit und seine
weissagerischen Fähigkeiten, die er im Allgemeinen seinem langen
Leben verdankt, in zahlreichen Quellen belegt, und selbst in der
germanischen Mythologie, wo er als Vogel des Schlachtfeldes auftritt, ist er
dafür bekannt, über das Bescheid zu wissen, was in der Welt passiert.
Wird im Raben ein
Symbol des Todes,
des Bösen oder des Dämonischen gesehen, genügt oft sein Erscheinen
oder das Erklingen seiner krächzenden Geräusche, dass man dahinter ein böses
Omen vermutet. Dabei hat sicher auch die Tatsache eine Rolle gespielt, dass
er als Aasfresser Abscheu erregt hat. So war der Weg nicht weit, dass man
dem Raben im Mittelalter vor allem Treu- und Ehrlosigkeit nachsagte. Und
wenn das schwarze Federkleid des Raben schon als Zeichen der Sünde angesehen
wurde, dann war klar, dass der Rabe alles nur Denkbare Unheil ankündigen
konnte. Von solchen Zuschreibungen hat sich der Rabe kaum mehr lösen können,
und so wundert es nicht, dass er auch in der neueren Lyrik von »Sarah
Kirsch (1935-2013) oder
Paul Celan
(1920-1970) "Kälte und existentielle Vereinsamung" symbolisiert.
(Metzler
Lexikon literarischer Symbole 2008, S.287)
In Fabeln wird meistens auf den Raben als ein
Symbol der Sünde und des Teufels
rekurriert, wenn er mit Habgier, Übermut und Eitelkeit in Verbindung
gebracht wird (• Johann Wilhelm Ludwig Gleim: Der Fuchs
und der Rabe und andere Fassungen). Und doch ist der Rabe
auch in der christlichen Mythologie nicht auf Sünde und Teufel allein
festgelegt. Er kann sogar als Werkzeug Gottes auftreten.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
21.12.2023