In der Kurzgeschichte "Geier"
von
Theo Schmich,
erschienen 1974 in »Texte aus der Arbeitswelt seit 1961» in Stuttgart,
geht es um Überforderung und Mobbing am Arbeitsplatz. Erzählt wird, wie
sich ein gerade erst zum Prokuristen beförderter Mann aus Angst vor
Konkurrenz unter den Augen seiner teilnahmslosen und indirekt mobbenden
Mitarbeiter durch seine Arbeit gesundheitlich ruiniert.
In einem nicht näher bezeichneten Betrieb ist Harold, ein
karrierebewusster und äußerst tüchtiger Mitarbeiter zum Prokuristen
aufgestiegen. Auch wenn für seine Mitarbeiter angeblich feststeht, dass
sie Harold seine Beförderung nicht neiden, beobachten sie doch
argwöhnisch, wie sich Harold bemüht, mit den Anforderungen seiner neuen
Tätigkeit zurechtzukommen. Wie Geier achten sie auf jede Schwäche
Harolds, beginnen hinter seinem Rücken zu tuscheln und geben zunächst
noch gegenteilige Prognosen über Harolds Durchhaltevermögen auf dem
neuen Posten ab. Gemeinsam warten sie ab. Kurze Zeit nach seiner
Beförderung stellen die Mitarbeiter erste Verhaltensänderungen bei
Harold fest. Erstmals zeigt er sich gereizt und launisch. Dazu kommt ein
bis dahin bei ihm nicht beobachtetes, nervöses Zucken eines Augenlides,
was von den Mitarbeitern einhellig als erstes sichtbares Anzeichen der
Überbeanspruchung gewertet wird. Als sie weiter feststellen, dass der
ehemals energiegeladene Mann zusehend antriebsloser wird, sind sie sich,
angeblich ohne jede Häme, sicher, dass Harold über kurz oder lang
scheitern wird. In der Folgezeit mehren sich die äußeren Anzeichen einer
Überforderung Harolds, so dass die Mitarbeiter sagen, dass er wohl in
Urlaub gehen müsse. Sie hoffen in einem solchen Fall darauf, ihm
Kompetenzen zu entreißen und seine Position schwächen zu können. Als
Harold bald darauf sogar über Schmerzen in Arm und Schulter klagt, ahnen
die Mitarbeiter offenbar schon genau voraus, dass ihr Vorgesetzter vor
einem Herzinfarkt steht. Sie fordern Harold auf, zum Arzt zu gehen, es ist
ihnen aber klar, dass Harold seinen Platz in dieser Situation nicht
freiwillig räumen kann, wenn er seinen Posten behalten will. So bricht
Harold an einem Wochenende zusammen und wird ins Krankenhaus gebracht, wo
er wahrscheinlich stirbt. Im Nachhinein erscheint einem der Mitarbeiter
die ganze "Geschichte" wie im Traum wieder: In diesem kommt er
sich selbst und seine Kollegen wie Geier vor, die auf das Sterben ihres
Opfers, in diesem Fall Harolds, warten.
Theo Schmich, Geier in: Texte aus der Arbeitswelt seit 1961, hg.v. Theodor Karst, Stuttgart:
reclam 1974, S. 81ff.)
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
13.10.2020