Epigraphe
(gr.
ἐπιγραφή) als dem Titel vorangesetzte,
meist lateinisch abgefasste Inschriften, die auch mit bildlichen
Darstellungen verbunden sein können, sind kleinere Texte, die
meistens vom Herausgeber dem Dramentext hinzugefügt werden. E
s kann sich dabei auch um Zitate
oder auch um Widmungen handeln. Insofern zählen sie zum so
genannten ▪
auktorialen Nebentext
(vgl.
Pfister 1977, S.107)
Wie
Pfister (1977, S.35) darstellt, kommt der
Selbstveröffentlichung der Dramen von »Ben
Jonson (1572-1637) "unter dem anspruchsvollen Titel Works
(1616) mit lateinischem Epigraph, Widmungsschriften, Prologen
und Bühnenanweisungen" dabei eine bahnbrechende Bedeutung zu.
Das liege vor allem daran, dass derartige Textzusätze bis
dahin nur Werken der Hochliteratur zugestanden worden seien, zu
denen man dramatische Werke zur Zeit »William
Shakespeares (1564-1616) eben noch nicht oder nur in
Ausnahmefällen gerechnet habe.
In Bertolt ▪
Brechts
(1898-1956) ▪
epischem Theater dagegen besitzen
Epigraphe
und
Epigramme, die auf der Bühne zu sehen bzw. zu lesen sind, eine für sein
wirkungsästhetisches Konzept zur Desillusionierung der Zuschauer eine
herausragende Bedeutung.
Sie sollen den Zuschauer in die Rolle eines kritischen
Beobachters des Bühnengeschehens versetzen und damit seiner mit
der Bühnenhandlung und/oder einzelnen Figuren entgegenwirken.
Projektionen,
Spruchbänder und Szenentitel, von
denen Brecht in seinen Stücken regen Gebrauch macht, sollen die
innere Spielhandlung kommentieren und sind somit Elemente einer
auktorialen Episierung des Bühnengeschehens.
In dem Stück "Leben des Galilei" sind z.B. 12 der 15 Bilder
bzw. Szenen mit solchen Epigraphen bzw. Epigrammen versehen, wie
dies z. B. beim 4. Bild der Fall ist:
"Galilei hat die Republik Venedig mit dem Florentiner Hof vertauscht.
Seine Entdeckungen durch das Fernrohr stoßen in der dortigen
Gelehrtenwelt auf Unglauben.
Das Alte sagt: So wie ich bin, bin ich seit je.
Das Neue sagt: Bist Du nicht gut, dann geh."
Gert Egle. zuletzt bearbeitet am:
19.12.2023