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Vierter Akt - Dritte Szene

Text

Friedrich Schiller (1759-1805): Die Räuber

 
FAChbereich Deutsch
Glossar Literatur Autorinnen und Autoren Friedrich Schiller Biographie
Werke Dramatische Werke Die Räuber Didaktische und methodische Aspekte Überblick Gesamttext /Recherche/Leseversion) Entstehungsgeschichte des Dramas Stoffgeschichte Verschiedene Fassungen Schiller zu den "Räubern" Komposition des Dramas Handlungsverlauf Überblick Szenenschema Akte, Szenen und Konfigurationen Akte Erster Akt Zweiter Akt Dritter Akt Vierter Akt Text  Szenenüberblick Aspekte der Aktanalyse  • IV / Erste SzeneIV / Zweite Szene [ IV / Dritte Szene Text Aspekte der Szenenanalyse Bausteine ] IV / Vierte Szene IV / Fünfte SzeneBausteine Fünfter Akt Handlungsstränge Figurenkonstellation Einzelne Figuren Weitere Aspekte der Analyse Sprachliche Form Rezeptionsgeschichte Textauswahl • Bausteine Links ins Internet Maria Stuart Lyrische Werke Sonstige Werke Bausteine Links ins Internet  Schreibformen Rhetorik Operatoren im Fach Deutsch
 

Szenenschema
Szenenüberblick 4. Akt
Text: Vierter Akt

Gesamttext /Recherche/Leseversion)

Vierter Akt

Dritte Szene

Anderes Zimmer im Schloss.

[4.3.1] Räuber Moor von der einen, Daniel von der andern.

 

MOOR (hastig). Wo ist das Fräulein?

DANIEL. Gnädiger Herr! Erlaubt einem armen Mann, Euch um etwas zu bitten.

MOOR. Es ist dir gewährt, was willst du?

DANIEL. Nicht viel und alles, so wenig und doch so viel - Lasst mich Eure Hand küssen!

MOOR. Das sollst du nicht, guter Alter! (umarmt ihn) den ich Vater nennen möchte.

DANIEL. Eure Hand, Eure Hand! ich bitt Euch.

MOOR. Du sollst nicht.

DANIEL. Ich muss! (Er greift sie, betrachtet sie schnell und fällt vor ihm nieder.) Lieber, bester Karl!

MOOR (erschrickt, fasst sich, fremd). Freund, was sagst du? Ich verstehe dich nicht.

DANIEL. Ja, leugnet es nur, verstellt Euch! Schön, schön! Ihr seid immer mein bester, köstlicher Junker - Lieber Gott, dass ich alter Mann noch die Freude - dummer Tölpel ich, dass ich Euch nicht gleich - Ei du himmlischer Vater! So seid Ihr ja wiedergekommen, und der alte Herr ist unterm Boden, und da seid Ihr ja wieder - was für ein blinder Esel ich doch war (sich vor den Kopf schlagend), dass ich Euch nicht im ersten Hui - Ei du mein! wer hätte sich das träumen lassen! - Um was ich mit Tränen betete, - Jesus Christus! Da steht er ja leibhaftig wieder in der alten Stube!

MOOR. Was ist das für eine Sprache? Seid Ihr vom hitzigen Fieber aufgesprungen? oder wollt Ihr eine Komödienrolle an mir probieren?

DANIEL. Ei pfui doch, pfui doch! Das ist nicht fein, einen alten Knecht so zum Besten haben - Diese Narbe! He, wisst Ihr noch? - Großer Gott! Was Ihr mir da für Angst einjagtet - ich hab Euch immer so lieb gehabt, und was Ihr mir da für Herzeleid hättet anrichten können - Ihr saßt mir im Schoß - wisst Ihr noch? - dort in der runden Stube - gelt, Vogel! Das habt Ihr freilich vergessen - auch den Kuckuck, den Ihr so gern hörtet - denkt doch! der Kuckuck ist zerschlagen, in Grundsboden geschlagen - die alte Susel hat ihn verwettert, wie sie die Stube fegte - ja freilich, und da saßt Ihr mir im Schoß und rieft: Hotto! und ich lief fort, Euch den Hottogaul zu holen - Jesus Gott! warum musst ich alter Esel auch fortlaufen? - und wie mirs siedigheiß über den Buckel lief - wie ich das Zetergeschrei höre draußen im Öhrn, spring herein, und da lief das helle Blut, und laget am Boden, und hattet - heilige Mutter Gottes! war mirs nicht, als wenn mir ein Kübel eiskalt Wasser übern Nacken spritzte - aber so gehts, wenn man nicht alle Augen auf die Kinder hat. Großer Gott, wenns ins Aug gegangen wäre - Wars dazu noch die rechte Hand. Mein Lebenstag, sagt ich, soll mir kein Kind mehr ein Messer oder eine Schere, oder so was Spitziges, sagt ich - in die Hände kriegen, sagt ich - war zum Glück noch Herr und Frau verreiset - ja, ja, das soll mir mein Tag des Lebens eine Warnung sein, sagt ich - Jemini, Jemini! ich hätte vom Dienst kommen können, ich hätte - Gott der Herr verzeihs Euch, gottloses Kind - aber gottlob! es heilte glücklich, bis auf die wüste Narbe.

MOOR. Ich begreife kein Wort von allem, was du sagst.

DANIEL. Ja gelt, galt? Das war noch eine Zeit? Wie manches Zuckerbrot, oder Biskuit, oder Makrone ich Euch hab zugeschoben, hab Euch immer am gernsten gehabt, und wisst Ihr noch, was Ihr mir drunten sagtet im Stall, wie ich Euch auf des alten Herrn seinen Schweißfuchsen setzte und Euch auf der großen Wiese ließ herumjagen? Daniel, sagtet Ihr, lass mich nur einen großen Mann werden, Daniel, so sollst du mein Verwalter sein und mit mir in der Kutsche fahren, - ja, sagt ich und lachte, wenn Gott Leben und Gesundheit schenkt, und Ihr Euch eines alten Mannes nicht schämen werdet, sagt ich, so will ich Euch bitten, mir das Häuschen drunten im Dorf zu räumen, das schon eine gute Weil leer steht, und da wollt ich mir ein Eimer zwanzig Wein einlegen und wirtschaften in meinen alten Tagen. - Ja, lacht nur, lacht nur! Gelt, junger Herr, das habt Ihr rein ausgeschwitzt? - den alten Mann will man nicht kennen, da tut man so fremd, so fürnehm - o Ihr seid doch mein goldiger Junker - freilich halt ein bisschen luker gewesen - nehmt mirs nicht übel! - Wie's eben das junge Fleisch meistens ist - am Ende kann noch alles gut werden.

MOOR (fällt ihm um den Hals). Ja, Daniel, ich wills nicht mehr verhehlen! Ich bin dein Karl, dein verlorner Karl! Was macht meine Amalia?

DANIEL (fängt an zu weinen). Dass ich alter Sünder noch die Freude haben soll, - und der Herr selig weinte umsonst! - Abe, abe, weißer Schädel! mürbe Knochen, fahret in die Grube mit Freuden! Mein Herr und Meister lebt, ihn haben meine Augen gesehen!

MOOR. Und will halten, was er versprochen hat, - nimm das, ehrlicher Graukopf, für den Schweißfuchsen im Stall; (drängt ihm einen schweren Beutel auf) nicht vergessen hab ich den alten Mann.

DANIEL. Wie? was treibt Ihr? Zu viel, Ihr habt Euch vergriffen.

MOOR. Nicht vergriffen, Daniel! (Daniel will niederfallen.) Steh auf! sage mir, was macht meine Amalia?

DANIEL. Gottes Lohn! Gottes Lohn! Ei, Herr Jerem! - Eure Amalia, oh, die wirds nicht überleben, die wird sterben vor Freude!

MOOR (heftig). Sie vergaß mich nicht?

DANIEL. Vergessen? Wie schwätzt Ihr wieder? Euch vergessen? - da hättet Ihr sollen dabei sein, hättets sollen mit ansehen, wie sie sich gebärdete, als die Zeitung kam, Ihr wärt gestorben, die der gnädige Herr ausstreuen ließ -

MOOR. Was sagst du? mein Bruder -

DANIEL. Ja, Euer Bruder, der gnädige Herr, Euer Bruder - ich will Euch ein andermal mehr davon erzählen, wenns Zeit dazu ist - und wie sauber sie ihm abkappte, wenn er ihr alle Tage, die Gott schickt, seinen Antrag machte und sie zur gnädigen Frau machen wollte. O ich muss hin, muss hin, ihr sagen, ihr die Botschaft bringen. (Will fort.)

MOOR. Halt, halt! sie darfs nicht wissen, darfs niemand wissen, auch mein Bruder nicht. -

DANIEL. Euer Bruder? Nein, beileibe nicht, er darfs nicht wissen! Er gar nicht! - Wenn er nicht schon mehr weiß, als er wissen darf - Oh, ich sage Euch, es gibt garstige Menschen, garstige Brüder, garstige Herren - aber ich möcht um alles Gold meines Herrn willen kein garstiger Knecht sein - der gnädige Herr hielt Euch tot.

MOOR. Hm! was brummst du da?

DANIEL (leiser). Und wenn man freilich so ungebeten aufersteht - Euer Bruder war des Herrn selig einziger Erbe -

MOOR. Alter! - was murmelst du da zwischen den Zähnen, als wenn irgend ein Ungeheuer von Geheimnis auf deiner Zunge schwebte, das nicht heraus wollte und doch heraus sollte? Rede deutlicher!

DANIEL. Aber ich will lieber meine alten Knochen abnagen vor Hunger, lieber vor Durst mein eigenes Wasser saufen, als Wohlleben die Fülle verdienen mit einem Totschlag. (Schnell ab.)

[4.3.2] MOOR (auffahrend aus einer schrecklichen Pause.) Betrogen, betrogen! da fährt es über meine Seele wie der Blitz! - Spitzbübische Künste! Himmel und Hölle! Nicht du, Vater! Spitzbübische Künste! Mörder, Räuber durch spitzbübische Künste! Angeschwärzt von ihm! verfälscht, unterdrückt meine Briefe - voll Liebe sein Herz - oh ich Ungeheuer von einem Toren - voll Liebe sein Vaterherz - oh Schelmerei, Schelmerei! Es hätte mich einen Fußfall gekostet - es hätte mich eine Träne gekostet - oh ich blöder, blöder, blöder Tor! (Wider die Wand rennend). Ich hätte glücklich sein können - o Büberei, Büberei! das Glück meines Lebens bübisch, bübisch hinwegbetrogen. (Er läuft wütend auf und nieder.) Mörder, Räuber durch spitzbübische Künste! - Er grollte nicht einmal. Nicht ein Gedanke von Fluch in seinem Herzen - Oh Bösewicht! unbegreiflicher, schleichender, abscheulicher Bösewicht!

[4.3.3] (Kosinsky kommt.)

KOSINSKY. Nun, Hauptmann, wo steckst du? Was ists? Du willst noch länger hier bleiben, merk ich.

MOOR. Auf! Sattle die Pferde! Wir müssen vor Sonnenuntergang noch über den Grenzen sein!

KOSINSKY. Du spaßest.

MOOR (befehlend). Hurtig, hurtig! Zaudre nicht lang, Lass alles da! und dass kein Aug dich gewahr wird.

(Kosinsky ab.)

[4.3.4] MOOR. Ich fliehe aus diesen Mauern. Der geringste Verzug könnte mich wütig machen, und er ist meines Vaters Sohn - Bruder, Bruder! du hast mich zum Elendesten auf Erden gemacht, ich habe dich niemals beleidigt, es war nicht brüderlich gehandelt - Ernte die Früchte deiner Untat in Ruhe, meine Gegenwart soll dir den Genuss nicht länger vergällen - aber gewiss, es war nicht brüderlich gehandelt. Finsternis verlösche sie auf ewig, und der Tod rühre sie nicht auf.

[4.3.5] (Kosinsky.)

KOSINSKY. Die Pferde stehn gesattelt, Ihr könnt aufsitzen, wenn Ihr wollt.

MOOR. Presser, Presser! Warum so eilig? Soll ich sie nicht mehr sehn?

KOSINSKY. Ich zäume gleich wieder ab, wenn Ihrs haben wollt; Ihr hießt mich ja über Hals und Kopf eilen.

MOOR. Noch einmal! ein Lebewohl noch! ich muss den Gifttrank dieser Seligkeit vollends ausschlürfen, und dann - halt, Kosinsky! zehn Minuten noch - hinten am Schlosshof - und wir sprengen davon!

Szenenschema
Szenenüberblick 4. Akt
Text: Vierter Akt

Gesamttext /Recherche/Leseversion)

 Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 14.11.2023

   
 

 
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