In der
Dramendidaktik drehte sich die Auseinandersetzung lange um
bestimmte ▪
Grundpositionen. Dabei ging es vor allem um die Frage, ob
Dramen überhaupt geeignete Gegenstände des Literaturunterrichts
an den Schulen sein sollten.
Auch wenn diese Diskussion immer wieder aufkommt, hat sich
der herrschende Literaturunterricht eigentlich radikalen
Positionen nie ernsthaft verpflichtet gesehen, die dramatische
Texte aus dem Unterricht verbannen wollten.
Statt dessen haben sich unter dem Einfluss der Dramentheorie
etliche dramendidaktische Konzepte entwickelt, die die zuvor
einseitig textorientierte Behandlung von Dramen im
Literaturunterricht auf eine neue Grundlage gestellt und
erweitert haben.
So gehen zeitgemäße Konzepte zur Behandlung dramatischer
Texte im Unterricht gemeinhin von der ▪
Plurimedialität des dramatischen Textes aus. Dass der
Dramenunterricht in der Schule damit im Allgemeinen "von der
Beziehung zwischen Lektüre und Inszenierung her"
Lösener (2005, S. 305) konzipiert werden muss, steht dabei
schon lange nicht mehr in Frage. Damit wird der grundsätzlich
der ▪
Partiturcharakter des dramatischen Textes in den Vordergrund
gerückt.
Neuere dramendidaktische Konzepte im Überblick
Die Typologien dramendidaktischer Konzepte variieren, auch
wenn sie im Grunde von den gleichen dramentheoretischen
Positionen ausgehen. Sie sollen hier im Überblick dar- und
einander gegenübergestellt werden. Ihre Integration soll hier
nicht geleistet werden.
-
Franz-Josef Payrhuber
(1998, S. 660-665) unterscheidet drei verschiedene
"gattungsspezifische Umgangsformen":
-
Theaterpädagogische Konzepte: "Vorschläge,
denen eine Akzentuierung dramatischen Spiels gemeinsam
ist". (Payrhuber
1998, S. 661); Hinführung zu professioneller
Theaterpraxis (Beimdick
1980); Umgang mit Dramen als "spielerisch-tätige
Aneignung von Ausdrucksmöglichkeiten" eigener
"Wahrnehmungen, Gefühle, Verhaltensweisen,
Lebensentwürfe" (Abraham
1992, S. 31); Orientierung an prozessorientierter,
ganzheitlich verstandener Theaterarbeit (Schuster
1994/21996); szenische Interpretation
(Ingo
Scheller 1987, 1989, 22008);
Prinzip der simulierten Dramaturgie und Inszenierung
zur Diskussion der theatralischen Inszenierung einzelner
Damenszenen (Göbel
(1980)
-
Aufführungsbezogene Lektüre: "subsumiert alle
theaterorientierten Methoden im Umgang mit dem Drama und
besagt zugleich, dass bei keiner dieser Verfahrensweisen
der literarische Text selbst aus dem Blick verloren
werden darf." (Payrhuber
1998, S. 663); Erarbeiten von Inszenierungsentwürfen
und Gestaltung von Aufgaben, die im Zusammenhang mit der
Aufführung stehen auf der Grundlage genauen Lesens und
schriftlicher Analyse des Textes bei Berücksichtigung
der besonderen schulischen oder unterrichtlichen
Rezeptionsbedingungen
-
Produktive
Umgangsformen: im Anschluss an Konzepte zum
handlungs- und produktionsorientierten Unterricht als
Erweiterung der aufführungsbezogenen Lektüre oder als
Erprobung eigener Formen literarischer Aneignung zu
verstehen (vgl.
Payrhuber 1998, S. 664); "Produktionsprojekte", die
an die eigene literarische Produktion von Dramentexten
gebunden sind (Pielow
1975a,
1976); textorientierter produktiver Umgang mit
Dramen mit dramenspezifischen Schreibaufgaben, "die den
Lesevorgang als Wahrnehmungs-, Konkretisations- und
Interpretationsprozess konstituieren." (Payrhuber
1998, S. 665); produktive Verfahren, die zum einen
auf "die Erkundung des Dramas durch eigenes Schreiben
einer dramatischen Sequenz oder eines ganzen Stückes und
zum anderen einen rezeptionsästhetisch rückgebundenen
aktiven und produktiven Umgang mit Dramentexten" zielt.
(ebd.)
-
Klaus-Michael Bogdal und Clemens Kammler (2002,
42006, S.183ff.) unterscheiden drei verschiedene
dramendidaktische Ansätze:
-
Gattungstheoretischer Ansatz: Beschreibung
und Analyse von gattungs- bzw. textsortenspezfischen
Strukturen und Vermittlung des Strukturwissens im
Literaturunterricht (z. B.
Müller-Michaelis 1971/21975)
-
Theaterpädagogischer Ansatz:
Theater-
und spielpädagogische Konzepte, die in der Erprobung
"dramaturgischer Funktionen" und der Nutzung des
Dramentextes als
Textpartitur ihren Schwerpunkt setzen (z. B.
Beimdick 1980,
Renk 1978/31986);Szenische
Interpretation Bogdal/Kammler zählen dazu auch
Ingo
Schellers (1987, 1989, 22008)
Konzept der szenischen Interpretation, das "auf
den Einsatz darstellender Verfahren" und
Handlungsorientierung setze sowie Payrhubers Prinzip
der "aufführungsbezogenen Lektüre", in dem sie "den
Versuch einer Überwindung der Einseitigkeiten früherer
theaterpädagogischer Ansätze"
(Bogdal/Kammler (2002, S.186) sehen, die das von
Klaus Göbel (1980, S.520ff.) formulierte, bei ihm
aber weitgehend theoretisch gebliebene, Prinzip
simulierter Dramaturgie und Inszenierung mit einer
Reihe von methodischen Vorschlägen in die Praxis
umgesetzt habe (vgl.
(ebd.)
-
Produktionsorientierter Ansatz: Schwerpunkt
auf textproduktiven Verfahren, die zur Produktion von
neuen Texten, Textteilen oder Textvarianten führen
sollen (Waldmann
2001/52008, S.2)
-
Hans Lösener (2005, S. 305), dessen
Inszenierungsbegriff drei verschiedene Formen (aufgeführte
I.,
mentale I.,
implizite I.) differenziert, fordert, dass der
Dramenunterricht "von der Beziehung zwischen Lektüre und
Inszenierung her" konzipiert werden muss. Er unterscheidet
-
Ulf Abraham und Martin Kepser (2006, S.143)
unterscheiden - "teils mit
Bogdal/Kammler (2002, S. 183ff.) vier verschiedene
Konzepte des Umgangs mit dem Drama
Gert Egle. zuletzt bearbeitet am:
04.06.2025
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