Die räumliche Beziehung zwischen Bühne und Zuschauerraum wirkt sich
auf die plurimediale Struktur dramatischer Texte aus, wie sich aus der
nachfolgenden Übersicht ersehen lässt. (vgl.
Pfister 1977,S.41ff.; vgl.
Platz-Waury 51999, vgl.
Geiger 1978, vgl. wikipedia.de)
Griechische
Klassik
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»Antike
Orchestrabühne (gr. orchestra = Tanzplatz)
-
meistens in kultischen Bezirken errichtet und darin integriert
-
Freiluftaufführungen
der ▪ antiken Tragödien und
Komödien ursprünglich an religiösen Festen wie z. B. den ▪
kultisch-rituellen Festen zu Ehren des Gottes Dionysos
-
Beträchtliche Ausmaße
des antiken Theaters für riesige Zuschauermengen (14.000 in »Epidaurus
(s. Abb. aus Wikipedia), 24.000 in »Ephesus);
Zuschauer in einer streng geregelten Sitzordnung von der
Orchestra unten nach oben ursprünglich: Priester und höchste
Beamte auf thronartigen Ehrenssesseln am Rand der Orchestra,
dahinter in den Reihen aufwärts Ratsmitglieder und verdiente
Fremde, dann die männlichen Bürger der Polis und ganz oben die,
die
keinen
Bürgerstatus hatten, nämlich, Frauen, Kinder und auch Sklaven.
-
Strukturelemente:
Koilon (Zuschauerraum);
Orchestra (kreisrunder oder
halbkreisförmiger Auftrittsbereich des Chores, der den Raum
durch die beiden seitlich gelegenen mächtigen
Parodostore betrat und durch sie die
Orchestra auch verließ; Skene
mit
Proskenium, einer langgestreckten Halle von geringer
Tiefe, hinten durch das Skenengebäude abgeschlossen; durch die
darin eingelassenen drei Tore traten die Schauspieler auf ihren
Auftrittsplatz (Logeion), der gegenüber der Orchestra nur leicht
erhöht war
-
Zuschauerraum in
einem Über-Halbrund um die Spielfläche platziert, daher kein
illusionistisches Bühnenbild möglich
-
Hintergrund der
Spielfläche: neutrale Wand (Bühne, skene) und reale Landschaft
-
wegen großer
Entfernung von Bühne und Zuschauern kein realistisches Spiel der
Schauspieler, sondern stilisierender Schauspielstil:
Deklamation, Chorgesang, Masken, symbolische Kostüme, große
Gebärden
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Mittelalter
|
»Mittelalterliche
Simultanbühne
-
wie die antiken
Theateraufführungen unter freiem Himmel an religiösen Festen (»Mysterienspiele,
dabei werden im Allgemeinen Stationen der Leidensgeschichte
Christi dargestellt),
-
Simultanbühne = eine
unter mehreren mittelalterlichen Bühnenformen. waren die
einzelnen Spielstätten gleichzeitig aufgebaut, von allen
Seiten einsehbar. Dekorationsarm, . )
-
alle
Szenenflächen (sedes, loca oder mansiones) sind auf der
räumlichen oder flächigen Bühne gleichzeitig nebeneinander,
meist rund um einen Marktplatz, entweder auf beweglichen
Schauwägen (»Wagenbühne)
oder auf primitiven statischen Schaugerüsten aufgebaut; zwischen
mansiones weite neutrale Spielfläche = platea
-
dekorationsarme Bühne
(Himmel (hoch oben) oder Hölle (Drachenmaul) symbolisch
gekennzeichnet) von allen Seiten einsehbar; räumlich enger
Kontakt zwischen Schauspielern und Publikum, offener Übergang
zwischen Spielraum und Zuschauerraum.
-
"Dramenstil, in dem
feierlich-ritualistische Elemente liturgischer Herkunft mit
burlesk-realistischen, derben Spielelementen kontrastieren, die
in besonderer Weise die Alltagsrealität und den Geschmack des
umstehenden Publikums spiegeln." (Pfister 1977,S.43).
-
Bewegungen wichtig,
Bühnenraum selbst semantisiert. (vgl.
Platz-Waury 51999, S.19f.)
-
Theateravantgarde der
1920er-Jahre reaktivierte die Bühnenform, besonders »Erwin
Piscator (1893-1966) setzte erneut auf die Simultanbühne wie
z. B. bei seiner Uraufführung von »Ernst
Tollers »"Hoppla,
wir leben“,
1927)
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Shakespeare-Zeit
(16. Jahrhundert)
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»Shakespeare-Bühne
(»Elisabethanisches
Theater)
-
Aufführungen in eigenen Theatergebäuden (public
playhouse), Spiel bei Tageslicht
-
professionelle Schauspielerensembles
-
enger Kontakt zum Publikum, das sie Bühne von drei Seiten
umringt; Zuschauer dabei zum größten Teil auf übereinander
angeordneten Galerien; der wegen der weit in den Raum
hineinragenden Vorbühne relativ kleine Innenraum für die
niederen Stände
-
wegen dem Vorhandensein von drei Spielflächen schneller
Szenen- und Schauplatzwechsel möglich (z.B. bei Shakespeares
Kurzszenentechnik) bei Wahrung des gesamten
Handlungszusammenhangs
-
differenzierte
Schauspielkunst im sprachlichen, mimischen und gestischen Spiel;
-
mitunter Durchbrechung der dramatischen Illusion durch
Beiseitesprechen, im Monolog ad spectatores oder durch
das Aus-der-Rolle-Fallen, Herstellen einer epischen Vermittlung
im Kontakt mit dem Publikum
-
geringer szenischer Aufwand, nur wenige Requisiten (Spiegel,
Dolch, Krone, Fackeln), daher einfacher und häufiger Wechsel der
Szene (Schauplatzwechsel)
-
vornehmlich verbale Vermittlung der dramatischen Illusion
("Wortkulisse": Der Ort des Geschehens wird von den Figuren
sprachlich vermittelt)
-
Bühnenaufbau:
-
publikumsnahe, dekorationsarme und aus diesem Grunde
"illusionsärmere" Vorderbühne,
die in den Zuschauerraum hineinreicht und von drei Seiten
einzusehen ist
-
kleinere Hinterbühne an
der Bühnenrückseite des runden oder viereckigen Theaterbaues
mit Vorhang oder Tür(en); eher illusionsfördernd z.B. durch
sparsame Andeutung von Innenräumen
-
Oberbühne, die eigentlich
zur Zuschauergalerie gehört und nur im Bedarfsfall als
balkonartige Spielfläche genutzt wird.
-
Bekannteste Bühne: »Globe
Theatre; dort ist »William
Shakespeare (1564-1616) Teilhaber und dort werden seine
sämtlichen Werke aufgeführt; errichtet 1599 in Southwark in
der Nähe der Themse; 1613 abgebrannt und wieder aufgebaut;
1642 auf Beschluss der puritanischen Regierung geschlossen
und 1644 abgerissen; 1997 Errichtung eines originalgetreuen
Nachbaus des Theaters mit 1.500 Sitzplätzen (ursprünglich
3.000) in London (http://www.shakespeares-globe.org)
schon 1986 Eröffnung des einer Shakespearebühne
nachempfundenen »Swan
Theatre in »Stratford-upon-Avon
durch die »Royal
Shakespeare Company
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Hoftheater
(17./18. Jahrhundert)
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»Hoftheater
(Theater der englischen Restaurationszeit, vgl.
Pfister 1977,S.44).)
-
Theater als geschlossenes Gebäude,
Aufführungen als gesellschaftliche Ereignisse bei Kunstlicht
(Kerzenbeleuchtung)
-
sozial relativ homogenes Publikum in der
Regel auf Angehörige eines Hofes und diesem nahestehendem
Bürgertum beschränkt (ca. 500 Zuschauer)
-
Theaterstücke
im Großen und Ganzen ideologisch an die Weltanschauung und den
einseitigen Geschmack dieser sozialen Gruppe gebunden
-
Publikum und Spielraum durch reich
dekorierten Rahmen voneinander getrennt, der von einer
Vorderbühne durchbrochen wird; bis ins späte 18. Jahrhundert
hinein in England ohne Vorhang (Szenenwechsel auf offener
Bühne); Hintergrundkulissen noch eher dekorativ als
illusionistisch
-
Bühnenarchitektur wie auch der
Schauspielstil von Symmetrie und Formalisierung geprägt
-
aufgeführte Dramen zielen nicht auf die
Nachahmung der Wirklichkeit, sondern präsentieren ein
stilisiertes Idealbild
-
in Deutschland
Schlosstheater Ludwigsburg ein besonders herausragendes
Beispiel für das Hoftheater, an dem sogar
Herzog Karl Eugen von Württemberg (1728-1793), wie ehedem
auch der französische Sonnenkönig »Ludwig
XIV.
(1638-1715), bei einigen Aufführungen selbst mitgewirkt hat
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Moderne (19./20.
Jh.)
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»Guckkastenbühne
-
Bezeichnung
kommt von dem »Guckkasten
her, der zu den ▪
Attraktionen von Jahrmärkten zählt
-
ehemals eher spöttische Bezeichnung für eine Art von
Theaterbühne, die auf die Barockbühne folgt und im 19.
Jahrhundert besonders verbreitet ist
-
Bühnenarchitektur: drei Wände, nur die »Vierte
Wand zum Publikum hin ist offen (so wie oft im »Marionettentheater);
Elemente des Bühnenaufbaus: Rampe, Rahmen, erleuchteter Bühnen-
und dunkler Zuschauerraum
-
oft auch mit Rahmenbühne
(meistens ohne sichtbare Wände links und rechts) gleichgesetzt;
diese besitzt einen feststehenden Rahmen als »Proszenium;
dadurch im Allgemeinen vollständige Trennung von Publikum und
Bühne. auch wenn sie oft noch eine Vorbühne im Zuschauerraum
besitzt
-
Bühne des realistischen Illusionsdramas ("Absolutheit der
dramatischen Fiktion", Pfister 1977,S.43)
-
Stärkung der Rolle
des Regisseurs und dessen Interpretation des dramatischen Textes
bei den Inszenierungen klassischer Dramen (= ▪
Regietheater)
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
19.12.2023
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