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Strukturbegriffe für die schulische Erzähltextanalyse

Didaktische Aspekte

 
FAChbereich Deutsch
Glossar
Literatur:▪ Autorinnen und Autoren Gattungen Erzählende Texte Überblick Lesen erzählender Texte (Inferenzbildung und Situationsmodelle) Strukturen von Erzähltexten Strukturwandel in der modernen Epik Strukturbegriffe der Erzähltextanalyse  Überblick ● Auswahl (Zusammenstellungen wichtiger Strukturbegriffe) Alles auf einen Blick: Sammelsurium Strukturbegriffe der älteren Erzähltheorie Strukturbegriffe der neueren Erzähltheorie [ Strukturbegriffe für die schulische Erzähltextanalyse Didaktische Aspekte ABC der Strukturbegriffe ] Darstellungsebene und Ebene des Dargestellten Wie wird erzählt? (Zeitgestaltung, Perspektiven, Darbietungsformen ...) Was wird erzählt? (Handlung, erzählte Welt, Figur, Raum) Bausteine Textauswahl BausteineFormen erzählender Texte Textauswahl Dramatische Texte Lyrische Texte Literarische Zweckformen  Literaturgeschichte Motive der Literatur Grundlagen der Textanalyse und Interpretation Literaturunterricht Schreibformen ▪ Analyse und Interpretation von Erzähltexten in der Schule Operatoren im Fach Deutsch
 

Schulische Erzähltextanalyse und Kompetenzen

Die ▪ Erzähltextanalyse im Literaturunterricht der Schule darf auf der einen Seite den Anschluss an die Entwicklung der wissenschaftlichen Erzähltheorie (Narratologie) nicht völlig verlieren, muss aber angesichts einer unter didaktischem Blickwinkel zum Teil doch sehr "abgehoben" daherkommenden neueren Erzähltheorie ihren pädagogischen und kompetenzorientierten Zielen im Zusammenhang literarästhetischer Rezeptionskompetenz gerecht werden. Kurz gesagt: erzähltheoretische "Moden" ebenso wie eine bis ins Detail ausgefeilte narratologische Terminologie haben in diesem Zusammenhang wenig Platz.

Dennoch zeigen der schulische Literaturunterricht und die Lehrkräfte, die ihn gestalten, eine vergleichsweise geringe Neigung, Ansätze und Terminologie der neueren Erzählforschung in den Literaturunterricht einzubringen. Weithin dominieren darin die zum Teil jedenfalls doch sehr in die Jahre gekommenen Konzepte der traditionellen (älteren, vorstrukturalistischen) Erzählforschung, allen voran »Franz K. Stanzels  (geb. 1924) Konzept der Erzählsituationen oder »Eberhard Lämmerts (1924-2015) Bauformen des Erzählens (1952/55).* Bei der schulischen ▪ Textinterpretation sind diese Konzepte weiterhin Standard.

Als Alternative dazu bietet sich, insbesondere unter literaturdidaktischem Aspekt betrachtet, die ▪ Erzähltextanalyse nach Petersen(1993, 72006) an, mit deren Hilfe sich mit einer beschränkten Anzahl von Kategorien in einer allgemein verständlichen Terminologie wesentliche Erzählstrukturen in in ihrem Funktionszusammenhang analysieren lassen. Darin wird Stanzels als "geschlossene Typologie" konzipierte Erzählsituationen "durch einen offeneren Merkmalskatalog ersetzt, der mehr (wenn auch nicht alle) Kombinationsmöglichkeiten und damit eine feinere Klassifizierung ermöglicht." (Jahraus 2009, S.228)

Um die verschiedenen erzähltheoretischen "Universen" zumindest in Grundzügen mit ihren wichtigsten Strukturbegriffen abzubilden, werden sie zunächst einmal jedes Universum für sich, zusammengefasst. Dabei ist natürlich klar, das, um im Bild zu bleiben, jedes Universum für sich wieder aus mehr oder weniger geschlossenen Galaxien und Sonnensystemen besteht, die im Einzelnen zu separieren, Aufgabe der Erzählforschung sind.

Hier wird unterschieden zwischen

Ferner machen wir den Versuch mit einer eigenen ▪ Zusammenstellung wichtiger Strukturbegriffe für die schulische Erzähltextanalyse (Standard-Auswahl) unter unter literaturdidaktischem Vorzeichen eine Brücke zwischen den ▪ Strukturbegriffen der älteren und der ▪ neueren Erzähltheorie zu schlagen. Dabei werden aus literaturdidaktischen und heuristischen Zwecken Begriffe miteinander kombiniert, die systemisch zu einem jeweils anderen erzähltheoretischen Ansatz gehören.

Ein solches Unterfangen ist nicht unproblematisch und dennoch literaturdidaktisch notwendig, auch wenn der Aufschrei von Kritikern aus den verschiedenen Ecken "reiner" Lehre, von Traditionalisten ebenso wie von "Genettisten" oder "Schmidianer", groß sein wird.

Schulische Erzähltextanalyse und -interpretation ist der "Werkzeugkasten-Fraktion" verbunden

Bei der ▪ schulischen Analyse und Interpretation von Erzähltexten geht es nicht um eine letztlich widerspruchsfreie, kategoriale Terminologie in einem geschlossenen erzähltheoretischen Universum, schon gar nicht um terminlogische Vorherrschaft im Bereich der Erzähltheorie, was ohne "Begriffshuberei" anscheinend kaum zu schaffen ist, sondern um den heuristischen Wert, den die Anwendung der Strukturbegriffe für Schülerinnen und Schüler auf den ihnen angemessenen Kompetenzniveaus besitzt.

Daher wird sie sich stets auch eher der sogenannten "Werkzeugkasten-Fraktion" (Vogt 2011, S.10) verbunden zeigen, die ihre "allgemeinen Begriffe, Kategorien und Unterscheidungen der Erzähltheorie [...] nicht in streng systematischer Form [..]" vorstellt, "wohl aber kompakt und in einer Ordnung, die sich sich den vergangenen Jahrzehnten als praktisch und gut handhabbar bewährt hat. Das heißt auch dass sie aus verschiedenen Quellen oder wissenschaftlichen Schulen stammen"  (Vogt 2011, S.10f). Dieses durchaus eklektische Vorgehen passt dabei, da ist Vogt voll und ganz zuzustimmen, in die "innerhalb der deutschen Literaturwissenschaft [...] in den letzten Jahren doch immer stärker in diese vernünftige Richtung eines entspannten Methodenpluralismus" gegangene Entwicklung.

Es geht dabei gerade bei der Interpretation von literarischen Texten, und das natürlich in besonderem für die schulische Textinterpretation darum, erzähltheoretische Kategorien, "verstanden als begrifflicher Werkzeugkasten" (Köppe/Kindt 2014, S.33) "im Rahmen unterschiedlich ausgerichteter interpretativer Erschließungen von Erzähltexten" zu nutzen.

Dabei ist es gerade unter literaturdidaktischem Aspekt besonders von Bedeutung, "dass die narratologische Beschreibung eines Textes für dessen interpretative Erklärung weitgehend oder sogar vollkommen irrelevant sein kann." (ebd, S.30)  Im Verhältnis von Narratologie (Erzähltheorie) und Textdeutung (Interpretation) fungiert jedenfalls "die Erzähltheorie eben nicht als methodischer Leitfaden, sondern nur als heuristischer Bezugspunkt der Textdeutung [...]. Dass sich in einer Erzählung eine bestimmte Perspektivgestaltung oder eine bestimmte Handlungskomposition beobachten lässt, ist für ihre Bedeutung oftmals, aber nicht notwendigerweise wichtig. Kurz gesagt: Die Textstrukturen, die sich mit Hilfe des narratologischen Instrumentariums identifizieren lassen, haben im Rahmen der Textinterpretation hohes Relevanzpotenzial, jedoch keine Relevanzgarantie (ebd, S.30). Ob bestimmte Strukturen des Erzählens für die Interpretation eines Textes also wirklich von Bedeutung sind, hat grundsätzlich nichts damit zu tun, dass es diese Strukturen (z. B. Zeit-, Raum- und Figurengestaltung sowie Perspektiven) in einem erzählenden Text gibt.

Im literaturdidaktischen Setting sollte die Narratologie sich daher in besonderem Maße dem Leser verpflichtet sehen, so wie es schon »Franz K. Stanzel  (geb. 1924) gefordert hat, der seine Theorie des Erzählens als "Dienerin der Literaturkritik und Interpretation" verstanden hat und seine Begriffe in einer Erzähltheorie für Leser den Rang von "discovery tools" gegeben hat, die "den Leser zu Einsichten führen, die ihm ohne dieses theoretische Rüstzeug [...] nicht zugänglich geworden wären" (zit. n. ebd, S.30). Nicht anders sehen dies auch »Gérard Genette (1930-2018) und »Mieke Bal (geb. 1946), die "ihre Beiträge zur Erzähltheorie als »Entdeckungshilfe« und »Werkzeug der Beschreibung« bzw. als »Mittel zur Erläuterung und Klärung von Lektüreeindrücken« einstufen." (ebd, S.30)

Vielleicht ist es eine für die Literaturdidaktik durchaus brauchbare Idee, wenn Vogt (2011, S.10) vorschlägt zwischen den Begriffen Erzähltextanalyse und Erzähltheorie wie folgt zu unterscheiden.

  • Erzähltextanalyse steht dann für die Analyse von Texten im Dienst der Interpretation.

  • Erzähltheorie für die Analyse des Erzählens mit seinen Strukturen, wobei der Text nur als Beispiel dient.
    In diesem Verständnis bliebt die Erzähltheorie "ein begrifflicher Werkzeugkasten, durch dessen Nutzung sich zwar nicht zu einer umfassenden Erschließung von Erzählungen gelangen lässt, wohl aber zu Textbeobachtungen und Strukturbestimmungen, die zu einer solchen Erschließung in unterschiedlicher Weise beizutragen vermögen: Sie können etwa dazu dienen, Interpretationen einzelner Erzählungen anzuregen, abzusichern oder in Frage zu stellen, sie können aber auch helfen, Muster in umfangreicheren Textkorpora und literaturgeschichtlichen Entwicklungsprozessen zu erkennen oder Wirkungen und Wirkungspotenziale von Texten bzw. Textstrukturen zu erläutern." (Köppe/Kindt 2014, S.28f.

Schulische Erzähltextanalyse umfasst auch weitere Gesichtspunkte

Die schulische Erzähltextanalyse ist nicht auf den narratologischen Gegenstand der Analyse beschränkt, sondern steht meistens im Zusammenhang mit der Interpretation erzählender Texte. Dementsprechend gehören zum Bereich "Wie wird erzählt?" im schulischen Literaturunterricht auch sprachliche und stilistische Aspekte, die "nicht notwendig an das Phänomen des Erzählens gebunden (sind), sondern (...) die Gestaltung von Rede überhaupt (betreffen)" (Martinez/Scheffel, 10. Aufl. 2016, S. 32)

* Auch teachSam ist lange Jahre der traditionellen Erzähltheorie treu geblieben und hat sich erst nach und nach aufgemacht, die neuere Erzähltheorie stärker in den Aufbau und die Inhalte des Arbeitsbereichs Strukturen epischer Prosa zu integrieren. Dieser Prozess ist ein längerfristig angelegter Umbau, der noch im Gange ist.

 Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 19.12.2023

   
 

 
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