Guckkastenbühne

Überblick

 
 
  Die Bühne als Guckkasten, das Bild verweist auf die lange Tradition der ...

Guckkasten und Mikroskop können, so Alexander Košenina (in: metaphorik.de 11/2006), "für zwei gegenläufige ästhetische Wahrnehmungsmodelle stehen. Das im 18. Jahrhundert verbesserte Mikroskop, das als Vergrößerungsgerät Einblicke in die Details des Mikrokosmos eröffnet, verstärkt und steigert den begrenzten menschlichen Sehsinn. Im Unterschied zu diesem vergrößernden, analytischen Instrument ist der seit 1677 nachweisbare Guckkasten ein verkleinernder, aber synthetisierender Projektionsraum, der – häufig mit der Camera obscura verwechselt – eine künstlich geschaffene kleine Welt vors Auge bringt. Er macht im Unterschied zum Mikroskop nicht die Objekte selbst, sondern Bilder von Objekten sichtbar, bedient sich also schon von vornherein der Mittel von Kunst und Imagination.
Der Guckkasten ähnelt einer Bühnenbildminiatur mit Guckloch, in die lediglich ein Prospekt ("Guckkastenblatt“) auf der Grundfläche oder im Hintergrund eingelassen ist. Werden davor auch noch bewegliche Figuren arrangiert, spricht man von einem Raritätenkasten, der einem Marionettentheater gleicht. Es gibt auch Guckkästen mit mehreren hinter- oder untereinander angeordneten Kulissenrähmchen, die den Eindruck von Raumtiefe verstärken. Daraus entwickelt sich Anfang des 19. Jahrhunderts das Faltperspektiv.
Schließlich kennt man schon um 1750 Guckkästen mit einem fortlaufenden, durch eine Kurbel bewegbaren Bildstreifen.
Um 1800 stehen beide Arten von Instrumenten hoch im Kurs: zum einen das inzwischen auch für wohlhabende Bürger erschwingliche Mikroskop in der Privatsphäre naturkundlicher Dilettanten, zum anderen der Guckkasten als Attraktion im öffentlichen Raum. Als Mittel der Unterhaltung und Volksbildung bringt letzterer die große Welt auf alle kleinen Marktplätze Europas, weshalb man ihn gerne als ‚Fern-Seher‘ des 18. Jahrhunderts bezeichnete (vgl. dazu umfassend Füsslin e.a. 1995; s. auch Hick 1999:216-235). In der Kinderliteratur schafft das ein Pendant zur Tradition des Orbis pictus [...], etwa in Carl Langs Der Kleine mit dem Guckkasten oder schöne Raritäten für Knaben und Mädchen, welche sich in der Welt umsehen und erfahren wollen wie solche außerhalb der lieben Heimath beschaffen sey (1806) . "


(Quelle:www.metaphorik.de/11/kosenina.htm)